Verfahrensgang
SG Gießen (Entscheidung vom 15.08.2017; Aktenzeichen S 7 KR 221/15) |
Hessisches LSG (Beschluss vom 18.11.2019; Aktenzeichen L 1 KR 135/19) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. November 2019 - L 1 KR 135/19 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Kosten für die stationäre Diagnostik und Behandlung in der Privatklinik M. vom 23.4. bis 8.5.2013 in den Vorinstanzen erfolglos geblieben (SG-Urteil vom 15.8.2017, LSG-Beschluss vom 18.11.2019).
Er beantragt für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
Der Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Kläger erfüllt bereits die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH nicht. Er ist in der Lage, die voraussichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus seinem Vermögen aufzubringen. Die Berücksichtigung des Vermögens ist nicht - auch nicht vorübergehend - wegen § 141 Abs 1 und 2 SGB XII(idF durch Art 5 Nr 2 Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 ≪Sozialschutz-Paket≫ vom 27.3.2020, BGBl I 575) ausgeschlossen (dazu 1.). Dem Kläger steht als Schonvermögen nur ein Freibetrag von 5000 Euro in entsprechender Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII zu (dazu 2.). Das Vermögen des Klägers übersteigt das Schonvermögen erheblich. Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger parallel PKH für sechs verschiedene Beschwerdeverfahren in ähnlich gelagerten Rechtsstreiten begehrt, hat er die Prozesskosten aus seinem eigenen Vermögen aufzubringen. Sein Schonvermögen wird dadurch nicht angegriffen (dazu 3.).
1. Beteiligte haben für ihre Prozessführung ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihnen dies zumutbar ist. § 90 SGB XII gilt entsprechend (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 115 Abs 3 ZPO). Die danach zu erfolgende Berücksichtigung von Vermögen bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der PKH-Prüfung wird nicht durch die Regelung über die Nichtberücksichtigung von Vermögen nach § 141 Abs 1 und 2 SGB XII ausgeschlossen.
Für Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) wird abweichend von § 90 SGB XII für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 30.6.2020 beginnen, Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Dies gilt nicht, wenn das Vermögen erheblich ist; es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die leistungsnachsuchenden Personen dies im Antrag erklären (§ 141 Abs 1 und 2 SGB XII). Diese Regelung geht zurück auf das Sozialschutz-Paket, mit dem der Gesetzgeber existenzsichernde Leistungen in der Corona-Krise schnell und unbürokratisch zugänglich machen will.
§ 141 Abs 1 und 2 SGB XII kommt jedoch innerhalb der Regelungen zur PKH nicht zur Anwendung. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 115 Abs 3 ZPO, der nur auf § 90 SGB XII verweist. Dass sich die Maßstäbe der Bedürftigkeitsprüfung in der PKH aber durch § 141 Abs 1 und 2 SGB XII nicht verschieben, folgt auch aus dem Regelungszweck des § 141 SGB XII, wie er sich aus der Begründung zum Entwurf des Sozialschutz-Pakets ergibt. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen schnell und unbürokratisch zugänglich gemacht werden, um die Betroffenen zeitnah zu unterstützen. Die Regelung will aufwändige und zeitraubende Vermögensprüfungen durch die Grundsicherungsträger vermeiden und trägt so auch zum Erhalt von deren Arbeitsfähigkeit in der Krise bei einer Vielzahl zu erwartender Neuanträge bei. Zugleich dient § 141 Abs 2 SGB XII der Aufrechterhaltung des "Status Quo" von Betroffenen in der Krise. Niemand soll sein Erspartes auflösen müssen, nur um während der Pandemie infolge staatlich veranlasster weitgehender Beschränkungen des öffentlichen Lebens seine Existenz sichern zu können.
Ein vergleichbarer Schutzzweck ergibt sich bei der Gewährung von PKH unter diesen Gesichtspunkten nicht. PKH dient der Herstellung von Rechtsschutzgleichheit. Sie verfolgt den Zweck, die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unabhängig von der Frage der finanziellen Möglichkeiten zu machen (Art 3 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, Art 20 Abs 3 GG). Dies ist jedoch anhand der Maßstäbe des § 90 SGB XII gewährleistet. Eine darüber hinausgehende Privilegierung in den Fällen, in denen die Prozessführung - zufällig - in die Zeit der Krise fällt, ist durch den Gesetzgeber nicht beabsichtigt und nicht erfolgt. Auch kommen die Beschleunigungseffekte bei Bewilligung von PKH nicht in Betracht. Selbst wenn Entscheidungen über PKH-Anträge unter den besonderen Bedingungen der Pandemie länger dauern sollten, wird das Ziel der PKH-Bewilligung grundsätzlich nicht verfehlt. Schon die frist- und formgerechte Stellung eines PKH-Antrags wahrt Rechtsschutz- und Rechtsmittelfristen. Gegebenenfalls sind bei beschränkten Personalressourcen PKH-Anträge in eilbedürftigen Verfahren, insbesondere im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, wie auch sonst vorrangig zu bescheiden.
Es kann deshalb offenbleiben, ob der Anwendungsbereich des § 141 Abs 2 SGB XII schon daran scheitert, weil er nur Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII betrifft. Es bedarf keiner Entscheidung dazu, ob PKH eine eigenständige, abschließend in der ZPO geregelte Leistung zur Durchsetzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit ist, die bei der entsprechenden Anwendung des § 90 SGB XII nicht allein aus sich heraus bereits Hilfe in einer besonderen Lebenslage ist, oder eine der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen immer gleichgestellte Leistung oder eine eigenständige Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (vgl zum Streitstand Böttiger, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 73 RdNr 149; allgemein zum Verhältnis zwischen §§ 114 f ZPO und § 73 SGB XII Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand April 2020, § 73 RdNr 24 mwN).
2. Dem Kläger, dem die Beklagte als Pflegekasse seit 11.11.2019 Pflegegeld nach dem Pflegegrad 2 gewährt (Bescheid vom 30.1.2020) und der sich seit November 2019 häusliche Pflegehilfe selbst beschafft, steht kein höherer Freibetrag (Schonvermögen) als 5000 Euro zu (§ 1 Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ≪DVO≫; idF durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22.3.2017, BGBl I 519, mit Wirkung zum 1.4.2017; dazu a). Weder sind die Voraussetzungen eines weiteren Freibetrags nach § 66a iVm § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII erfüllt (dazu b) noch die Voraussetzungen für die Annahme einer Härte nach § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII aufgrund der Inanspruchnahme von Leistungen, die der Hilfe zur Gesundheit entsprechen (dazu c). Es ist auch kein erhöhter Freibetrag wegen einer Notlage (§ 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII iVm § 2 DVO zu § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII) oder wegen eines sonstigen Härtefalls (§ 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII) zu berücksichtigen (dazu d).
a) Nach dem nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 115 Abs 3 Satz 2 ZPO entsprechend anzuwendenden § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII darf Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung "kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte". Die genaue Höhe der geschützten Beträge bestimmt sich nach § 96 Abs 2 SGB XII(idF der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407) iVm der DVO.
Welcher der unterschiedlich hohen Freibeträge einem PKH-Antragsteller nach § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII in der alten Fassung der DVO zustanden (vgl dazu die Übersicht bei Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 90 RdNr 84), bestimmte sich bis zur Änderung der DVO nach der rechtlichen Qualifizierung der PKH bei der entsprechenden Anwendung des § 90 SGB XII(vgl oben 1.) . Bei der Qualifizierung als Hilfe zum Lebensunterhalt war der Freibetrag deutlich niedriger als bei Annahme einer Hilfe in besonderen Lebenslagen. Nach der maßgeblichen Fassung der DVO kommt es hierauf nicht mehr an. Denn der Verordnungsgeber hat durch § 1 Satz 1 DVO in seiner seit 1.4.2017 geltenden Fassung kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte im Sinne des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII angehoben und für jede Person einheitlich geregelt: 1. für jede in § 19 Abs 3, § 27 Abs 1 und 2, § 41 und § 43 Abs 1 Satz 2 SGB XII genannte volljährige Person sowie für jede alleinstehende minderjährige Person, 5000 Euro, 2. für jede Person, die von einer Person nach Nummer 1 überwiegend unterhalten wird, 500 Euro. Der sich hiernach für den Kläger ergebende Freibetrag beläuft sich auf 5000 Euro.
b) Dieser Freibetrag des Klägers erhöht sich nicht um weitere 25 000 Euro in entsprechender Anwendung des § 66a iVm § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII. Die Vorschrift findet auf den Kläger keine Anwendung. § 66a SGB XII bestimmt: Für Personen, die Leistungen nach dem Siebten Kapitel des SGB XII (Hilfe zur Pflege) erhalten, gilt ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25 000 Euro für die Lebensführung und die Alterssicherung im Sinne von § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII als angemessen, sofern dieser Betrag ganz oder überwiegend als Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten während des Leistungsbezugs erworben wird; § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII bleibt unberührt. Das Vermögen des Klägers (dazu unten 3.) wurde nicht erst ab dem Beginn der von ihm ab November 2019 selbst beschafften und selbst finanzierten häuslichen Pflegehilfe bzw dem Beginn des Anspruchs auf Pflegegeld nach dem SGB XI (Bescheid vom 30.1.2020, rückwirkend zum 11.11.2019) erworben, die an die Stelle des SGB XII-Leistungsbezugs treten. Selbst wenn man die Vorschrift erweiternd dahingehend auslegen wollte, dass auch zuvor aus Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit angespartes Vermögen zu berücksichtigen sei, wenn dieser Einkommenserwerb nach Beginn des Leistungsbezugs fortgesetzt werde, ergibt sich kein anderes Ergebnis (vgl zur Kritik an der Sinnhaftigkeit der Regelung Meßling in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 66a RdNr 15). Denn der 1939 geborene, eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehende Kläger erzielt auch seit dem Beginn des "Leistungsbezugs" kein Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit.
c) Ein Härtefall ergibt sich auch ansonsten nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII, wonach bei einer Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere ein Härtefall vorliegt, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Dies erfasst auch Leistungen, die als Hilfen zur Gesundheit im Fünften Kapitel des SGB XII vorgesehen sind. Ein Härtefall liegt nicht vor, weil der Kläger als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Versicherter nach seinen Angaben erhebliche Aufwendungen für Leistungen außerhalb des GKV-Leistungskatalogs hat. Insoweit verfügt der Kläger mit einer Altersrente in Höhe von derzeit monatlich netto 2067,19 Euro über ausreichende Mittel, um die sich aus dem SGB V ergebenden Zuzahlungen und die den Versicherten zugewiesene Eigenverantwortung (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) finanziell zu bewältigen, ohne dass dadurch eine angemessene Lebensführung eingeschränkt würde. Soweit der Kläger darüber hinausgehend sich in größerem Umfang - wie bisher - weitere Leistungen auf dem Gesundheitsmarkt verschaffen sollte, insbesondere auch privatärztliche Leistungen nachfragen sollte (zB bei Dr. L., B.), vermag dies keine besondere Notlage zu begründen.
d) Der als Schonvermögen zu berücksichtigende Freibetrag von 5000 Euro erhöht sich auch weder in entsprechender Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII iVm § 2 Abs 1 DVO (dazu aa) noch des § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII(dazu bb) .
aa) Der Freibetrag nach § 1 DVO ist angemessen zu erhöhen, wenn im Einzelfall eine besondere Notlage der nachfragenden Person besteht. Bei der Prüfung, ob eine besondere Notlage besteht, sowie bei der Entscheidung über den Umfang der Erhöhung sind vor allem Art und Dauer des Bedarfs sowie besondere Belastungen zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 DVO).
Der Kläger hat im November 2019 mit einem Unternehmen mit Sitz in W. einen Vertrag über seine Versorgung mit häuslicher Pflege geschlossen, der auch tatsächlich vollzogen wird. Ihm entstehen dabei Kosten - in Abhängigkeit von der Einsatzdauer schwankend - von durchschnittlich 2400 Euro pro Monat. Sein Vermögen von derzeit über 30 000 Euro (vgl unten 3.) ist bei dieser finanziellen Belastung in absehbarer Zeit aufgebraucht. Allein dadurch, dass der Kläger wegen der Finanzierung von Prozesskosten für die Durchführung seiner beabsichtigen sechs Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegebenenfalls noch ein bis zwei Monate früher Leistungen nach § 64b SGB XII (häusliche Pflegehilfe) beim Sozialhilfeträger beantragen muss als dies ohnehin der Fall sein wird, befindet sich der Kläger in keiner besonderen Notlage. Das SGB XII mutet es ihm zu, sein Vermögen auch für die häusliche Pflegehilfe einzusetzen, ohne dass er sozialhilferechtlich gezwungen ist, dieses nur dafür einzusetzen. Insoweit ist der Kläger in seinen Vermögensdispositionen grundsätzlich frei. Damit die Vermeidung oder das Hinausschieben von Sozialhilfebedürftigkeit zulasten der Kostenträger der PKH ein eigenständiger Grund für einen höheren Freibetrag sein könnte, ohne dass sonstige besondere Umstände beim PKH-Antragsteller hinzukämen, bedürfte es einer gesetzlichen Vorrang-Nachrang-Regelung, an er es hier fehlt. Dies verkennt das Schleswig-Holsteinische OLG (vom 9.3.1999 - 13 WF 7/99 - juris). Es hat seine Entscheidung auf § 88 Abs 3 Bundessozialhilfegesetz gestützt, der Vorgängervorschrift zu § 90 Abs 3 SGB XII, und sie nur damit begründet, dass der dortige stationär pflegebedürftige Kläger über lange Zeit darauf angewiesen sei, bei einem monatlichen Einkommen von 7220 DM Fehlbeträge aus seinem Vermögen von 300 000 DM zu decken. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit § 66a SGB XII für die Pflege in der Sozialhilfe eine eigene Vermögensfreibetragsregelung getroffen und folglich zusätzliche Freibeträge unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet, die hier gerade nicht vorliegen. Soweit ein PKH-Antragsteller zusätzlich zu dem Freibetrag nach § 66a SGB XII (oder an dessen Stelle, wenn seine Voraussetzungen nicht erfüllt sind) einen aus der Pflegebedürftigkeit abgeleiteten weiteren Freibetrag geltend machen will, bedarf es weiterer besonderer Umstände des Einzelfalls zur Begründung der besonderen Notlage. Die Pflegebedürftigkeit für sich genommen genügt nicht. Ob etwa eine besondere Notlage dadurch entstehen könnte, dass ein Antragsteller zunächst höhere eigene Mittel für die Anschubfinanzierung einer selbst organisierten häuslichen Pflege bedarf, weil er wegen seiner gesundheitlichen und sozialen Situation die Entscheidung des Sozialhilfeträgers nicht abwarten kann, muss der Senat nicht entscheiden. So liegt hier der Sachverhalt nicht.
bb) Nach alldem ist auch nichts für einen Härtefall im Sinne von § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII ersichtlich.
3. Der Kläger ist voraussichtlich in der Lage, die ihm aus seiner Prozessführung entstehenden Kosten zu decken, ohne dass das Schonvermögen nach § 115 Abs 3 ZPO iVm § 90 SGB XII angegriffen werden muss.
Da Gerichtskosten im vorliegenden Verfahren nicht erhoben werden, beschränken sich die Kosten der Prozessführung im Wesentlichen auf die Gebühren eines Rechtsanwalts. Nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) iVm Nr 3512 Vergütungsverzeichnis zum RVG erhält der Rechtsanwalt im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem BSG eine Gebühr, die zwischen 80 und 880 Euro liegt. Innerhalb dieser Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers seine Gebühr nach billigem Ermessen (§ 14 Abs 1 RVG). Bei einem Verfahren durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrades wird im allgemeinen von der "Mittelgebühr" ausgegangen, die im Beschwerdeverfahren einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer 595 Euro beträgt. Diese voraussichtlichen Kosten vermag der Kläger aus seinem Vermögen zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn der Senat alle sechs bei ihm anhängigen PKH-Anträge, die sämtlich Nichtzulassungsbeschwerden gegen Entscheidungen der Beklagten betreffen, zusammen betrachten würde. Denn der Kläger verfügt, wie aus der vom Senat mit Einverständnis des Klägers bei der N. Sparkasse erhobenen Auskunft hervorgeht, über folgendes Vermögen:
14.12.2019: Girokonto: 8727,85 Euro; Sparkonto: 497,08 Euro; Kurswert des Depotkontos: 34278,26 Euro.
15.4.2020: Girokonto: 7745,01 Euro; Sparkonto: 496,08 Euro; Kurswert des Depotkontos: 24495,16 Euro.
Das Vermögen des Klägers übersteigt die in Höhe von 5000 Euro nach § 1 Satz 1 Nr 1 DVO zu § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII von der Verwendung für die Prozesskosten freigestellten kleineren Barbeträge bzw sonstigen Geldwerte deutlich.
4. Mit der Ablehnung der Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI13926742 |