Verfahrensgang
SG für das Saarland (Entscheidung vom 06.09.2017; Aktenzeichen S 26 AS 6/16) |
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 17.01.2019; Aktenzeichen L 4 AS 40/17) |
Tenor
Die Verfahren B 14 AS 32/19 BH, B 14 AS 64/19 BH, B 14 AS 72/19 BH, B 14 AS 73/19 BH, B 14 AS 74/19 BH, B 14 AS 75/19 BH, B 14 AS 76/19 BH, B 14 AS 77/19 BH, B 14 AS 78/19 BH, B 14 AS 79/19 BH, B 14 AS 80/19 BH, B 14 AS 81/19 BH, B 14 AS 82/19 BH, B 14 AS 83/19 BH, B 14 AS 84/19 BH, B 14 AS 85/19 BH und B 14 AS 86/19 BH werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führend ist das Verfahren B 14 AS 32/19 BH.
Die Anträge des Klägers, ihm zur Durchführung von Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in den Urteilen des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Januar 2019 - L 4 AS 40/17 -, vom 22. Mai 2019 - L 9 AS 9/15 - und vom 12. Juni 2019 - L 4 AS 1/18, L 4 AS 8/18, L 4 AS 25/18, L 4 AS 36/18, L 4 AS 41/18, L 4 AS 42/18, L 4 AS 43/18, L 4 AS 44/18, L 4 AS 45/18, L 4 AS 46/18, L 4 AS 47/18, L 4 AS 48/18, L 4 AS 49/18, L 4 AS 50/18 und L 4 AS 51/18 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm im Verfahren B 14 AS 32/19 BH Rechtsanwalt T. J., S. und den weiteren Verfahren einen noch zu benennenden Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Gründe
Den Anträgen auf Bewilligung von PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die angestrebten Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in den bezeichneten Entscheidungen erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, sind auch die Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakten nicht ersichtlich.
Insbesondere kommt den Rechtssachen grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht zu. Sie ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Anlass dazu besteht zunächst nicht, soweit der Kläger in mehreren Ausgangsverfahren die Regelbedarfsbestimmung nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II als verfassungswidrig beanstandet hat; dass diese Frage nach den Entscheidungen des BVerfG hierzu (zuletzt BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20) derzeit weiteren Klärungsbedarf grundsätzlicher Art aufwirft, ist nicht erkennbar. Das gilt auch, soweit er Verstöße gegen Art 19 Abs 1 Satz 2 GG und die Konformität des SGB II mit dem UN-Sozialpakt und der UN-BRK rügt. Dass unter Hinweis darauf die Gültigkeit des SGB II ernsthaft in Zweifel gezogen würde, ist nicht ersichtlich (zu diesem Maßstab vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 8 f; Voelzke in jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 96, 100, jeweils mwN). Das gilt auch, soweit der Kläger eine Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Regelbedarfsbemessung für geboten erachtet.
Keiner grundsätzlichen Klärung bedarf weiter, dass - anders als vom Kläger postuliert - ein Mehrbedarf bei Behinderung gemäß § 21 Abs 4 Satz 1 SGB II ausschließlich bei behinderten Leistungsberechtigten anerkannt wird, denen iS von § 21 Abs 4 Satz 1 SGB II Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen erbracht werden, und dass demzufolge die Zuerkennung eines GdB - hier von 30 - allein für dessen Anerkennung nicht ausreicht (zur Auslegung von § 21 Abs 4 Satz 1 SGB II vgl letztens nur BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 27/16 R - BSGE 123, 287 = SozR 4-4200 § 21 Nr 27); welche Gründe für die Nichterbringung solcher Leistungen ursächlich sind, ist dabei unbeachtlich.
Nicht grundsätzlich klärungsbedürftig ist ebenso, dass Aufwendungen für die Inspektion eines Kraftfahrzeugs, für dessen Reifen, Reparatur, Versicherung und Steuer sowie für TÜV-Gebühren im Rahmen des SGB II keine existenzsicherungsrechtlich gesondert zu berücksichtigenden Bedarfe begründen. Ausgaben für Personenkraftwagen sowie deren Nutzung sieht der Gesetzgeber nicht als existenzsichernd an und rechnet sie damit nicht dem Grundbedarf zu (vgl BT-Drucks 18/9984 S 42 unter Verweis auf BT-Drucks 17/3404 S 59). Im Regelbedarf nicht berücksichtigte Verkehrsbedarfe sind danach nur gesondert anzuerkennen, soweit sie einen Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II begründen (zur Auslegung dessen vgl etwa BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - BSGE 116, 86 = SozR 4-4200 § 21 Nr 18); insoweit zeigen die Verfahren des Klägers keinen zusätzlichen Klärungsbedarf auf. Das gilt auch, soweit er die Bemessung von Fahrtkosten durch das LSG in Anlehnung an § 5 Abs 1 BRKG problematisiert. Das BSG hat bereits entschieden, dass ein Mehrbedarf wegen Fahrtaufwendungen an der kostengünstigsten und gleichwohl im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz zumutbaren Variante zur Bedarfsdeckung auszurichten ist und nach Möglichkeit öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen sind (vgl nur BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R - BSGE 117, 240 = SozR 4-4200 § 21 Nr 19, RdNr 23; BSG vom 11.2.2015 - B 4 AS 27/14 R - BSGE 118, 82 = SozR 4-4200 § 21 Nr 21, RdNr 24). Dass demgegenüber in einem der Verfahren hier entscheidungserheblich über weitere Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sein könnte, ist nicht zu erkennen.
