Gründe
I
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld (Erzg) nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für ihre am 30. September 1993 in Deutschland geborene Tochter S. , und zwar für die Zeit vom 30. September 1993 bis 12. April 1994.
Die 1971 geborene Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie hält sich seit dem 20. September 1992 in Deutschland auf und ist mit einem Landsmann verheiratet, der jedenfalls ab 2. Januar 1993 Arbeitslosengeld und danach ab 8. Dezember 1993 zumindest bis September 1994 Arbeitslosenhilfe bezog. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Stuttgart vom 11. November 1993 (rechtskräftig seit dem 5. Februar 1994) ist die Klägerin als asylberechtigt anerkannt. Zuvor war ihr Aufenthalt in Deutschland aufgrund des eingeleiteten Asylverfahrens gestattet. Am 12. April 1994 wurde der Klägerin aufgrund des Urteils des VG Stuttgart ein Reiseausweis nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - Genfer Konvention (FlüAbK vom 28. Juli 1951, BGBl II S 560) ausgestellt; am 13. April 1994 wurde ihr eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Erzg für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Kindes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Februar 1994 ab, weil die Klägerin nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 1994). Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat die Beklagte für die Zeit ab 13. April 1994 Erzg gewährt. Die weitergehende, den Zeitraum vom 30. September 1993 bis 12. April 1994 betreffende Klage blieb vor dem Sozialgericht (Urteil vom 25. November 1997) und dem Landessozialgericht ≪LSG≫ (Urteil vom 4. August 1998) ohne Erfolg. Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei erst ab dem 13. April 1994 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen; für die vorangegangene Zeit lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs 1a Satz 1 BErzGG nicht vor. Hierauf könne auch im Hinblick auf die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 (EWGV 1408/71) nicht verzichtet werden. Erst mit der bestandskräftigen Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, der Ausstellung eines Reiseausweises und der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis werde dokumentiert, daß die Klägerin dem persönlichen Geltungsbereich der EWGV 1408/71 unterfalle. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch auf Erzg nach Art 3 EWGV 1408/71 einen Sachverhalt voraussetze, der über die Grenzen Deutschlands hinaus einen Bezug zu anderen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft (EG) aufweise.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 EWGV 1408/71. Aus diesen Vorschriften ergebe sich ein europarechtliches Diskriminierungsverbot, das den Anspruch von Flüchtlingen auf Familienleistungen wie Erzg auch schon für eine Zeit begründe, in der diese keine Aufenthaltsgenehmigung besitzen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. November 1997 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. August 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 1994 und des Änderungsbescheides vom 15. August 1994 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Erziehungsgeld für den ersten bis sechsten Lebensmonat ihrer Tochter in Höhe von jeweils 600 DM und für den siebten Lebensmonat in Höhe von 260 DM zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gemäß Art 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) zur Vorabentscheidung vorgelegten Rechtsfragen zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts sind zweifelhaft und entscheidungserheblich. Allein nach den Regelungen des BErzGG steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Er scheitert daran, daß die Klägerin in der fraglichen Zeit weder über eine Aufenthaltsberechtigung noch über eine Aufenthaltserlaubnis verfügte, sondern nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens war. Ein solcher Aufenthaltstitel reicht nach § 1 Abs 1a BErzGG für den Anspruch eines nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) besitzenden Ausländers auf Erzg nicht aus.
