Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 12.05.1998)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 1998 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger war Geschäftsführer der Innungskrankenkasse (IKK) Oldenburg i.H., die durch Rechtsverordnung der Landesregierung zum 1. Juli 1994 mit den anderen acht Innungskrankenkassen des Landes Schleswig-Holstein zur jetzigen IKK Schleswig-Holstein (Beklagte) vereinigt worden ist. Noch vor dem Wirksamwerden der Fusion wurde er auf eigenen Antrag, den er mit dem Fehlen adäquater Beschäftigungsmöglichkeiten in der neu geschaffenen Kassenorganisation begründet hatte, mit Wirkung vom 30. Juni 1994 vom Vorstand seiner Kasse als Dienstordnungs-Angestellter (DO-Angestellter) in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Grundlage dafür bot eine Regelung in der Dienstordnung der früheren IKK Oldenburg i.H., die vorsah, daß der Geschäftsführer im Falle der Vereinigung mit einer anderen Krankenkasse auf seinen Antrag mit Ablauf des der Vereinigung vorausgehenden Tages in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen war, wenn feststand, daß ein anderer zum Geschäftsführer der neuen Kasse gewählt werden würde (§ 38 der Dienstordnung). Mit seiner in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Klage begehrt der Kläger Ausgleichszahlungen in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Besoldungsgruppe A 14 und seinen Ruhegehaltsbezügen, hilfsweise die Gewährung einer Abfindung auf der Grundlage des gemeinsamen Sozialplans der schleswig-holsteinischen Innungskrankenkassen, weil ihm in rechtswidriger Weise eine Weiterbeschäftigung in der IKK-Organisation verwehrt worden sei. Das Landessozialgericht (LSG) hat ihm entgegengehalten, er habe mit dem Antrag auf Versetzung in den Ruhestand freiwillig auf eine weitere Verwendung bei der neu geschaffenen landesweiten IKK verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG ist teils unzulässig und teils unbegründet. Sie kann deshalb insgesamt keinen Erfolg haben. Unzulässig ist die Beschwerde, soweit sie auf den Zulassungsgrund der Divergenz gestützt wird. Eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung führt gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur dann zur Zulassung der Revision, wenn sie sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts bezieht. Eine Abweichung von der Rechtsauffassung eines anderen obersten Bundesgerichts reicht dagegen nicht aus. Mit seinem Vorbringen, das LSG habe sich in Widerspruch zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) gesetzt, hat der Kläger daher von vornherein keine rechtserhebliche Divergenz bezeichnet, so daß den Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG in diesem Punkt nicht genügt ist.

Im übrigen ist die Beschwerde zulässig; die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen jedoch nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache nicht die ihr in der Beschwerdebegründung beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfragen, die zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen und deren Beantwortung für die Entscheidung des anhängigen Rechtsstreits erheblich ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 53 mwN).

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob eine Regelung der Art, wie sie in § 38 der Dienstordnung der früheren IKK Oldenburg i.H. getroffen war, mit den Grundsätzen zu vereinbaren ist, die in den §§ 128 bis 130 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) bzw §§ 35 ff des schleswig-holsteinischen Landesbeamtengesetzes (LBG S-H) für die Rechtsverhältnisse der von einer Umbildung ihrer Anstellungskörperschaft betroffenen Landesbeamten normiert sind, ist nicht klärungsbedürftig. Die Anstellung des Klägers als Geschäftsführer war nach den nicht angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf das schleswig-holsteinische Beamtenrecht, sondern auf die Dienstordnung der IKK Oldenburg i.H. gegründet. Diese verweist zwar in ihrem § 28 auf die für Landesbeamte geltenden Rechtsvorschriften, jedoch nicht uneingeschränkt, sondern nur, „soweit die Anwendung nicht durch besondere gesetzliche Regelung oder die Dienstordnung selbst ausgeschlossen ist”. Die Öffnungsklausel zugunsten abweichender Regelungen in der Dienstordnung selbst begegnet keinen Bedenken. Eine rechtliche Verpflichtung, das Dienstrecht der Krankenkassen in jeder Beziehung dem Beamtenrecht nachzubilden, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Das BSG hat vielmehr seit langem geklärt, daß die Sozialversicherungsträger kraft ihres Selbstverwaltungsrechts befugt sind, die Dienstverhältnisse ihrer Angestellten und in Sonderheit ihres Führungspersonals in der Dienstordnung eigenständig und abweichend vom Beamtenrecht auszugestalten, soweit das Gesetz dies zuläßt (BSGE 31, 247, 257 = SozR Nr 1 zu § 690 RVO Bl Aa 6; BSGE 37, 272, 277 = SozR 2200 § 690 Nr 1 S 5). Gesetzliche Vorschriften oder allgemeine Rechtsgrundsätze, die der in Rede stehenden Regelung entgegengestanden hätten, sind nicht ersichtlich. Die Dienstordnung hatte damit der besonderen Situation des Geschäftsführers Rechnung getragen, der bisher eine selbständige Krankenkasse eigenverantwortlich geleitet hatte und infolge der Fusion mit anderen Kassen in dieser Leitungsfunktion nicht mehr tätig sein konnte. Indem sie ihm die Möglichkeit eröffnet hatte, sich noch vor dem Vollzug der Vereinigung in den einstweiligen Ruhestand versetzen zu lassen, hatte sie seine Rechtsstellung verglichen mit derjenigen eines Beamten nicht eingeengt, sondern erweitert. Denn anders als dieser konnte er wählen, ob er in den vorzeitigen Ruhestand treten oder auf einer Weiterbeschäftigung durch die neue Kasse bestehen wollte.

Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, das Berufungsgericht habe sich in Widerspruch zu den vom BGH in dessen Urteil vom 23. November 1976 – VI ZR 254/75 (MDR 1977, 303 = SozVers 1977, 133 = USK 76224) und vom BVerwG in dessen (unveröffentlichtem) Beschluß vom 11. Februar 1983 – 2 B 189.81 formulierten Aussagen zur Rechtsstellung der von einer Umbildung ihrer Anstellungskörperschaft betroffenen Beamten bzw DO-Angestellten gesetzt. Die angesprochenen Entscheidungen sind zu § 130 Abs 2 BRRG bzw zu den §§ 104 und 106 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) ergangen. Demgegenüber hat das LSG sein Urteil auf die anderslautende Regelung in § 38 der Dienstordnung der früheren IKK Oldenburg i.H. gestützt, so daß ein Widerspruch und ein daraus resultierender Bedarf an höchstrichterlicher Klärung von vornherein nicht gegeben sind.

Die Revision ist schließlich nicht wegen Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) zuzulassen. Die Rüge, das LSG habe wesentlichen rechtlichen Vortrag unberücksichtigt gelassen und dadurch gegen Art 103 Grundgesetz sowie § 62, § 128 Abs 1 Satz 2 und § 136 Abs 1 Nr 6 SGG verstoßen, greift nicht durch. Der Kläger bezieht sich auf sein Vorbringen, daß die in der Dienstordnung vorgesehene Möglichkeit einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand schon vor dem Wirksamwerden der Kassenfusion mit beamtenrechtlichen Grundsätzen unvereinbar sei. Er beanstandet, daß das Berufungsgericht auf dieses zentrale Argument nicht eingegangen sei und sich mit den von ihm mehrfach angeführten Entscheidungen des BVerwG und des BGH zu dem Fragenkomplex nicht auseinandergesetzt habe. Die Darstellung in der Beschwerdebegründung trifft jedoch in dieser Form nicht zu. Das angegriffene Urteil verneint vielmehr ausdrücklich einen Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das BRRG und das LBG S-H. Auch wenn die dafür gegebene Begründung nicht in allen Punkten zutreffen sollte, entkräftet dies den Vorwurf, das Berufungsgericht habe rechtserheblichen Beteiligtenvortrag nicht zur Kenntnis genommen bzw in seine Überlegungen nicht einbezogen. Nachdem das Dienstordnungsrecht, wie dargelegt, in dem umstrittenen Punkt vom Beamtenrecht abweichen durfte, fehlt es im übrigen an der Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Verfahrensfehlers. Auch soweit der Kläger einen Begründungsmangel (§ 136 Abs 1 Nr 5 SGG) und eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 128 Abs 2 SGG) darin sieht, daß das LSG im Tatbestand seines Urteils versehentlich ausgeführt hatte, dem Antrag auf Versetzung in den einstweiligen Ruhestand habe „die Ministerin für Arbeit, Soziales, Jugend und Gesundheit” (anstatt richtig: „der Vorstand der IKK Oldenburg i.H.”) stattgegeben, ist nicht ersichtlich, wie sich dies auf die Entscheidung ausgewirkt haben soll (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG). Es kann deshalb auf sich beruhen, ob der Beschluß vom 24. März 1999, mit dem der Vorsitzende des 1. Senats des LSG das Urteil in diesem Punkt berichtigt hat, durch § 138 SGG gedeckt ist oder nicht.

Die Kostenentscheidung basiert auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175367

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