Verfahrensgang
SG Stuttgart (Entscheidung vom 09.08.2021; Aktenzeichen S 20 R 2584/18) |
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 10.10.2023; Aktenzeichen L 9 R 3242/21) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Oktober 2023 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in einem Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1974 geborene Kläger beantragte am 10.4.2014 erfolglos eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten (Bescheid vom 8.8.2014, Widerspruchsbescheid vom 2.6.2015). Nach Einholung eines Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie H vom 17.1.2016 sowie einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 7.4.2016 hatte das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid des SG vom 20.5.2016). Die Berufung sowie folgend ein Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision hatten keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 9.11.2016, Beschluss des BSG vom 28.2.2017 - B 13 R 37/16 BH - juris; s auch die weiteren Beschlüsse des BSG vom 10.4.2017 - B 13 R 13/17 C - und vom 21.6.2017 - B 13 R 22/17 C -).
Am 24.5.2017 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag. Diesen lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 12.7.2017, Widerspruchsbescheid vom 18.4.2018). Das SG hat ein zahnmedizinisches Gutachten vom Zahnarzt L vom 24.6.2020 sowie ergänzende Stellungnahmen der Sachverständigen L vom 11.9.2020 sowie H vom 30.3.2021 eingeholt. Mit Urteil vom 9.8.2021 hat es die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Beschluss vom 10.10.2023). Die Voraussetzungen des § 44 SGB X seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe den Rentenantrag zu Recht abgelehnt. Dass im Zeitraum ab Rentenantragstellung im April 2014 bis spätestens im August 2016, dem Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die medizinischen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben, lasse sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen.
Der Kläger hat für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 18.10.2023 zugestellten LSG-Beschluss mit de-Mail vom 20.11.2023 beim BSG PKH und die Beiordnung eines Rechtsanwalt beantragt sowie eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übermittelt.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Es kann dahinstehen, ob er fristgerecht unter Einhaltung der nach § 65a Abs 3 SGG erforderlichen Formalia eingereicht wurde. Es fehlt jedenfalls an der erforderlichen Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Einem Beteiligten kann für das Verfahren vor dem BSG nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Gerichtsakten ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil bzw der Beschluss von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Soweit der Kläger Zulassungsgründe in Bezug auf die bereits 2016 vor dem SG und LSG abgeschlossenen Verfahren geltend macht, wäre die Beschwerde bereits deshalb unzulässig, weil sie sich nur gegen eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung des LSG richten kann (vgl § 160 Abs 1 SGG). Als Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann auch nur ein fehlerhaftes prozessuales Vorgehen im unmittelbar vorangehenden Rechtszug gerügt werden (vgl zB BSG Beschluss vom 8.9.2023 - B 5 R 19/23 BH - juris RdNr 9 mwN). Zur Überprüfung steht hier daher allein der Beschluss des LSG vom 10.10.2023.
1. Dass sich hier Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG stellen könnten, ist nicht ersichtlich. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Derartige Rechtsfragen sind nicht zu erkennen. Die Voraussetzungen, unter denen eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, ergeben sich unmittelbar aus § 43 SGB VI. Die Auslegung der Vorschrift ist in der Rechtsprechung des BSG geklärt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22). Dies gilt auch für die Voraussetzungen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Abs 1 SGB X(s zB BSG Urteil vom 19.5.2004 - B 13 RJ 25/03 R - BSGE 93, 10 = SozR 4-2600 § 99 Nr 2) .
2. Es ist nach Aktenlage nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Eine Divergenz kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Es ist nicht ersichtlich, dass das LSG in seiner Entscheidung vom 10.10.2023 gegenüber den vom Kläger zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen, insbesondere dem Beschluss des BSG vom 13.9.2005 - B 2 U 365/04 B - und dem Urteil des BSG vom 9.4.2003 - B 5 RJ 36/02 R - andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Es kann offen bleiben, inwiefern die vom Kläger zitierten Textstellen tatsächlich abstrakte Aussagen enthalten oder sich zu dem jeweiligen Einzelfall verhalten. Jedenfalls rügt der Kläger letztlich, das LSG habe die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zutreffend auf seinen Fall übertragen und damit eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG in seinem konkreten Einzelfall. Dies geht über eine im Rahmen der Divergenzrüge unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus (vgl bereits BSG Beschluss vom 28.2.2017 - B 13 R 37/16 BH - juris RdNr 12).
3. Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass ein Verfahrensmangel aufgezeigt und vorliegen könnte, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen kann. Nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
a) Soweit der Kläger die Richter des 9. Senats des LSG Baden-Württemberg für befangen hält, vermag dies eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) nicht zu begründen. Dass der Kläger im Verfahren vor dem LSG ein Ablehnungsgesuch angebracht hat, ist nicht ersichtlich. Ein erst nach Abschluss der Berufungsinstanz mit der Beschwerdeschrift gestelltes Ablehnungsgesuch ist grundsätzlich von vornherein unstatthaft, weil der vollständige Abschluss der Instanz den letzten möglichen Zeitpunkt für die Geltendmachung von Ablehnungsgründen bildet (vgl BSG Beschluss vom 23.11.2023 - B 9 V 8/23 B - juris RdNr 10 mwN). Aus den Entscheidungsgründen ergeben sich auch keine Hinweise auf die Befangenheit eines an der Entscheidung mitwirkenden Richters (vgl zu den besonderen Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Falls BSG Beschluss vom 13.7.2022 - B 7 AS 21/22 B - juris RdNr 4 mwN).
b) Sofern der Kläger rügt, dass LSG habe in der Entscheidung bzw im Tatbestand den Inhalt seiner Schreiben im Berufungsverfahren unrichtig wiedergegeben, lässt sich hieraus ein Verfahrensmangel nicht herleiten. Unrichtigkeiten der Entscheidung bzw des Tatbestands können mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht als Verfahrensfehler geltend gemacht werden (vgl zB BSG Beschluss vom 6.1.2016 - B 13 R 411/15 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 2.9.2014 - B 9 V 17/14 B - juris RdNr 7 mwN). Vielmehr muss der Beteiligte, der Nachteile aus einer Unrichtigkeit in der Entscheidung bzw im Tatbestand befürchtet, innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Berichtigungsantrag stellen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Berichtigungsantrag nach §§ 138 oder 139 SGG beim LSG gestellt hat.
c) Soweit der Kläger der Auffassung ist, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) sei durch die Verfahrensführung des LSG sowie das angebliche Ignorieren zahlreicher von ihm vorgetragener entscheidungserheblicher Gesichtspunkte, insbesondere in der fehlenden Auseinandersetzung mit dem Beschluss des BSG vom 13.9.2005 - B 2 U 365/04 B - (juris - hier insbesondere RdNr 12), verletzt, lässt sich dies nicht feststellen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten nicht zur Kenntnis nimmt und in seine Erwägungen einbezieht (stRspr; vgl BVerfG Beschluss ≪Kammer≫ vom 20.5.2022 - 2 BvR 1982/20 - juris RdNr 40 mwN). Daraus folgt jedoch nicht, dass das Gericht Sachverhaltsdarstellungen und Wertungen von Beteiligten nachvollziehen muss. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden, weshalb sich eine Gehörsverletzung insoweit nur aus den besonderen Umständen des Falls ergeben kann (vgl stRspr; zB BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 - juris RdNr 44; BSG Beschluss vom 20.12.2022 - B 5 R 42/22 BH - juris RdNr 15 mwN).
Solche besonderen Umstände sind hier nicht erkennbar. Insbesondere bedurfte es in den Entscheidungsgründen keiner Auseinandersetzung mit dem Beschluss des BSG vom 13.9.2005 (B 2 U 365/04 B). Zwar besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu erwägen, wenn ein bestimmter Vortrag eines Beteiligten den Kern seines Vorbringens darstellt und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung ist (vgl BVerfG Beschluss ≪Kammer≫ vom 20.5.2022 - 2 BvR 1982/20 - juris RdNr 41 mwN). Dass dies hier der Fall war, lässt sich allerdings nicht feststellen. In der Entscheidung des 2. Senat des BSG war streitig, ob bei dem verstorbenen Versicherten eine Berufskrankheit nach Nr 1302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bestand. Das BSG sah eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht darin, dass das LSG einem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens ohne hinreichenden Grund nicht entsprochen hatte. Zudem wies das BSG darauf hin, dass sich in rechtlicher Hinsicht Konsequenzen für die Beweiswürdigung ergeben könnten, wenn sich herausstellen sollte, dass die Beklagte pflichtwidrig an der notwendigen Beweiserhebung nicht mitgewirkt oder sie vereitelt habe. In der hier angefochtenen Entscheidung hat das LSG allerdings eine durch schuldhaftes Handeln oder Unterlassen vereitelte Beweisführung der Beklagten nicht festgestellt. Es bestehen daher keine Bedenken, dass das LSG ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt den Vortrag des Klägers als unerheblich betrachtet hat und hierauf in seiner Entscheidung nicht eingegangen ist.
d) Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass das LSG das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat, indem es die Sachverständigen H und L nicht "zur mündlichen Befragung" geladen hat.
Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, zur weiteren Sachaufklärung von Amts wegen das Erscheinen des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung anzuordnen, steht jedem Beteiligten gemäß § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7; BSG Beschluss vom 10.10.2018 - B 13 R 265/17 B - juris RdNr 9 mwN; zuletzt BSG Beschluss vom 2.10.2024 - B 5 R 11/24 B). Für einen entsprechenden Antrag müssen nicht ausdrücklich Fragen formuliert werden; es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 VS 2/99 R - SozR 3-1750 § 411 Nr 1, juris RdNr 20). Die nach § 116 Satz 2 SGG erforderliche Sachdienlichkeit der Fragen liegt dann vor, wenn sie sich im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind (vgl BSG Beschluss vom 14.3.2019 - B 5 R 22/18 B - juris RdNr 33 mwN). Das Recht eines Beteiligten, Fragen an einen Sachverständigen zu stellen, besteht allerdings grundsätzlich nur hinsichtlich solcher Gutachten, die in derselben Instanz erstattet wurden, falls nicht das SG einen bereits in der ersten Instanz rechtzeitig gestellten Antrag auf konkrete Befragung verfahrensfehlerhaft übergangen hat (vgl zB BSG Beschluss vom 13.5.2024 - B 9 SB 1/24 BH - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.12.2020 - B 13 R 253/19 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 3.6.2020 - B 9 SB 14/20 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 9, jeweils mwN).
Damit war das Fragerecht in Bezug auf den Sachverständigen L schon deshalb verbraucht, weil das SG den erstinstanzlichen Schriftsatz des Klägers vom 21.7.2020 an diesen Sachverständigen zur schriftlichen Stellungnahme und diese wiederum an die Beteiligen zur Kenntnisnahme übersandt hatte. Das Gutachten des Sachverständigen H wurde bereits am 17.1.2016 im Rahmen des ersten sozialgerichtlichen Verfahrens erstellt. Nach Einwänden des Klägers hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 7.4.2016 eingeholt. Zudem ist vom Sachverständigen H im Jahr 2021 eine erneute ergänzende Stellungnahme eingeholt worden. In seiner Stellungnahme hat er auf den gesamten Akteninhalt und explizit auf den Schriftsatz des Klägers vom 21.7.2020 Bezug genommen. Zwar hat der Kläger im Anschluss mit von ihm selbst verfassten Schriftsätzen vom 19.7.2021 und 4.8.2021 vor dem SG beantragt, den Sachverständigen H zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens und seiner Stellungnahmen zu laden. Der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich zu diesen Schriftsätzen indes nicht verhalten und selbst weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine Befragung beantragt.
Unabhängig davon erfordert die Ausübung des Fragerechts stets eine hinreichend konkrete Bezeichnung der noch erläuterungsbedürftigen Punkte (vgl BSG Beschluss vom 5.7.2018 - B 9 SB 26/18 B - juris RdNr 9 mwN). Zwar sind an einen Beteiligten, der im Berufungsverfahren nicht anwaltlich vertreten ist, hinsichtlich der Geltendmachung eines Begehrens weniger strenge Anforderungen zu stellen (vgl BSG Beschluss vom 13.5.2024 - B 9 SB 1/24 BH - juris RdNr 9 mwN). Art 103 Abs 1 GG gewährt indes aber keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber Sachverständigen und Zeugen in jedem Fall mündlich auszuüben (BVerfG Beschluss vom 29.5.2013 - 1 BvR 1522/12 - BVerfGK 20, 319, juris RdNr 2 mwN). Insbesondere begründet das Fragerecht keinen Anspruch auf stets neue Befragungen, wenn der Beteiligte und der Sachverständige in ihrer Beurteilung nicht übereinstimmen (vgl BSG Beschluss vom 10.10.2018 - B 13 R 265/17 B - juris RdNr 14 mwN). Gemessen daran hat der Kläger in seinen Schriftsätzen vor dem LSG nicht in gebotenem Maße aufgezeigt, welche konkreten Punkte er noch für erläuterungsbedürftig gehalten habe. Er hat sich vielmehr pauschal darauf beschränkt, dass er von seinem "Fragerecht nach § 397 ZPO Gebrauch machen" möchte und die Sachverständigen "zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden" seien. Daraus lässt sich eine Sachdienlichkeit einer mündlichen Befragung, nachdem bereits im erstinstanzlichen Verfahren ergänzende schriftlichen Äußerungen eingeholt wurden, nicht begründen.