1. Nach nationalem Recht ist die ablehnende Verwaltungsentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Der erkennende Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß der Besitz eines der genannten Aufenthaltstitel iS eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für den Bezugszeitraum des Erzg auch bei Ausländern vorausgesetzt wird, die später als asylberechtigt anerkannt werden, und daß dies auch noch für die Zeit nach der Anerkennung gilt, in der bereits ein Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis besteht, § 68 Abs 1 Asylverfahrensgesetz ≪AsylVfG≫ (BSGE 70, 197, 199 = SozR 3-7833 § 1 Nr 7; BSG SozR 3-7833 § 1 Nrn 10, 12 und 18 sowie Urteile vom 9. September 1992, 14b/4 REg 10/91, 14b/4 REg 14/91 und 14b/4 REg 24/91). Das materielle Aufenthaltsrecht sowohl des Asylbewerbers als auch das des bereits anerkannten Asylberechtigten steht dem Besitz des Aufenthaltstitels nicht gleich. Mit der Gestattung nach § 20 AsylVfG ist dem aus Art 16 Abs 2 Satz 2 Grundgesetz (GG) folgenden einstweiligen Bleiberecht in diesem Stadium des Verfahrens Genüge getan (BVerfG vom 7. Juli 1983, NVwZ 1983, 603, 604). Anerkannte Asylanten können eine Nachzahlung von Sozialleistungen, die ihnen bei einer sofortigen Anerkennung zugestanden hätten, nur verlangen, soweit das in dem jeweils maßgebenden Leistungsgesetz vorgesehen ist. Das ist im BErzGG nicht der Fall.
Als Anspruchsvoraussetzung für Erzg hat der Gesetzgeber bei Ausländern einen gesicherten Aufenthaltsstatus vorgeschrieben, der in Form eines Aufenthaltstitels iS des § 1 Abs 1a BErzGG bei Beginn des Leistungszeitraums vorliegen muß. Die ausländerbehördliche Entscheidung über das Aufenthaltsrecht hat insoweit Tatbestandswirkung für den Anspruch auf Erzg (vgl Urteile des Senats aaO). Sie wirkt nur für die Zukunft. Im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung beim Erzg kann ihr keine Rückwirkung beigemessen werden. Dies hat der Senat unter Hinweis auf die Systematik des Ausländerrechts, von der der Gesetzgeber bei der Einfügung des Satzes 2 in den § 1 Abs 1 BErzGG aF (jetzt § 1 Abs 1a BErzGG) ausgegangen ist, bereits mit Urteil vom 9. Februar 1994 (SozR 3-7822 § 1 Nr 12) entschieden. Der Senat hat auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkung der Anspruchsberechtigung auf Ausländer, die im Besitz eines der genannten Aufenthaltstitel sind, überprüft und einen Verstoß des § 1 Abs 1a BErzGG gegen Vorschriften des GG verneint (Urteil vom 6. September 1995, 14 REg 1/95 = SozR 3-7833 § 1 Nr 16). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Da die Klägerin im streitigen Zeitraum nur über eine Aufenthaltsgestattung verfügte, konnte ihr nach dem BErzGG kein Erzg gewährt werden.
2. Die Klägerin kann den Erzg-Anspruch auch nicht unmittelbar aus dem FlüAbK ableiten, das in der Bundesrepublik Deutschland am 22. April 1954 in Kraft getreten ist (BGBl 1954 II S 619). Die Gleichstellung mit Deutschen ist im FlüAbK angeordnet in Art 23 für Leistungen der öffentlichen Fürsorge und in Art 24 für Leistungen der sozialen Sicherheit, insoweit jedoch "vorbehaltlich besonderer Bestimmungen, die Leistungen oder Teilleistungen betreffen, die ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten werden, sowie für Zuwendungen an Personen, die nicht die für die Gewährung einer normalen Rente geforderten Bedingungen der Beitragsleistung erfüllen" (Art 24 Nr 1 Buchst b ii FlüAbK). Eine Gleichstellung mit Deutschen nach Art 23 FlüAbK scheidet aus. Das Erzg kennt zwar nunmehr auch für die ersten sechs Monate Einkommensgrenzen. Es ist mit seiner Zielsetzung, die Hinwendung zum Kind in der ersten Lebensphase zu fördern und zu erleichtern, gleichwohl keine Leistung der öffentlichen Fürsorge. Das Erzg führt nach § 8 BErzGG nicht zu einer Minderung der Sozialhilfe; es wird also zusätzlich gewährt (BT-Drucks 10/3792, S 18). Das Gesamteinkommen liegt damit stets über dem Sozialhilfeniveau. Es handelt sich beim Erzg somit um eine Leistung der sozialen Sicherheit nach Art 24 Nr 1 Buchst b FlüAbK. Nach Art 24 FlüAbK sind bei Sozialleistungen, die zum einen ausschließlich aus Steuern finanziert werden, wie dies beim Erzg der Fall ist, und zum anderen nicht zum Bereich der von Art 23 FlüAbK erfaßten Sozialhilfe gehören, "besondere Bestimmungen" auch auf anerkannte Flüchtlinge anzuwenden. "Besondere Bestimmungen" iS dieser Vorschrift sind sowohl Vorschriften für anerkannte Flüchtlinge als auch Vorschriften für Ausländer. Das FlüAbK gewährleistet somit keinen vom Erfordernis eines der in § 1 BErzGG genannten Aufenthaltstitel unabhängigen Anspruch auf Erzg, wie vom Senat bereits entschieden (BSGE 70, 197, 203 = SozR 3-7833 § 1 Nr 7; BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 10).
