Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. November 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Im Streit sind die Höhe der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) und die Direktzahlung von Beiträgen zur privaten Kranken- und sozialen Pflegeversicherung des Klägers durch den Beklagten an das private Krankenversicherungsunternehmen des Klägers betreffend den Zeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2012.
Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers vom 31.1.2012 auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zunächst ab (Bescheid vom 29.3.2012, Widerspruchsbescheid vom 3.9.2012) und bewilligte während des erstinstanzlichen Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Halle monatliche Leistungen von Januar bis Juni 2012 in Höhe von 188,65 Euro und von Juli bis Dezember 2012 in Höhe von 109,49 Euro (Bescheid vom 25.3.2015). Das SG hat den Beklagten unter Abänderung der genannten Bescheide verurteilt, dem Kläger folgende Leistungen jeweils unter Anrechnung der bisher erbrachten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu gewähren: für Januar bis März 2012 in Höhe von monatlich 378,66 Euro zu seinen Händen, von April bis Juni 2012 in Höhe von monatlich 378,66 Euro, direkt zahlbar an das private Krankenversicherungsunternehmen des Klägers, von Juli bis September 2012 in Höhe von monatlich 299,80 Euro, direkt zahlbar an das private Krankenversicherungsunternehmen des Klägers, im Oktober 2012 in Höhe von 381,62 Euro, direkt zahlbar an das private Krankenversicherungsunternehmen des Klägers, und von November bis Dezember 2012 monatlich 299,80 Euro, direkt zahlbar an das private Krankenversicherungsunternehmen des Klägers (Urteil vom 16.11.2015). Die ungedeckten Bedarfe resultierten allein aus den Bedarfen für die Beiträge zur privaten Kranken- und sozialen Pflegeversicherung des Klägers, die ab 1.4.2012 zwingend direkt an das private Krankenversicherungsunternehmen zu zahlen seien. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hat der Kläger die Berechnungen des SG als fehlerhaft gerügt und höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt sowie sich gegen die Direktzahlung des Beklagten an sein privates Krankenversicherungsunternehmen gewandt. Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 22.11.2018). Auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung bestehe kein Anspruch. Die rückständigen Beiträge zur privaten Kranken- und sozialen Pflegeversicherung des Klägers seien ab 1.4.2012 zwingend direkt an das private Krankenversicherungsunternehmen zu zahlen, allerdings in wesentlich geringerer Höhe als vom SG ausgeurteilt, da der Kläger seit 1.7.2009 im sog Notlagentarif mit geringeren Beiträgen, als noch vom SG angenommen, versichert gewesen sei. Von Januar bis Oktober 2012 habe das Einkommen des Klägers sogar seinen Bedarf überstiegen.
Der Kläger hat beim Bundessozialgericht (BSG) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Er hat insbesondere vorgebracht, das Urteil des LSG verletze bundesrechtliche Vorschriften und verstoße gegen das Verbot der sog "reformatio in peius".
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
Im Zusammenhang mit dem Begehren des Klägers auf Berücksichtigung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung ist nicht ersichtlich, dass eine grundsätzliche Bedeutung mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze wie auch der Frage nach der Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen liegt gefestigte Rechtsprechung des BSG vor. Zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße für Zweipersonenhaushalte ist nach der ständigen Rechtsprechung der für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zuständigen Senate des BSG auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und die entsprechenden landesrechtlichen Wohnraumförderungsbestimmungen abzustellen (vgl etwa BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 109/11 R - juris RdNr 18 mwN; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 59 mwN, die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ Beschluss vom 10.10.2017 - 1 BvR 944/14). Auch zur Warn- und Aufklärungsfunktion einer Kostensenkungsaufforderung liegt gefestigte Rechtsprechung des BSG vor (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 23; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 30 ff). Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung, sowohl was die Bestimmung der Wohnungsgröße als auch das Kostensenkungsverfahren angeht, für den Bereich des SGB XII angeschlossen (vgl BSG SozR 4-3500 § 29 Nr 1 RdNr 15, 23 mwN; zuletzt Beschluss vom 7.2.2018 - B 8 SO 40/17 BH).
