Verfahrensgang
SG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 20.10.2023; Aktenzeichen S 17 AS 300/23) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.07.2024; Aktenzeichen L 9 AS 1097/23) |
Tenor
Die Anträge der Kläger, ihnen zur Durchführung der Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Juli 2024 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Gründe
Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter(§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, sind auch die Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 121 ZPO ) .
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(Nr 1) , das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht(Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist(Nr 3) . Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger nicht erkennbar.
Das betrifft insbesondere die von den Klägern behaupteten Verfahrensmängel.
Die Kläger bringen sinngemäß vor, in der Mitwirkung eines von ihnen abgelehnten Richters an der Entscheidungfindung beim LSG liege ein Verfahrensmangel. Zwar wäre eine Entscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters unter Umständen ein absoluter Revsionsgrund( § 202 Satz 1 SGG iVm§ 547 Nr 3 ZPO ) , den ein zugelassener Prozessbevollmächtigter im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensmangel geltend machen könnte. Indes hat das LSG das Ablehnungsgesuch durch Beschluss vom 10.7.2024 zurückgewiesen, sodass der abgelehnte Richter nicht von der Mitwirkung am Verfahren ausgeschlossen war. Bezogen auf die Entscheidung nach § 153 Abs 5 SGG sind vorliegend keine mit Erfolg rügefähigen Verfahrensmängel ersichtlich.
Die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters(§ 60 Abs 1 SGG ,§ 44 Abs 3 ZPO ) ist zwar vor der Beschlussfassung über den Ablehnungsantrag den Klägern nicht zur Kenntnis gegeben worden, was eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör(Art 103 Abs 1 ,§ 62 SGG ) innerhalb des Verfahrens über das Ablehnungsgesuch darstellen kann. Eine solche dienstliche Äußerung ist nach § 202 SGG iVm § 44 Abs 3 ZPO ausdrücklich vorgesehen. Ihr Fehlen ist indes dann unschädlich, wenn der zu beurteilende Sachverhalt eindeutig feststeht(BSG vom 27.6.2019 - B 5 R 1/19 B - RdNr 10 ; BGH vom 20.9.2016 - AnwZ ≪Brfg≫ 61/15 ua - juris RdNr 14). So liegt der Fall hier. Die Gründe und der zur Besorgnis der Befangenheit führende Vorgang sind vorliegend aktenkundig. In diesem Fall wäre demnach schon die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters entbehrlich, genauso wie bei der hier naheliegenden Unzulässigkeit des Antrags(dazuBSG vom 23.10.2017 - B 8 SO 28/17 BH - RdNr 6 ; insgesamtBSG vom 16.2.2023 - B 7 AS 123/22 B - RdNr 8 ) .
Soweit die Kläger weiter vorbringen, das LSG habe nicht in ihrer Abwesenheit verhandeln und entscheiden dürfen, deshalb seien sie nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten gewesen( § 202 Satz 1 SGG iVm§ 547 Nr 4 ZPO ) , hierin liege außerdem eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und des Anspruchs auf rechtliches Gehör, ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen des LSG. Zwar umfasst der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten Termins, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist( § 202 Satz 1 SGG iVm§ 227 Abs 1 ZPO ; Senatsbeschluss vom 15.8.2022 - B 7 AS 15/22 B - RdNr 5) . Indes werden solche erheblichen Gründe von den Klägern nur behauptet, ohne objektiv nachvollziehbar zu sein. Deshalb sind Rechtsfehler bei der Ablehnung der mit der Notwendigkeit eines "Zeugenschutzes" begründeten Anträge der Kläger auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 2.7.2024 am 3.7.2024 und vom 8.7.2024 am 10.7.2024 nicht erkennbar. Soweit bei der Ablehnung des Terminverlegungsantrags am 10.7.2024 der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs vom selben Tag noch nicht zugestellt worden war, wäre eine Verletzung der Wartepflicht des abgelehnten Richters (Handlungsverbot) mit der Zustellung des Beschlusses über das Ablehnungsgesuch geheilt(BSG vom 3.2.2020 - B 14 AS 302/19 B - RdNr 4 ) . Eine hierauf gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hätte schon deswegen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Letztlich spricht nichts dafür, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter erfolgreich geltend machen könnte, ein Verfahrensmangel liege darin, dass das LSG das Prozessurteil des SG bestätigt hat(hierzuBSG vom 18.8.2022 - B 1 KR 35/22 B - RdNr 7 ) . Über die erfolgte abschließende Festsetzung der den Klägern vorläufig bewilligten Leistungen ist in dem Verfahren zu entscheiden, in dem sich die Kläger ursprünglich gegen die Höhe der vorläufigen Bewilligung gewandt haben und das noch beim LSG anhängig ist(zusammenfassendBSG vom 18.5.2022 - B 7/14 AS 1/21 R - SozR 4-4200 § 41a Nr 4 RdNr 21 ff) . Insoweit kommt es nicht auf das Vorbringen der Kläger zur Höhe ihrer Leistungsansprüche an, weshalb hierauf gestützte Grundsatz- oder Divergenzrügen in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprächen.
S. Knickrehm |
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Siefert |
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Neumann |
Fundstellen
Dokument-Index HI16675288 |