Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin und die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. Dezember 2000 werden als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) gerichtete Beschwerde der Klägerin, die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung, und die Beschwerde der Beklagten, die auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gestützt ist, sind beide unzulässig. Die jeweils dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNr 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen an die Begründung haben weder die Klägerin noch die Beklagte hinreichend Rechnung getragen.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Hierzu ist zunächst darzulegen, welcher konkreten abstrakten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 11). Denn die Zulassung der Revision erfolgt zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und nicht zur weiteren Entscheidung des Rechtsstreits. Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die begehrte Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 181). Dazu ist erforderlich, daß ausgeführt wird, ob die Klärung dieser Rechtsfrage grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Insbesondere hat der Beschwerdeführer darzulegen, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig, also zweifelhaft und klärungsfähig, mithin rechtserheblich ist, so daß hierzu eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu erwarten ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Zur Klärungsfähigkeit gehört auch, daß die Rechtsfrage in einem nach erfolgter Zulassung durchgeführten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (BSG Beschluß vom 11. September 1998 – B 2 U 188/98 B –).
Für grundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin die Frage, ob unter Anwendung der Übergangsvorschrift des § 214 Abs 4 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) der durch Art 35 Nr 1 und Art 36 Satz 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG) ersatzlos aufgehobene § 1546 der Reichsversicherungsordnung (RVO) noch Anwendung auf Versicherungsfälle findet, die vor dem Inkrafttreten des neuen SGB VII zum 1. Januar 1997, aber nach dem 1. Januar 1995 eingetreten sind.
Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, daß die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei läßt der Senat offen, ob sie die Klärungsbedürftigkeit in erforderlichem Umfang bezeichnet hat. Das gilt insbesondere für ihre ohne Quellenangabe oder sonstige Begründung im Zusammenhang mit der im Regelfall fehlenden Klärungsbedürftigkeit von Übergangsvorschriften gemachte Behauptung, die Anwendbarkeit des § 1546 RVO stehe bei einer Vielzahl von Versicherungsfällen, die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 1. Januar 1997 eingetreten seien, in Frage. Jedenfalls hat die Klägerin zur Entscheidungserheblichkeit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage, ob also über diese bei Zulassung in einem Revisionsverfahren entschieden werden kann, keine Ausführungen in ihrer Beschwerdebegründung gemacht. Hierzu hätte aber aufgrund der Feststellungen des LSG und des eigenen Vorbringens der Klägerin im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren besonderer Anlaß bestanden. Dies ergibt sich daraus, daß nach den nicht angefochtenen und daher gemäß § 163 SGG auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde bindenden Feststellungen des LSG in Verbindung mit den von ihm beigezogenen Gerichtsakten des Berufungsverfahrens bei der Beigeladenen eine Unfallmeldung der Klägerin eingegangen und unter einer Erfassungsnummer aus dem Jahre 1995 erfaßt worden ist. Wie im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgehalten ist, hat die Beigeladene darauf hingewiesen, daß die Nichtweitergabe der Unfallmeldung an die Unfallabteilung und die Nichtanmeldung von Erstattungsansprüchen bei der Beklagten keinesfalls als Indiz gewertet werden dürfe, bei dem streitgegenständlichen Unfall handele es sich um keinen Arbeitsunfall. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils heißt es, der Unfallzeitpunkt (10. März 1995) lasse sich ua aus dieser Unfallmeldung nachweisen. Daß die Beigeladene keine „Ersatzansprüche” gestellt habe, spreche nicht dagegen, daß sich dieser Unfall während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Die Beigeladene habe überzeugend dargelegt, daß ihr Sachbearbeiter mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Bagatellunfall ausgegangen sein dürfte.
Unter diesen Umständen könnte in einem Revisionsverfahren die an die Beigeladene übersandte Unfallmeldung in entsprechender Anwendung des § 16 Abs 2 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) als rechtzeitige Anmeldung des Unfalls iS des § 1546 Abs 1 RVO angesehen werden (vgl KassKomm-Ricke, § 1546 RVO RdNr 4) mit der Folge, daß es zu einer Entscheidung über die aufgeworfene Rechtsfrage nicht käme.
