Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.08.2017; Aktenzeichen L 4 SO 17/17) |
SG Mainz (Entscheidung vom 21.11.2016; Aktenzeichen S 12 SO 177/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. August 2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist die Höhe von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der verheiratete und schwerbehinderte Kläger bezog vom Beklagten ua vom 1.8.2014 bis zum 31.7.2015 Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 29.7.2014; Widerspruchsbescheid vom 6.11.2014). Wegen der Höhe dieser Leistungen hat der Kläger ua geltend gemacht, ihm stünden Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 und Leistungen für einen höheren Unterkunftsbedarf wegen seiner Behinderung zu. Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Mainz vom 21.11.2016; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 29.8.2017). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es komme bei der Zuerkennung von Leistungen (nur) nach der Regelbedarfsstufe 2 nicht darauf an, ob der Ehegatte über Einnahmen verfüge. Allein aus der Feststellung des Merkzeichens G könne nicht der Anspruch auf höhere Angemessenheitsgrenzen für eine Wohnung abgeleitet werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und des Verfahrensfehlers.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert und ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger formuliert schon keine Rechtsfrage. Es ergibt sich aber auch aus dem weiteren Vortrag nicht, welche konkrete Rechtsfrage zur Höhe der notwendigen Regelbedarfe (vgl § 42 Nr 1 SGB XII iVm der Anlage zu § 28 SGB XII) sich vorliegend stellen sollte. In seiner Beschwerdebegründung stellt er lediglich dar, dass es aus seiner Sicht für die Zuerkennung der Regelbedarfsstufe 2 statt der um 10 Prozent höheren Regelbedarfsstufe 1 nicht allein darauf ankommen könne, dass Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führen. Daraus wird angesichts der ausdrücklichen Formulierung in der Anlage zu § 28 SGB XII und der dazu vorliegenden Rechtsprechung zur Abstufung der Regelbedarfe geknüpft an das Zusammenleben (vgl nur BSGE 116, 210 = SozR 4-3500 § 28 Nr 9, RdNr 16 ff) nicht deutlich, welche klärungsbedürftige Frage sich ergeben sollte. Auch wegen eines behaupteten Anspruchs auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung ausgehend von einer Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nicht nach Kopfteilen, sondern unter Berücksichtigung eines höheren Anteils wegen seiner Gehbehinderung, macht der Kläger schon nicht deutlich, welche Rechtsfrage sich stellen sollte. Seine Ausführungen hierzu betreffen nur die aus seiner Sicht mangelhafte Ermittlung des Sachverhalts (dazu später). Soweit er schließlich im Beschwerdeverfahren darstellt, die Vorinstanzen hätten einen Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 42 Nr 2 iVm § 30 Abs 1 SGB XII nicht beachtet, kann die (vermeintliche) Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung des LSG die Revision nicht eröffnen.
Soweit der Kläger eine Divergenz zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) behauptet, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 16.7.2013 - B 8 SO 14/13 B - RdNr 6; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 16.7.2013 - B 8 SO 14/13 B - RdNr 6; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).
Der Kläger versäumt es schon, tragende Rechtssätze aus der Entscheidung des LSG und des BSG gegenüberzustellen. Die Beschwerdebegründung führt nur aus, die Entscheidung des LSG wegen eines erhöhten Wohnbedarfs für behinderte Menschen entspreche nicht den Anforderungen, die in der Rechtsprechung des BSG hierzu herausgearbeitet worden seien, ohne insoweit einzelne Rechtssätze des BSG zu nennen und diesen abweichende abstrakte Rechtssätze des LSG gegenüberzustellen. Auch wegen der behaupteten Divergenz macht der Kläger damit im Ergebnis nur die Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend.
Die Beschwerde genügt auch den Begründungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht, soweit der Kläger die unzureichende Sachaufklärung durch das LSG (§ 103 SGG) rügt. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zwar zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nach Halbsatz 2 der Regelung aber auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger behauptet nicht einmal, dass er überhaupt die Beweiserhebung durch das LSG beantragt hat. Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG soll aber die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52). Zum Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt der Kläger nicht im Ansatz etwas vor.
Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 30.7.2018 weitere (neue) Ausführungen zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde macht, handelt es sich um eine nach Ablauf der Begründungsfrist nachgeschobene Beschwerdebegründung, die nicht zu berücksichtigen ist (vgl nur BSG Beschluss vom 28.11.2017 - B 12 KR 22/17 B - juris RdNr 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12003759 |