e) In Bezug auf den vom Kläger vorgebrachten Einwand, das LSG sei seinen Pflichten zur vollumfänglichen Ermittlung nicht nachgekommen und habe mithin seine Amtsermittlungspflicht gemäß § 103 SGG verletzt, ist schon nicht ersichtlich, dass er einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt hat. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zwar sind, wenn ein Kläger in der Berufungsinstanz - wie hier - durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen. Auch ein unvertretener Beteiligter muss jedoch einen konkreten Beweisantrag sinngemäß gestellt haben, dh angeben, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen sollen, um diese aufzuklären (vgl BSG Beschluss vom 1.8.2017 - B 13 R 214/16 B - juris RdNr 14 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Ein solcher zumindest sinngemäß vom Kläger gestellter Beweisantrag lässt sich den Verfahrensakten und insbesondere nicht seinem letzten Schriftsatz vom 30.3.2023 entnehmen. Soweit der Kläger dort ausführt, es bestehe "nach wie vor ein dringender Bedarf nach einer weiteren Sachaufklärung gem. § 103 SGG, sodass ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten, zumindest nach Aktenlage" einzuholen sei, ist dies zum einen unspezifisch und angesichts der im Verfahren eingeholten zahlreichen medizinischen Berichte, Gutachten und Stellungnahmen nicht hinreichend konkret, zum anderen hat das LSG ausreichend dargelegt, warum es weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht für erforderlich gehalten hat (vgl dazu auch BSG Beschluss vom 28.2.2017 - B 13 R 37/16 BH - juris RdNr 17).
f) Anhaltspunkte für eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), weil - wie der Kläger meint - das LSG sich auf eigene medizinische Sachkunde gestützt habe, ohne die Grundlagen hierfür deutlich zu machen (zu einem solchen Fall vgl BSG Beschluss vom 17.6.2020 - B 5 R 1/20 B - juris RdNr 4 ff), sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat sich das LSG in den tragenden Gründe seiner Entscheidung gerade maßgeblich auf den Inhalt der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten gestützt.
g) Indem das LSG im Beschlusswege über die Berufung des Klägers entschieden hat, hat es von einer in § 153 Abs 4 Satz 1 SGG gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. Es spricht nichts dafür, dass eine solche Verfahrensweise hier ermessensfehlerhaft gewesen sein könnte (zur Ermessensausübung im Rahmen des § 153 Abs 4 Satz 1 SGG s BSG Beschluss vom 21.10.2021 - B 5 R 51/21 B - juris). Das LSG hat den Kläger auch zuletzt mit gerichtlichem Schreiben vom 15.3.2023 nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG zu der beabsichtigten Verfahrensweise angehört (zur Anhörungspflicht vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2021 - B 5 R 62/21 B - juris). Eine erneute Anhörung des Klägers nach Eingang seines Schreibens vom 30.3.2023 bedurfte es nicht. Eine solche Anhörung ist aus Gründen der Prozessökonomie nicht erforderlich, wenn das nach der Anhörungsmitteilung erfolgte Vorbringen nicht entscheidungserheblich, ohne jegliche Substanz oder bloß wiederholend ist (vgl BSG Beschluss vom 19.10.2016 - B 14 AS 156/16 B - juris RdNr 2). So verhielt es sich hier. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen, sich erneut gegen die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung verwahrt und ohne nähere Konkretisierung auf seinem Fragerecht beharrt.
h) Dass der Kläger mit der Auswertung und Würdigung der beiden Sachverständigengutachten sowie der sonstigen aktenkundigen medizinischen Berichte, insbesondere im Hinblick auf seine anderweitigen Erkrankungen (vor allem erhebliche Schlafstörungen), durch das LSG nicht einverstanden ist, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Insoweit wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des LSG. Auf Angriffe gegen die Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) kann aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
4. Da dem Kläger mithin PKH nicht zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI16683547 |