III
Der Klägerin kann ein Anspruch auf Erzg auch für die hier streitige Zeit aber unter Umständen dann zustehen, wenn sie als Flüchtling nach Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 EWGV 1408/71 die gleichen Rechte geltend machen kann wie Deutsche und andere Unionsbürger und es dem nationalen Gesetzgeber im Bereich der Familienleistungen (Art 1 Buchst u), i) EWGV 1408/71) verwehrt ist, den Zeitpunkt der Gleichstellung von der Erteilung eines bestimmten ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels abhängig zu machen.
Nach Art 3 Abs 1 EWGV 1408/71 stehen in einem Mitgliedstaat der EU wohnende Flüchtlinge sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene (Art 1 Buchst d und Art 2 Abs 1 EWGV 1408/71), soweit die Flüchtlinge Arbeitnehmer oder Selbständige sind, den Staatsangehörigen des Wohnstaates hinsichtlich des Anspruchs auf Familienleistungen (Art 4 Abs 1 Buchst h EWGV 1408/71), zu denen auch das Erzg gehört (EuGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 - Rs C-245/94 Hoever und C-312/94 Zachow - Slg I 4895, 4941), grundsätzlich gleich. Der Anspruch wäre begründet, wenn alle im Tenor des Beschlusses genannten Fragen bejaht werden müßten, was der vorlegende Senat durch Auslegung der genannten Rechtsvorschriften unter Heranziehung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nicht ohne verbleibende Zweifel entscheiden könnte.
Die Fragen 1 und 2 sind bereits im Verfahren B 14 EG 7/97 R, das dem Gerichtshof durch Beschluß vom 15. Oktober 1998 zur Vorabentscheidung vorgelegt worden ist (Verfahren C-180/99 Addou) begründet worden. Die Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens machen zusätzlich die Beantwortung der Frage 3 erforderlich.
Zu Frage 1:
Es kommt darauf an, ob die EWGV 1408/71 auf Flüchtlinge und deren Familienangehörige anwendbar ist, wenn diese nach dem Vertrag zur Gründung der EG vom 25. März 1957 und dem Vertrag der EU vom 7. Februar 1992 kein Recht auf Freizügigkeit haben.
