Verfahrensgang
Tenor
Der an Rechtsanwalt S, B, aus der Bundeskasse zu zahlende Vergütungsvorschuss gemäß § 47 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz wird auf … 766,36 Euro (i. B.: Siebenhundertsechsundsechzig Euro) … festgesetzt.
Gründe
Der Klägerin ist durch Beschluss des 14. Senats des BSG vom 28.4.2021 für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 10.9.2020 PKH bewilligt und Rechtsanwalt S aus B beigeordnet worden. Der Rechtsanwalt hat mit Schriftsatz vom 5.5.2021 beantragt, ihm einen Vorschuss nach § 47 RVG festzusetzen.
Nach § 47 RVG hat ein Rechtsanwalt auf die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen einen Anspruch gegen die Staatskasse auf einen angemessenen Vorschuss. Im Rahmen der Vorschussgewährung wird bei Rahmengebühren in der Regel die Mittelgebühr als angemessen angesehen. Die Angemessenheit ist aber einzelfallbezogen zu betrachten und bei der Festsetzung entsprechend zu berücksichtigen (siehe LSG Berlin-Brandenburg vom 2.11.2012 - L 13 SF 206/12 E - und Bayerisches LSG vom 18.1.2010 - L 13 SF 288/09 E).
Bei Betragsrahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die jeweilige Gebühr im Einzelfall innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Dem Rechtsanwalt wird hierbei ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).
In Verfahren von durchschnittlicher Bedeutung für den Auftraggeber mit durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen bei durchschnittlich umfangreicher und schwieriger anwaltlicher Tätigkeit entstehen Mittelgebühren. Von diesen ist bei Beurteilung des Gebührenrahmens grundsätzlich auszugehen, um eine möglichst gleichmäßige Berechnungspraxis zu erzielen (BVerwG vom 29.5.1998 - 1 WB 22.98 - AnwBl 98, 540). Mangels des Vorliegens von besonderen Umständen ist ein Abweichen von der Mittelgebühr nicht zulässig (BVerwG vom 18.9.2001 - 1 WB 28.01 - Rpfleger 2002, 98). Jedoch ist auch weiterhin jeder Fall einzeln unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs 1 RVG zu bewerten und eine Pauschalierung zu vermeiden, sodass im Einzelfall immer auch eine höhere oder niedrigere Gebühr angemessen sein kann.
Anhand des Akteninhalts ist feststellbar, dass die Beschwerde durch den beigeordneten Rechtsanwalt eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist mit einem 32-seitigen Schriftsatz umfangreich begründet wurde. Der Ansatz der erhöhten Mittelgebühr wird diesseits als den Kriterien des § 14 RVG entsprechend und mithin billig erachtet.
Es handelte sich vorliegend um ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 10.9.2020 wegen mehrerer Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, auf die in der Folge die Revision gegen das gegenständliche Urteil des LSG zugelassen wurde. Die Verfahrensdauer betrug sechs Monate und war damit durchschnittlich. In der Regel erfordert die Annahme der Höchstgebühr, dass mehrere Kriterien im Rahmen des § 14 RVG überdurchschnittlich sind. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren wird als hoch, die rechtliche Schwierigkeit als leicht überdurchschnittlich angesehen, ebenso wie die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin. Die Einkommensverhältnisse der Klägerin waren niedrig. Insgesamt ergibt sich hieraus in der Gesamtbetrachtung ein durchaus leicht überdurchschnittliches Verfahren.
Die beantragte Verfahrensgebühr Nr 3512 nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) in Höhe der um 30 % erhöhten Mittelgebühr wird nach vorstehenden Darlegungen unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG als angemessen erachtet; da sie nicht unbillig ist, ist sie verbindlich.
Als angemessener Vorschuss wird eine Verfahrensgebühr Nr 3512 VV RVG iHv 624 Euro, die Auslagenpauschale Nr 7002 VV RVG iHv 20 Euro und die Umsatzsteuer Nr 7008 VV RVG iHv 122,36 Euro, zusammen 766,36 Euro, festgesetzt.
Die abschließende Festsetzung nach Beendigung des Verfahrens bleibt gemäß § 55 iVm § 8 RVG vorbehalten.
Fundstellen
Dokument-Index HI14793923 |