Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.08.2017; Aktenzeichen L 4 SO 20/17)

SG Mainz (Entscheidung vom 21.11.2016; Aktenzeichen S 12 SO 159/15)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 08.04.2019; Aktenzeichen 1 BvR 1909/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. August 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Im Streit ist die Versagung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

Der Kläger bezog vom Beklagten bis zum 31.7.2015 Grundsicherungsleistungen, die er seit Februar 2014 nicht mehr in Empfang genommen hatte. Auf seinen Folgeantrag hin forderte der Beklagte ihn auf mitzuteilen, wovon er in der Vergangenheit seinen Lebensunterhalt bestritten habe, und wies ihn auf seine Mitwirkungspflichten hin. Die im Einzelnen angeforderten Unterlagen legte der Kläger nicht vor, sondern verwies auf seine bisherigen Angaben zu seiner Einkommens- und Vermögenslosigkeit. Der Beklagte versagte die Weitergewährung von Leistungen ab dem 31.7.2015 (Bescheid vom 29.7.2015; Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015). Die Klage hiergegen hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Mainz vom 21.11.2016; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 29.8.2017).

Mit seiner Beschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Divergenz der Entscheidung des LSG von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geltend. Es sei schon zweifelhaft, ob die ihm erteilten Hinweise ausreichend gewesen seien. Zudem habe das LSG übersehen, dass die Versagung wegen fehlender Mitwirkung dann ausgeschlossen sei, wenn eine Behörde - wie hier - die vorliegenden Angaben des Leistungsempfängers über seine Einkommens- und Vermögenssituation für unwahr halte und also das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen verneine.

II

Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert und ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger formuliert schon keine Rechtsfrage. Es ergibt sich aber auch aus dem weiteren Vortrag nicht, welche konkrete Rechtsfrage zur Versagung einer Leistung wegen fehlender Mitwirkung sich vorliegend stellen sollte. In seiner Beschwerdebegründung stellt er lediglich dar, dass das LSG übersehen habe, welche Voraussetzungen für eine Versagung gemäß § 66 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) vorliegen müssten. Der Beklagte habe die Versagung rechtswidrig damit begründet, dass nicht plausibel sei, aus welchen Einkünften er, der Kläger, seinen Lebensunterhalt bestreite. Indem das LSG diese Entscheidung bestätigt habe, habe es fehlerhaft nicht zwischen Versagung und Ablehnung wegen Unaufklärbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen unterschieden. Soweit er schließlich darstellt, dass der Beklagte ihn auf den Verbrauch der für die Vergangenheit bewilligten Leistungen verwiesen habe, die aber nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien, wird ebenfalls nicht deutlich, welche klärungsbedürftige Frage sich hieraus ergeben sollte. Dass Leistungen nach dem SGB XII nicht als Einkommen iS des § 82 Abs 1 SGB XII zu berücksichtigen sind, ergibt sich schon aus dem Gesetz. Die (vermeintliche) Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung des LSG allein kann indes die Revision nicht eröffnen.

Soweit der Kläger eine Divergenz zu einer Entscheidung des BSG behauptet, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).

Der Kläger versäumt es schon, tragende Rechtssätze aus der Entscheidung des LSG und des BSG gegenüberzustellen. Die Beschwerdebegründung führt zunächst nur aus, die Entscheidung des LSG entspreche nicht den Anforderungen, die für eine Versagung von Leistungen nach § 66 Abs 2 SGB I in der (von ihm nicht im Einzelnen in Bezug genommenen) Rechtsprechung des BSG herausgearbeitet worden seien, ohne insoweit einzelne Rechtssätze des BSG zu nennen und diesen abweichende abstrakte Rechtssätze des LSG gegenüberzustellen. Soweit er eine Entscheidung des 14. Senats des BSG zitiert, wonach existenzsichernde Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht als Einkommen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu berücksichtigen sind, wird ebenfalls nicht deutlich, welcher Rechtssatz insoweit für die hier vorliegende Konstellation aufgestellt worden sein sollte. Auch wegen der behaupteten Divergenz macht der Kläger damit im Ergebnis nur die Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11773900

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