Allerdings ist das LSG im angefochtenen Urteil auf die naheliegende analoge Anwendung des § 16 Abs 2 Satz 2 SGB I nicht eingegangen. Gleichwohl überspannt der Senat nicht seine Anforderungen an die Darlegungspflichten, wenn er hierzu entsprechende Ausführungen in der Beschwerdebegründung verlangt. Denn die Klägerin hat bereits im Widerspruchsverfahren in ihrem an die Beklagte gerichteten – bei deren Verwaltungsakten befindlichen – Schreiben vom 24. Februar 1998 sinngemäß geäußert, die Beigeladene habe es versäumt, der Beklagten eine Rückmeldung zu machen. Weiterhin heißt es in der Klagebegründung vom 30. Oktober 1998: „Entsprechend des Unfallmeldebogens hätte die DAK wegen der Kosten der Behandlung mit der Beklagten in Verbindung treten müssen. Dies ist nach Angaben der Beklagten nicht geschehen, worauf die Klägerin allerdings keinen Einfluß hat, so daß ihr dies auch nicht zugerechnet werden kann.” Ähnliche Ausführungen der Klägerin finden sich in ihrer Berufungsbegründung vom 17. März 1999. Wenn aber – wie hier – ein rechtskundig vertretener Beteiligter einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung von vornherein für verpflichtet hält, eine vom Versicherten erhaltene Unfallmeldung an den zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung weiterzuleiten, kann von ihm auch in zumutbarer Weise erwartet werden, daß er in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde auf die naheliegende Frage einer analogen Anwendung des § 16 Abs 2 Satz 2 SGB I eingeht. Die Klägerin hätte daher darlegen müssen, daß und aus welchen Gründen eine solche Anwendung dieser Vorschrift in ihrem Fall nicht in Betracht kommt. Daran mangelt es aber.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die Beklagte rügt eine Verletzung des § 130 Satz 1 SGG. Das LSG habe entgegen dieser Vorschrift iVm § 54 Abs 4 SGG ein Grundurteil erlassen, ohne Feststellungen darüber getroffen zu haben, daß Geldleistungen dem Grunde nach zu erbringen seien. Ein solches Grundurteil sei jedoch nur zulässig, wenn ausschließlich Geldleistungen begehrt würden und feststehe, daß ein solcher Anspruch auf Geldleistungen zumindest mit Wahrscheinlichkeit bestehe. Zum Vorliegen solcher Ansprüche habe das LSG jedoch keine Feststellungen getroffen, es habe nicht einmal zum Ausdruck gebracht, ob mit der Verurteilung zu „Leistungen ab 1. Oktober 1997” tatsächlich nur Geldleistungen oder nicht auch Sachleistungen gemeint seien. Es seien auch keine Feststellungen getroffen worden, aus denen sich indirekt Ansprüche etwa zur Arbeitsunfähigkeit oder zur Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) herleiten ließen. Das LSG habe im angefochtenen Urteil somit keinerlei Feststellungen getroffen, daß zumindest die begründete Wahrscheinlichkeit bestehe, daß eine dem Grunde nach zustehende Leistung in einer Mindesthöhe zu gewähren sei.
Auf diesem Mangel könne das Urteil beruhen, denn bei der festgestellten Unfallfolge sei es nicht nur fraglich, sondern vielmehr sogar unwahrscheinlich, daß Geldleistungen zu erbringen seien. Würde es rechtskräftig werden, sei zu befürchten, daß die Feststellungen im Verwaltungsverfahren dann ergäben, daß ab 1. Oktober 1997 weder eine MdE in rentenberechtigendem Grade, noch Arbeitsunfähigkeit aus Unfallfolgen bestünden und bestanden hätten. Das Urteil könne in diesem Falle gar nicht ausgeführt werden. Ein weiterer Verfahrensmangel liege darin, daß das Grundurteil nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen lasse, daß mit Leistungen nur Geldleistungen gemeint seien. Hinsichtlich Sachleistungen dürfe ein Grundurteil aber nicht ergehen. Ein in Verkennung dieser Tatsache ergangenes Urteil leide an einem Verfahrensmangel.
Die Beklagte hat die Voraussetzungen für eine Verletzung des § 130 Satz 1 SGG – jedenfalls innerhalb der am 15. Mai 2001 endenden Begründungsfrist (§ 160a Abs 2 Satz 1 SGG) – nicht hinreichend dargelegt. Sie hat unberücksichtigt gelassen, daß die Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren lediglich den Erlaß eines Grundurteils beantragt hatte und das LSG daher wegen § 123 SGG nicht über den Klageantrag hinausgehen durfte. Weiterhin hat sie sich in der Beschwerdebegründung nicht damit auseinandergesetzt, daß nach der Rechtsprechung des BSG ein vom Kläger beantragtes Grundurteil unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, wenn nicht nur Geldleistungsansprüche, sondern mehrere Ansprüche mit unterschiedlichen Voraussetzungen erhoben werden (vgl BSG Urteil vom 20. Oktober 1999 – B 9 VG 2/98 R –). Auch genügt es, daß das Gericht, welches die Voraussetzungen des Anspruchs dem Grunde nach für gegeben hält, es als wahrscheinlich ansieht, daß der Anspruch wenigstens in einer Mindesthöhe gegeben ist (BSG SozR Nr 3 zu § 130 SGG). Die Beklagte hätte daher in ihrer Beschwerdebegründung substantiiert darlegen müssen, daß das LSG diese Voraussetzungen nicht erfüllt hat. Hierzu reicht der Hinweis nicht aus, es sei zu befürchten, daß ab dem 1. Oktober 1997 weder eine MdE rentenberechtigten Grades noch Arbeitsunfähigkeit als Unfallfolge bestünden oder bestanden hätten. Denn nach den vom LSG herangezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ergibt sich, daß die Klägerin auch von dem genannten Datum ab ärztliche Leistungen wegen unfallbedingter Beschwerden erhalten hat. Im übrigen läßt das angefochtene Urteil erkennen, daß es alle ab diesem Datum durch die Beklagte zu erbringenden Leistungen erfaßt, die durch die unfallbedingten Beschwerden der Klägerin notwendig geworden sind oder werden.
Die Beschwerden sowohl der Klägerin als auch der Beklagten waren daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen