Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 29.09.2022; Aktenzeichen S 15 KR 277/22) |
Tenor
Das Sozialgericht Speyer wird zum zuständigen Gericht bestimmt.
Gründe
I
Die Kläger begehren als Miterben ihrer Mutter die Gewährung höheren Krankengelds von der Beklagten. Der Kläger wohnt in M, die Klägerin im Zuständigkeitsbereich des SG Speyer. Zu diesem Gericht haben die Kläger gemeinsam Klage erhoben und angeregt, die Akten des dort zuvor geführten Untätigkeitsklageverfahrens beizuziehen. Dem ist das SG gefolgt und hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass wegen der in verschiedenen Ländern gelegenen Wohnorte der Kläger nur das BSG über die örtliche Zuständigkeit für das Klageverfahren entscheiden könne. Daraufhin hat die Klägerin mitgeteilt, sie stimme dem von ihrem Bruder "gewählten Gerichtsstand beim SG Speyer" zu. Die Beklagte hat sich nicht geäußert. Sodann hat das SG Speyer das BSG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit angerufen (Beschluss vom 29.9.2022).
II
Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht liegen vor, weil eine gemeinsame örtliche Zuständigkeit weder nach den §§ 57 bis 57b SGG noch nach einer anderen gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmung gegeben ist (§ 58 Abs 1 Nr 5 SGG). Das BSG ist als nächsthöheres gemeinschaftlich übergeordnetes Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§ 58 Abs 2 SGG), weil für die Kläger Sozialgerichte verschiedener Landessozialgerichtsbezirke zuständig sind. Für den Kläger ist das SG Mannheim örtlich zuständig, für die Klägerin das SG Speyer (§ 57 Abs 1 Satz 1 SGG).
Bei den als Miterben klagenden Klägern ist eine notwendige Streitgenossenschaft iS von § 74 SGG, § 62 Abs 1 ZPO jedenfalls nicht ausgeschlossen. Dies rechtfertigt - wie der Senat bereits entschieden hat (BSG vom 15.2.2021 - B 11 SF 1/21 S - mit Hinweis auf BSG vom 22.11.2016 - B 4 SF 37/16 S - juris RdNr 3; BSG vom 30.3.2004 - B 7 SF 36/03 S - SozR 4-1500 § 58 Nr 2 RdNr 5 f) - die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands der notwendigen Streitgenossenschaft.
Zum zuständigen Gericht ist das SG Speyer zu bestimmen. Zwar spricht in einer solchen Situation nach den für die Entscheidung maßgebenden Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten (dazu zuletzt BSG vom 7.3.2022 - B 11 SF 1/22 S) zunächst nicht mehr für die Zuständigkeit des SG am Wohnort des einen oder des anderen Klägers. Erheben die Kläger aber gemeinsam Klage zu einem der für sie zuständigen Gerichte, ist dieser "Auswahl" bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts grundsätzlich Rechnung zu tragen (ebenso schon LSG Niedersachsen vom 2.12.1999 - L 4 KR 199/99 - juris RdNr 11; vgl auch BGH vom 11.7.1991 - I ARZ 447/91 - NJW 1991, 2910 zu § 797 Abs 5 ZPO). Denn der Grundsatz der Zuständigkeit des ortsnahen SG (§ 57 Abs 1 Satz 1 SGG) soll den Klägern die gerichtliche Verfolgung ihrer Sozialleistungsansprüche erleichtern (zu diesem Argument schon BSG vom 1.8.1958 - 1 S 3/58 - SozR Nr 8 zu § 70 SGG = NJW 1958, 1560). Zudem überlässt § 57 Abs 1 Satz 1 SGG dem Kläger auch die Wahl zwischen zwei zuständigen Gerichten, wenn für seinen Wohnort ein anderes SG örtlich zuständig ist als für seinen Beschäftigungsort (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 57 RdNr 7a f, auch zur Ausübung der Wahlentscheidung durch Klageerhebung bei einem der Gerichte). Im vorliegenden Fall kommt noch der Umstand hinzu, dass beim SG Speyer bereits ein in sachlichem Zusammenhang stehendes Klageverfahren geführt wurde, was Synergieeffekte möglich erscheinen lässt.
Meßling |
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Burkiczak |
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B. Schmidt |
Fundstellen
Dokument-Index HI15523849 |