Die EWGV 1408/71 sieht dem Wortlaut nach die uneingeschränkte Gleichbehandlung von Staatenlosen und Flüchtlingen mit Unionsbürgern im Bereich der sozialen Sicherheit vor (Art 2 Abs 1). Dieses Gleichstellungsgebot würde wörtlich verstanden im vorliegenden Fall dazu führen, daß sich die Klägerin als anerkannter Flüchtling darauf berufen könnte, ihr Status verbiete für sie und ihre Familienangehörigen eine Schlechterstellung im Vergleich zu den Unionsbürgern, deren Erzg-Anspruch nicht vom Besitz einer Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis abhänge. Der Klägerin stünde - bei zusätzlicher Bejahung der Fragen 2 und 3 - ein Anspruch auf Erzg zu, da sie alle sonstigen materiellen Voraussetzungen dieses Anspruchs erfüllt (§ 1 BErzGG) und sie auch als Arbeitnehmerin iS des Art 1 Buchst a EWGV 1408/71 anzusehen ist. Sie unterlag auch als nicht berufstätige Hausfrau nach § 3 Abs 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wegen der Erziehung der Tochter S der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gemäß § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI in seiner bis zum 31. Mai 1999 gültigen Fassung gelten für die Zeit vom 1. Mai 1993 (vgl § 56 Abs 5 SGB VI) bis zum 30. April 1996 Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als gezahlt, da die Klägerin ihre Tochter seit der Geburt erzogen hat (§ 56 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB VI), die Kindererziehungszeit der Klägerin zuzuordnen ist (§ 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI), die Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte (§ 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI) und die Klägerin dort seit ihrer Einreise ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr 3). Die so begründete, allein einen Zweig der Sozialversicherung beschränkte Versicherungspflicht reicht für den Begriff des Arbeitnehmers iS des Art 1 Buchst a EWGV 1408/71 aus (EuGH, Urteil vom 4. Mai 1999 - Rs C-262/96 Sürül). Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Einbeziehung der Staatenlosen und Flüchtlinge in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Davon hängt die Wirksamkeit dieser Gleichstellungsregelung ab. Wegen der insoweit aufgezeigten rechtlichen Zweifel nimmt der Senat auf die Begründung zur Frage 1 des Vorlagebeschlusses vom 15. Oktober 1998 - B 14 EG 7/97 R - Bezug.
Zu Frage 2:
Sofern die Frage 1 vom EuGH bejaht wird, kommt es für den Anspruch der Klägerin auf Erzg auch auf die Frage 2 an. Es ist entscheidungserheblich, ob die Gleichstellungsregelung des Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 EWGV 1408/71 nicht nur dann gilt, wenn ein anerkannter Flüchtling aus einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat wechselt, sondern auch schon dann, wenn er - wie die Klägerin und ihr Ehemann - aus einem nicht zur EU gehörenden Staat (Drittstaat) in einen EU-Mitgliedstaat eingereist und seitdem dort geblieben ist, er also innerhalb der EU nicht gewandert ist (und dies auch nicht versucht hat) und deshalb kein EU-interner grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist.
Auch insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem genannten Vorlagebeschluß.
Zu Frage 3:
Sofern der EuGH die Fragen 1 und 2 bejaht, kommt es für den Anspruch der Klägerin auf Erzg, der den Zeitraum von der Geburt des Kindes bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis betrifft, auch auf die Frage 3 an. Mit Urteil vom 12. Mai 1998 (Rs C-85/96 Martinez Sala) hat der EuGH entschieden, daß die Gewährung von Erzg an einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats der Gemeinschaft nicht davon abhängig gemacht werden darf, daß dieser im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis ist, soweit der Sachverhalt in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des EGV falle. Überträgt man diesen Rechtssatz auf den vorliegenden Fall, so kommt es für die Gleichstellung der Klägerin, wenn die Fragen 1 und 2 zu bejahen sind, darauf an, von welchem Zeitpunkt an sie als Flüchtling iS der Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 EWGV 1408/71 anzusehen ist. Nach Art 1 Buchst d EWGV 1408/71 wird der Begriff "Flüchtling" mit der Bedeutung verwandt, die in Art 1 FlüAbK festgelegt ist. Das FlüAbK selbst legt jedoch nicht fest, unter welchen Voraussetzungen der Flüchtlingsstatus anzunehmen ist, sondern überläßt dies innerstaatlichen Regelungen, was sich insbesondere aus Art 35 und 36 FlüAbK ergibt.