Ebenfalls kein grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht, unter welchen Voraussetzungen - was der Kläger für erforderlich hält - Anträge vom Jobcenter nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB I an andere Träger weiterzuleiten sind und - nachdem eine Rechtsgrundlage dafür nicht besteht - dass Weihnachtsbeihilfen nach dem SGB II einfachrechtlich nicht gesondert beansprucht werden können; dass deswegen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfsbemessung vertreten werden und daher eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht kommt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Zuletzt sind Zulassungsgründe wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erkennbar, sofern die Ausgangsverfahren gesundheitsbezogene Aufwendungen betrafen. Zunächst hatten die vom Kläger zurückzulegenden Strecken für Termine bei Ärzten und nichtärztlichen Leistungserbringern nach den Feststellungen des LSG keinen Umfang, bei denen der Verweis auf die im Regelbedarf in Ansatz gebrachten Bedarfe in den Abteilungen 6 (Gesundheitspflege) und 7 (Verkehr) sowie ggf einen internen Ausgleich mit anderen Bedarfsansätzen als nicht mehr als zumutbar anzusehen wären (zur gesetzlichen Konzeption insoweit vgl nur BSG vom 28.11.2018 - B 14 AS 48/17 R - BSGE 127, 78 = SozR 4-4200 § 21 Nr 30, RdNr 14 mwN) und deshalb die Anerkennung eines Härtefallmehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II ernstlich in Betracht zu ziehen sein könnte. Ggf in Betracht zu ziehende, mit einem Darlehen zu verbindende Leistungen bei Einmalbedarfen (vgl § 24 Abs 1 SGB II) wegen Kosten für Brillenversorgungen waren nach den Anträgen des Klägers nicht Entscheidungsgegenstand (vgl im Übrigen zu Bedarfen wegen der Reparatur von Brillen BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 4/17 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 7). Über etwaige Fragen zu Zuzahlungen bei orthopädischen Einlagen und Arzneimitteln könnte schon deshalb nicht in der Sache entschieden werden, weil der Kläger Bedarfe in diese Richtung nach den Feststellungen des LSG nicht näher konkretisiert hat.
Kein Anhalt besteht weiter dafür, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Nach Durchsicht der Verfahrensakten ist schließlich nicht ersichtlich, dass Verfahrensmängel geltend gemacht werden könnten, auf denen die angefochtenen Entscheidungen des LSG beruhen können (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Soweit der Kläger Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens insbesondere wegen der Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG rügt, ist nicht erkennbar, dass sie - lägen sie vor - im Berufungsverfahren noch fortgewirkt haben könnten (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 16a). Ebenso nicht ersichtlich ist, dass eine Verfahrensrüge erfolgreich auf eine Verzögerung der Entscheidung über PKH-Anträge des Klägers gestützt werden könnte, da - läge sie vor - deren Ablehnung in der Sache wie ausgeführt nicht zu beanstanden ist (vgl nur BSG vom 25.7.2013 - B 14 AS 101/13 B - RdNr 9). Soweit der Kläger weiter Versäumnisse des LSG im Rahmen der Amtsermittlung rügt, wären sie - sollten sie vorliegen - im Rahmen einer Verfahrensrüge gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur beachtlich, wenn das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt wäre, was nicht ersichtlich ist.
Weiter kann von einer erfolgreichen Verfahrensrüge nicht ausgegangen werden, soweit das LSG - wie der Kläger beanstandet - über einzelne Bedarfe gesondert entschieden hat, obwohl es sich dabei nicht um eigenständige, von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abtrennbare Streitgegenstände gehandelt habe. Zwar trifft es zu, dass über die geltend gemachten Mehrbedarfe ua wegen Brillenversorgung, der Zuzahlung zu Medikamenten und Hilfsmitteln sowie den Aufwendungen für Fahrten und sein Kraftfahrzeug im Rahmen der Klagen auf höhere existenzsichernde Leistungen für den jeweiligen Bewilligungszeitraum einheitlich zu entscheiden war (stRspr; vgl nur etwa BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 8/14 R - BSGE 119, 7 = SozR 4-4200 § 21 Nr 22, RdNr 12 mwN). Jedoch ist nicht zu erkennen, dass das LSG - soweit es abweichend davon über einzelne dieser Bedarfe gesondert entschieden hat - ansonsten zu einem dem Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG; vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 23).
Soweit der Kläger schließlich die Trennung vom SG verbundener Verfahren durch das LSG rügt, sind dessen Beschlüsse dazu unanfechtbar (§ 177 SGG). Dass es dennoch über im Wesentlichen alle Verfahren an einem Tag mündlich verhandelt und entschieden hat, lässt ebenfalls keinen Verfahrensfehler erkennen; damit ist gerade dem Interesse des Klägers Rechnung getragen, die verschiedenen Streitpunkte im Zusammenhang zu sehen.
Fundstellen
Dokument-Index HI13729598 |