Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung des Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs
Orientierungssatz
Der Verfahrensmangel einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht hinreichend bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer lediglich darlegt, daß er aufgrund seiner mangelnden Kenntnisse der deutschen Sprache nicht in der Lage gewesen sei, die ihn untersuchenden Ärzte mündlich auf seine Beschwerden hinzuweisen.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3, § 62
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 08.08.1990; Aktenzeichen L 2 U 2477/89) |
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit Verletztenrente zu gewähren, ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 10. April 1987 idF des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1987; Urteile des Sozialgerichts -SG- vom 28. September 1989 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 8. August 1990). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Voraussetzungen zur Gewährung einer Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit iS der Nr 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung nicht vorlägen. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob beim Kläger überhaupt eine gesundheitliche Beeinträchtigung iS einer Asbestose gegeben sei. Zudem könne der Kläger mit seinem Rentenbegehren keinen Erfolg haben, weil auch bei Annahme einer berufsbedingten Asbestose (Tätigkeit als Dachdecker-Kolonnenführer) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit über 10 vH nicht angenommen werden könne.
Mit seiner hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger als Verfahrensmangel geltend, ihm sei kein ausreichendes rechtliches Gehör gewährt worden. Weder "die Gerichte" noch die medizinischen Sachverständigen hätten einen Dolmetscher zugezogen. Hierauf hätte er bereits in der Berufungsbegründung hingewiesen. Außerdem habe das Berufungsgericht seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts nach § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verletzt. Das LSG hätte von sich aus nachforschen müssen, aufgrund welcher Überlegungen der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Müller in seiner Stellungnahme vom 20. April 1990 zu der Überzeugung gekommen sei, "daß eine Verschlimmerung der Asbestose nicht hätte eintreten können; und dies ohne sich die Mühe einer erneuten Untersuchung zu machen".
Die Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangen diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54 und 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
Der Verfahrensmangel einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht hinreichend bezeichnet iS von § 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, weil der Beschwerdeführer nicht angegeben hat, welches Vorbringen verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 233 mwN). Der Beschwerdeführer hat lediglich dargelegt, daß er aufgrund seiner mangelnden Kenntnisse der deutschen Sprache nicht in der Lage gewesen sei, die ihn untersuchenden Ärzte mündlich auf seine Beschwerden hinzuweisen. Für eine schlüssige Beschwerdebegründung hätte der Kläger darüber hinaus darlegen müssen, welches zusätzliche Vorbringen bei den Sachverständigen und beim LSG (Verfahrensfehler des SG können nicht Grundlage einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sein) ihm abgeschnitten worden sei. Unbeschadet dessen zielt dieser Anspruch auch nur auf die Gelegenheit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Das hätte in der maßgebenden letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch einen entsprechenden Vortrag des - rechtskundig vertretenen - Klägers oder etwa durch einen Beweisantrag nach § 103 SGG geschehen können. Warum und wodurch dies nicht möglich gewesen sein sollte, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.
Der für die Zulassung der Revision weiter geltend gemachte Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Auch hier fehlt es an der schlüssigen Darlegung des Zulassungsgrundes (s BSG SozR 1500 § 160a Nr 24). Der Kläger trägt zwar vor, er habe mit Schriftsatz vom 15. Januar 1990 beantragt, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. In diesem Schriftsatz hat der Kläger jedoch ausdrücklich "gemäß § 109 SGG die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt". Auf eine Verletzung dieser Vorschrift kann der geltend gemachte Verfahrensmangel aber nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Dieser Ausschluß gilt nach der eindeutigen Fassung des Gesetzes uneingeschränkt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 34). Hinsichtlich der ferner behaupteten Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes fehlt es an der hinreichenden Bezeichnung eines vom LSG zu berücksichtigenden Beweisantrags iS von § 160a Abs 2 SGG.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen