Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. September 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der im Jahr 1941 geborene Kläger begehrt anstelle der ihm von der Beklagten ab dem 1.5.2005 bewilligten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen sowie die Berücksichtigung zusätzlicher rentenrechtlicher Zeiten. Aufgrund einer bei ihm bereits seit 16.11.2000 infolge Mobbings anzunehmenden Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht könne er die Altersrente für schwerbehinderte Menschen beanspruchen (vgl § 236a Satz 1 Nr 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat einen solchen Anspruch im Urteil vom 1.9.2020 verneint und die Berufungen des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf vom 19.10.2011 sowie gegen das Urteil des SG Dortmund vom 8.12.2014 zurückgewiesen. Für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem LSG-Urteil beantragt der Kläger Prozesskostenhilfe (PKH).
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde PKH nur dann bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hier liegen bereits die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH nicht vor, sodass die Erfolgsaussichten in der Sache nicht mehr zu prüfen sind. Der Kläger ist in der Lage, die Kosten der Prozessführung selbst aufzubringen. Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen muss er aufgrund der näheren Bestimmungen in § 115 ZPO für die Prozessführung eine Monatsrate aus seinem Einkommen in einer Höhe einsetzen, die dazu führt, dass die voraussichtlich für ihn entstehenden Verfahrenskosten bereits mit vier Monatsraten vollständig abgedeckt sind. In einem solchen Fall darf PKH kraft Gesetzes nicht bewilligt werden (§ 115 Abs 4 ZPO).
a) Für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BSG hat der Kläger voraussichtlich Anwaltskosten in Höhe von (gerundet) 1052 Euro aufzubringen. Nach Nr 3512 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG - hier anzuwenden in der ab 1.1.2021 geltenden Fassung von Art 7 Abs 2 Nr 37 des Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021 vom 21.12.2020, BGBl I 3229) fällt für ein solches Verfahren regelmäßig eine sog "Mittelgebühr" von 576 Euro an. Zusätzlich sind die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 % der Gebühren, höchstens 20 Euro) sowie nach Nr 7008 VV RVG die anfallende Umsatzsteuer (19 %) anzusetzen, was insgesamt 709,24 Euro ergibt. Im Fall des Klägers ist allerdings unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Umfang einer anwaltlichen Tätigkeit angesichts umfangreicher Akten als überdurchschnittlich anzusehen ist, unter Würdigung der weiteren nach § 14 Abs 1 RVG maßgeblichen Kriterien eine um 50 % erhöhte Mittelgebühr anzusetzen. Das ergibt eine Gebühr nach Nr 3512 VV RVG in Höhe von 864 Euro und insgesamt Anwaltskosten von (gerundet) 1052 Euro.
b) Dem sind nach § 115 Abs 1 Satz 2 ZPO folgende Einkünfte des Klägers gegenüberzustellen:
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gesetzliche Rente (netto): |
Euro |
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Euro |
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Euro |
Von diesen Einkünften sind abzusetzen:
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Freibetrag nach § 115 Abs 1 Satz 3 Nr 2 Buchst a und Satz 7 ZPO iVm Prozesskostenhilfebekanntmachung 2021 vom 28.12.2020 (BGBl I 3344) nur für den Kläger selbst, da die Einkünfte seiner Ehefrau deren monatlichen Freibetrag übersteigen: |
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Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 115 Abs 1 Satz 3 Nr 3 ZPO (anteilig 70 % entsprechend der Höhe der jeweiligen Einkünfte der Ehegatten): |
Bei dieser Berechnung wurden zugunsten des Klägers die gesamten von ihm geltend gemachten Kosten der Unterkunft und Heizung für die selbst genutzte Eigentumswohnung in Höhe von Euro zugrunde gelegt, obwohl die belegten Aufwendungen für Zins und Tilgung das Jahr 2016 betreffen (entsprechende Buchungsposten finden sich in dem vom Kläger übersandten Kontoauszug für die Monate Januar und Februar 2021 nicht) und hinsichtlich der Heizungs- und sonstigen Nebenkosten keinerlei Belege vorliegen.
Nach § 115 Abs 1 Satz 3 ZPO nicht absetzbar sind die geltend gemachten Aufwendungen für einen Kfz-Stellplatz (zumal das Kfz nach Angaben des Klägers defekt und seit Jahren stillgelegt ist, sodass eine Vermietung des Platzes nahe läge), für ein externes Bücherlager, für Spenden zugunsten des Tierschutzes sowie für die Mitgliedschaft der Ehefrau beim Kulturhistorischen Museum. Ebenso kann nicht berücksichtigt werden, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag bis Juli 2019 mit seinen Rentenbezügen den gesamten Unterhalt der Familie bestritt und das Familieneinkommen damals nur wenig über der in Österreich definierten Armutsgrenze lag. Für die Ermittlung des für die Prozessführung einzusetzenden Einkommens sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bewilligung von PKH maßgebend (§ 115 Abs 1 Satz 4 ZPO).
c) Damit errechnet sich gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 ZPO ein vom Kläger einzusetzendes Einkommen in Höhe von Euro. Die für Zwecke der PKH festzusetzende Monatsrate beläuft sich nach § 115 Abs 2 Satz 3 ZPO auf Euro. Der vierfache Betrag dieser für den Kläger maßgeblichen Monatsrate beträgt Euro. Er übersteigt die voraussichtlich anfallenden Anwaltskosten von ca 1052 Euro, sodass die Bewilligung von PKH ausgeschlossen ist (§ 115 Abs 4 ZPO). Weiterer Ermittlungen, beispielsweise zum aktuellen Stand jener zwei Konten, auf die monatlich erhebliche Beträge von dem vom Kläger belegten Girokonto mit dem Verwendungszweck "Privat" überwiesen werden, oder zum Hintergrund der monatlichen Überweisungen an ein Immobilienunternehmen in Düsseldorf, bedurfte es bei dieser Sachlage nicht.
d) Für die vom Kläger beantragte Anordnung eines Ruhens des PKH-Verfahrens für den Fall einer Ablehnung seines Antrags, um ihm Gelegenheit zu geben, mit seiner Gewerkschaft erneut über die Gewährung des bislang versagten Rechtsschutzes zu verhandeln, besteht keine Grundlage. Das vom Kläger mit seinem isolierten PKH-Antrag in Gang gesetzte PKH-Bewilligungsverfahren (vgl § 118 ZPO) ist kein Hauptsacheverfahren im Sinne des über § 202 Satz 1 SGG entsprechend anwendbaren § 251 ZPO(vgl Leopold in Roos/Wahrendorf/Müller, BeckOGK SGG, Stand 1.1.2021, § 73a RdNr 56) . Ein solches Verfahren ist vor Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht anhängig und kann daher auch nicht ruhend gestellt werden. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern es zweckmäßig sein könnte, die Entscheidung zur PKH im Hinblick auf Verhandlungen des Klägers über eine alternative, die Bewilligung von PKH ausschließende Prozessfinanzierung durch seine Gewerkschaft aufzuschieben (zur Unbeachtlichkeit einer Anordnung des Ruhens für den Lauf der Frist zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde s auch § 251 Satz 2 iVm § 233 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI14533635 |