Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Anforderungen an die Verfahrensrüge der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts bei Schlaf eines Richters
Orientierungssatz
Derjenige, der sich darauf beruft, das Gericht sei wegen eines in der mündlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, muss konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf die wesentlichen Vorgänge in der Verhandlung ausschließen. Dabei sind der Zeitpunkt, die Dauer und die Einzelheiten des Verhaltens des Richters genau anzugeben. Weiterhin ist darzulegen, was während dieser Zeit in der mündlichen Verhandlung geschehen ist und welche für die Entscheidung wichtigen Vorgänge der Richter nicht habe erfassen können. Von einem Einschlafen des Richters kann dabei erst dann ausgegangen werden, wenn sichere Anzeichen dafür vorliegen, wie etwa tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder ruckartiges Aufrichten mit Anzeichen von fehlender Orientierung (vgl BVerWG vom 13.6.2001 - 5 B 105/00 = NJW 2001, 2898).
Normenkette
SGG § 202; ZPO § 547 Nr. 1; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 28.10.2004; Aktenzeichen L 5 U 38/04) |
SG Itzehoe (Entscheidung vom 06.11.2003; Aktenzeichen S 5 U 178/01) |
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete, auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, dass der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl, 2002, IX, RdNr 177 und 179 mwN). Daran mangelt es hier.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger rügt als Verfahrensmangel, dass in der mündlichen Verhandlung des LSG am 28. Oktober 2004 der in Blickrichtung der Verfahrensbeteiligten rechts außen sitzende ehrenamtliche Richter eingeschlafen gewesen sei, von einem Berufsrichter geweckt worden sei und deshalb Teile der Ausführungen des Sachverständigen Dr. T. nicht mitbekommen habe.
Dieser Vortrag führt nicht zur Zulassung der Revision oder zur unmittelbaren Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 160a Abs 5 SGG), weil der Kläger die Verletzung des entsprechend § 202 SGG anzuwendenden § 547 Nr 1 der Zivilprozessordnung - ZPO - (nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts) nicht schlüssig dargestellt hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung muss derjenige, der sich darauf beruft, das Gericht sei wegen eines in der mündlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf die wesentlichen Vorgänge in der Verhandlung ausschließen (BVerwG NJW 2001, 2898 mwN). Dabei sind der Zeitpunkt, die Dauer und die Einzelheiten des Verhaltens des Richters genau anzugeben. Weiterhin ist darzulegen, was während dieser Zeit in der mündlichen Verhandlung geschehen ist und welche für die Entscheidung wichtigen Vorgänge der Richter nicht habe erfassen können (BVerwG aaO mwN). Von einem Einschlafen des Richters kann dabei erst dann ausgegangen werden, wenn sichere Anzeichen dafür vorliegen, wie etwa tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder ruckartiges Aufrichten mit Anzeichen von fehlender Orientierung (BVerwG aaO mwN). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerde schon deshalb nicht gerecht, weil der Kläger nicht angegeben hat, von welchem Zeitpunkt an der ehrenamtliche Richter geschlafen haben soll. Lediglich der Zeitpunkt des behaupteten "Aufweckens" durch den Berufsrichter wurde mit 12.27 Uhr genannt.
Die "hilfsweise" gemachten weiteren Ausführungen des Klägers in der Beschwerdebegründung führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels. Im Kern greift der Kläger den Beweiswert des vom LSG eingeholten Gutachtens des Dr. T. und damit die Beweiswürdigung durch das LSG an. Darauf kann indes nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht gestützt werden.
Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen