Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 17.11.2016; Aktenzeichen L 7 R 3102/15)

SG Konstanz (Entscheidung vom 24.06.2015; Aktenzeichen S 1 R 293/15)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Im Streit steht eine höhere Altersrente für die Klägerin unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Erziehung ihres Sohnes D..

Der benannte Sohn der Klägerin ist nach ihrem Vorbringen im März 1976 in der Schweiz geboren. Im November 1977 ist die Klägerin mit ihm nach Baden-Württemberg umgezogen. Seitdem lebt sie in Deutschland und hat ihren Sohn dort erzogen. Die Beklagte hat die Gewährung einer "Mütterrente" abgelehnt. Im Widerspruchsverfahren gegen diese Entscheidung ist die Klägerin ebenso wie vor dem SG (Urteil vom 24.6.2015) und dem LSG ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 17.11.2016).

Das LSG hat die Revision in seiner Entscheidung nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde an das BSG und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn die Klägerin bezeichnet die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.

Diesen Anforderungen wird die Klägerin nicht gerecht. Sie formuliert bereits keine abstrakte Rechtsfrage, die noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und im Revisionsverfahren einer grundsätzlichen Klärung zugeführt werden könnte und müsste.

Sie legt auch im Übrigen keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf dar. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8, S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).

Auch insoweit mangelt es jedoch an Ausführungen der Klägerin. Sie legt im Wesentlichen an Hand der von ihr zitierten Begründungen von Gesetzentwürfen in Bundestagsdrucksachen dar, warum das LSG in der angefochtenen Entscheidung zu - aus ihrer Sicht - unzutreffenden Ergebnissen gekommen sei. Aus den gesamten zitierten Dokumenten ergebe sich nicht - so die Klägerin -, dass für eine Mutter, die ihr im Ausland geborenes Kind, das sie die erste Zeit im Ausland erzogen habe, etwas anderes gelten solle als für jemanden, der sein Kind in der Bundesrepublik Deutschland geboren und dauerhaft aufgezogen habe. Es sei insoweit rechtsfehlerhaft, ihr den Anspruch zu verwehren.

Soweit ihre Ausführungen dahingehend zu verstehen sein sollen, dass sie es für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, unter welchen Voraussetzungen eine Mutter, die sich in ihrer Lage befindet, also das Kind im Ausland geboren und nach mehr als einem Jahr Lebenszeit des Kindes die Erziehung in Deutschland fortsetzt, Anspruch auf die begehrte höhere Rente hat, benennt sie zwar Rechtsprechung des BSG, legt jedoch auch insoweit keinen weiteren rechtlichen Klärungsbedarf dar. Sie rügt an dieser Stelle zunächst die unterlassene Amtsermittlung des LSG dazu, ob die schweizerischen Rechtsvorschriften Regelungen zur Kindererziehung enthielten. Darüber hinaus überträgt sie die vom BSG ihrer Ansicht nach entwickelte rechtliche Wertung in der Entscheidung vom 11.5.2011 (B 5 R 22/10 R) zur Gleichstellung einer Kindererziehung im Ausland (dort: Niederlande) mit einer Inlandserziehung auf ihren Fall und meint, dass in diesem kein anderes Ergebnis hätte gefunden werden können. Damit gibt sie bereits eine Antwort auf das wohl von ihr erkannte Rechtsproblem unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und wirft keine von dieser noch nicht beantwortete Rechtsfrage auf. Sie rügt insoweit lediglich die unzutreffende Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall. Hierauf kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision jedoch nicht gestützt werden (stRspr, zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).

Unabhängig davon legt sie auch die Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit der Beantwortung der Rechtsfrage für den Ausgang des Rechtsstreits nicht dar. Ob eine Rechtsfrage klärungsfähig ist, kann generell nur auf der Grundlage bereits getroffener Feststellungen des LSG beantwortet werden. In der Beschwerdebegründung mangelt es jedoch an Ausführungen hierzu. Die Klägerin setzt sich insoweit nur rudimentär damit auseinander, dass das LSG als ein dem materiell-rechtlichen Anspruch entgegenstehendes sozialverwaltungsverfahrensrechtliches Problem die Bestandskraft ablehnender Bescheide in ihrer Sache angeführt hat. An Darlegungen dazu, ob die konkrete Beantwortung der aufgeworfenen Frage im Sinne der Klägerin schlussendlich gleichwohl zu einem ihr günstigeren Verfahrensergebnis führen könnte, fehlt es völlig. Die bloße Behauptung der Klärungsfähigkeit verfehlt die Begründungsanforderungen.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11520213

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