Im Zusammenhang mit der Frage der Direktzahlung der Beiträge für eine private Kranken- und soziale Pflegeversicherung an das private Versicherungsunternehmen war zwar bis 31.3.2012 streitig, ob eine unmittelbare Zahlung an das Versicherungsunternehmen erfolgen darf oder sogar muss. Mit Wirkung vom 1.4.2012 hat der Gesetzgeber diese Frage entschieden und sind die Aufwendungen zwingend, ohne dass insoweit Ermessen auszuüben wäre, unmittelbar an das Versicherungsunternehmen zu zahlen (§ 32 Abs 5 Satz 5 SGB XII in der Normfassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057). Die fristgerechte Beitragszahlung, die dadurch sichergestellt werden soll, soll die dauerhafte Aufrechterhaltung des vollen Versicherungsschutzes gewährleisten (BT-Drucks 17/7991, 17). Ein finanzieller Nachteil entsteht den Leistungsberechtigten durch die Direktzahlung der Beiträge nicht. Es ist danach nicht ersichtlich, dass insoweit eine grundsätzliche Bedeutung mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Soweit der Kläger geltend macht, § 32 Abs 1 SGB XII nehme wegen der Verweisung auf § 19 Abs 1 SGB XII nicht die Bezieher von Grundsicherung im Alter in Bezug, weist er zwar insoweit auf ein zwischenzeitlich beseitigtes Redaktionsversehen des Gesetzgebers hin, nachdem zum 1.1.2011 zwar der Inhalt des früheren § 19 Abs 1 nach § 27 Abs 1 SGB XII verschoben, jedoch die Bezugnahme in § 32 Abs 5 Satz 1 SGB XII zunächst nicht angepasst worden war (dazu H. Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 32 RdNr 49), jedoch übersieht der Kläger, dass der Umfang der Leistungen für Leistungsberechtigte nach dem Vierten Kapitel auch die Bedarfe der Beiträge für die private Kranken- und soziale Pflegeversicherung umfasst und die Regelung des § 32 Abs 5 Satz 5 SGB XII auf ihn Anwendung findet (§ 42 Nr 2 iVm § 32 SGB XII). Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung vortragen könnte.
Soweit die Berücksichtigung von Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit betroffen ist, ist eine grundsätzliche Bedeutung ebenfalls nicht zu erkennen, nachdem das LSG entsprechend § 4 Abs 4 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII den vom Finanzamt festgestellten Gewinn seiner Berechnung zugrunde gelegt hat.
Nach dem Vorstehenden ist auch nicht erkennbar, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte.
Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Das angefochtene Urteil des LSG ist insbesondere nicht unter Verletzung des Grundsatzes der "reformatio in peius" (vgl dazu BSG SozR 4-3500 § 53 Nr 5 RdNr 14) zustande gekommen, wie der Kläger vorbringt, denn das LSG hat im Tenor seines Urteils vom 22.11.2018 die Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, ohne dabei in seinem Urteilsspruch etwas am Urteilstenor des SG zu ändern. Soweit das LSG in den Gründen seiner Entscheidung die Auffassung vertreten hat, die vom SG im Tenor seines Urteils ausgeurteilten Beträge seien zu hoch, ist dies ohne Belang, denn gegen die Entscheidung des SG hat nur der Kläger, nicht aber der Beklagte Berufung eingelegt; dieser hat vor dem LSG ausschließlich beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Der Beklagte hätte zwar die Möglichkeit gehabt, eine Anschlussberufung einzulegen, dies ist aber nicht geschehen. Der Beklagte hat im Berufungsverfahren auch keine Bescheide erlassen, die ggf nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden wären, sondern lediglich verschiedene Bescheidentwürfe vorgelegt. Das Urteil des SG mit seinen im Tenor ausgeurteilten Beträgen ist damit gegenüber beiden Beteiligten rechtskräftig, dh es bindet die Beteiligten (§ 141 Abs 1 Nr 1 SGG).
Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.
Fundstellen
Dokument-Index HI13104294 |