Das deutsche Ausländerrecht macht in § 51 Abs 2 Ausländergesetz deutlich, daß es vom Flüchtlingsbegriff des FlüAbK ausgeht. Nach dieser Regelung sind als Flüchtlinge anzusehen Asylberechtigte und sonstige Ausländer, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb Deutschlands als ausländische Flüchtlinge anerkannt sind. Nach § 2 Abs 1 AsylVfG genießt der Asylberechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Rechtsstellung nach dem FlüAbK. Dies sind nur Flüchtlinge, die dem Flüchtlingsbegriff des Art 1 FlüAbK unterfallen und die sich rechtmäßig im Gebiet des jeweiligen Konventionsstaates befinden. Das ist bei einem in das Bundesgebiet eingereisten Asylbewerber in aller Regel erst dann der Fall, wenn er als politisch Verfolgter unanfechtbar anerkannt worden ist (BVerfGE 60, 253, 290); zuvor kann er sich lediglich auf "das mit dem Antrag auf Asyl gesetzlich eintretende vorläufige Bleiberecht" (BVerfGE 67, 43, 59) berufen, das ihm zwar Sicherheit vor dem befürchteten Zugriff des angeblichen Verfolgerstaates gewährt, aber keine Freizügigkeit begründet (BVerfGE 80, 182, 187 f), und auch die sonstigen Rechte nach dem FlüAbK nicht auslöst. Darüber hinaus hat die Rechtsstellung als Flüchtling iS des Art 1 FlüAbK auch derjenige, der als "sonstiger politisch Verfolgter" nicht abgeschoben werden kann (sog "kleines Asyl"), wenn das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge oder ein Gericht unanfechtbar festgestellt hat, daß ihm in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, bestimmte Gefahren drohen - § 3 AsylVfG. Nach deutschem Ausländerrecht kann somit nicht die subjektive Wertung eines Betroffenen, Flüchtling zu sein, ausreichen. Als Flüchtling kann vielmehr nur derjenige angesehen werden, dessen Status im Rahmen eines förmlichen Verwaltungsverfahrens festgestellt oder in einem anderen Staat anerkannt worden ist. Hieran fehlt es bei der Klägerin zumindest in bezug auf den Zeitraum vom 30. September 1993 (Geburt des Kindes) bis zum 5. Februar 1994 (Rechtskraft der den Flüchtlingsstatus der Klägerin feststellenden Entscheidung des VG Stuttgart). In bezug auf den verbleibenden Zeitraum bis zum 12. April 1994 fehlte es an dem für die Begründung des Anspruchs auf Erzg konstitutiven Aufenthaltstitel.
Die dargestellten nationalen Regelungen über die Begründung des Flüchtlingsstatus stehen nicht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht. Denn das Gemeinschaftsrecht trifft hierzu keine eigenständigen Regelungen. Es geht allerdings davon aus, daß ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Asylberechtigung erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten haben sich im Dubliner Übereinkommen (vom 15. Juni 1990, BGBl II S 792) verpflichtet, jeden Asylantrag zu prüfen, den ein Ausländer an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt, sowie die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Prüfung geregelt.
Damit ist aber noch nicht geklärt, welche Konsequenzen das - aus der Bejahung der Fragen 1 und 2 folgende - gemeinschaftsrechtliche Verbot der Diskriminierung anerkannter Flüchtlinge in den Mitgliedstaaten der EU hat. Der EuGH wird zu klären haben, ob das Diskriminierungsverbot nationalen Regelungen entgegensteht, die den Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf eine Familienleistung vom Besitz eines bestimmten Aufenthaltstitels abhängig machen, der von Inländern nicht gefordert wird. Für den Anspruch auf Familienleistungen von Unionsbürgern und von türkischen Staatsangehörigen, die in einem Mitgliedstaat der EU als Arbeitnehmer tätig sind, hat der EuGH solche nationale Regelungen bereits als gemeinschaftsrechtswidrig bezeichnet (Urteil vom 12. Mai 1998 - Rs C-85/86 Martinez Sala - Slg I 1998, 2691 und Urteil vom 4. Mai 1999 - Rs C-262/96 Sürül). Falls eine solche nationale Regelung auch bei anerkannten Flüchtlingen unwirksam sein sollte, stellt sich die weitere Frage, ob das Gebot der Gleichbehandlung anerkannter Flüchtlinge dazu führt, daß auch für den Zeitraum vor der Anerkennung ein Anspruch auf Familienleistungen nicht mit der Begründung versagt werden darf, daß ein ausreichender Aufenthaltstitel bis dahin nicht vorgelegen hat. Anhand des Urteils in der Sache Martinez Sala läßt sich diese Frage nicht beantworten, weil dort die Unionsbürgerschaft von Anfang an bestanden hat und sich deshalb die Frage einer Rückwirkung nicht stellte.
Fundstellen