Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Beitragspflicht von Einkünften aus dem Betrieb einer Windkraftanlage in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV).
Der 1939 geborene Kläger ist als Bezieher einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte versicherungspflichtig in der GKV und in der sPV. Er war bis 2005 als Landwirt tätig. Neben seiner Rente erzielt er Einnahmen aus Verpachtung. Der Kläger ist Kommanditist einer GmbH & Co. KG. Deren Gegenstand ist die Errichtung, Unterhaltung und der Betrieb von Windkraftanlagen. Der Kläger ist ua an Gewinn und Verlust beteiligt und verfügt über Stimmrechte. Ein vom Kläger vorgelegter Einkommensteuerbescheid vom 10.9.2012 weist ua Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 60 508 Euro aus. Durch Bescheid vom 1.11.2012 stellte die beklagte Krankenkasse fest, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beitragspflichtig seien und forderte für die Zeit von 2010 bis 31.10.2012 Beiträge in Höhe von 18 085,88 Euro nach. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos. Im Klageverfahren hob die Beklagte im Wege eines vom Kläger angenommenen Teil-Anerkenntnisses den Bescheid hinsichtlich der Zeit bis 30.9.2012 auf, weil der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erst am 10.9.2012 erlassen worden sei. Das SG hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei wegen seiner Beteiligung an der GmbH & Co. KG und der Regelungen im Gesellschaftsvertrag Mitunternehmer (Urteil vom 26.2.2014). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 29.6.2016).
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.6.2016 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 28.9.2016 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und macht das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend.
1. Der Kläger legt den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger wirft auf Seite 3 der Beschwerdebegründung folgende Fragen auf:
"1) ob Einkünfte aus der Beteiligung an einem Gewerbe, hier konkret aus der Beteiligung an einer Windenergiekraftanlage als Einkommen aus Gewinn und damit als Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit mit der Folge zu bewerten sind, dass die zugewiesenen Gewinnanteile Grundlage für die Berechnung der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und/oder Pflegeversicherung einzuordnen sind?,
2) wird die Frage 1) bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob dies mit Blick auf Art. 3 I GG auch dann gilt, wenn der Kläger als in der GKV versicherter Rentner sich nicht an der Windkraftanlage beteiligt hätte, sondern eine Eigentumswohnung erworben hätte, die er vermietet hätte mit der weiteren Folge, dass diese Mieteinnahmen bei der Bemessung der GKV-Pflichtbeiträge unstreitig nicht berücksichtigt worden wären? und
3) wenn Frage 1) bejaht wird, wie ist der nachstehend bezeichnete Umstand dann mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG und § 1 AGG zu bewerten, wenn man als Vergleichsmaßstab einen pflichtversicherten Arbeitnehmer betrachtet, der sich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt und Gewinne daraus zieht, wobei diese Gewinne - unstreitig - nach der aktuellen Gesetzeslage bei der Berechnung der Pflichtbeiträge nicht berücksichtigt werden?"
"Soweit ersichtlich" gebe es keine abschließenden Entscheidungen des BSG zu diesen Fragen. Die Antwort auf die Fragen ergebe sich für ihn auch aus dem Gesetz nicht zweifelsfrei. Insbesondere mit Blick auf Art 3 Abs 1 GG und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bestünden erhebliche Zweifel, ob die Heranziehung seiner Einkünfte aus der Beteiligung an der Windkraftanlage bei der Ermittlung der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und/oder Pflegeversicherung rechtmäßig sei: Im Vergleich zu den Einkünften aus § 22 Einkommensteuergesetz erfolge eine Schlechterstellung, für deren Berechtigung er bislang keinen Grund sehe. Auch nach der Reform und Änderung des § 15 SGB IV habe der Gesetzgeber nicht immer und auch nicht automatisch einen völligen Gleichklang zwischen Steuerrecht auf der einen und Sozialversicherungsrecht auf der anderen Seite herbeigeführt oder habe dies gewollt. Seine Beteiligung an der KG sei vergleichbar mit der Einlage eines Sparguthabens. Die Einnahme von Zinsen aus einem Sparbuch oder Einnahmen von Mieten aus einem Mietobjekt würden in der rechtsprechenden Literatur als "müheloses Einkommen" diskutiert, was nicht von § 15 SGB IV als Arbeitseinkommen erfasst würde. Seine Beteiligung sei keine selbstständige Tätigkeit, weil es dabei nicht um die Verwertung und den Einsatz von Arbeitskraft gehe. Da bei einem Arbeitnehmer keine Beitragspflicht bestehe, sei "eine deutliche Diskriminierung" aufgrund seines Alters nach § 1 AGG gegeben.
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Entgegen diesen Voraussetzungen formuliert der Kläger lediglich Fragen nach der Subsumtion des konkreten Einzelfalls, was in Formulierungen wie "hier konkret" oder "wenn der Kläger als in der GKV versicherter Rentner sich nicht an der Windkraftanlage beteiligt hätte, sondern" deutlich wird.
b) Auch die notwendige Klärungsbedürftigkeit wird vom Kläger nicht hinreichend dargelegt. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des Grundgesetzes zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - Juris RdNr 5 mwN). Wird in der Beschwerde speziell eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzeigen, woraus sich im konkreten Fall eine verfassungswidrige Gleich- bzw Ungleichbehandlung ergeben soll (vgl zB BSG Beschluss vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - Juris RdNr 7 mwN). Dazu muss die Beschwerdebegründung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere darlegen, worin die für eine Gleich- bzw Ungleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale bestehen sollen (vgl BVerfG ≪Dreier-Ausschuss≫ Beschluss vom 8.6.1982 - 2 BvR 1037/81 - SozR 1500 § 160a Nr 45). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Zwar identifiziert der Kläger § 15 Abs 1 SGB IV als entscheidende Norm. Er weist zu Recht auch auf Unterschiede hinsichtlich der Berücksichtigung des Arbeitseinkommens bei der Beitragsberechnung von Rentenbeziehern (§ 237 S 1 Nr 3 SGB V, § 57 Abs 1 S 1 SGB XI: Arbeitseinkommen) und Beschäftigten (§ 226 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB V, § 57 Abs 1 S 1 SGB XI: Arbeitseinkommen, "soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird") hin. Er geht jedoch überhaupt nicht der naheliegenden Frage nach, inwieweit diese Unterschiede wegen der Unterschiedlichkeit der Versicherungspflichtverhältnisse (Beschäftigter/Rentenbezieher) begründet sein können (vgl hierzu ausführlich Peters in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung 12/2016, SGB V, § 226 RdNr 18: Entwicklung der Krankenversicherung der Rentner, Einführung einer eigenen Beitragspflicht für die kraft Rentenbezuges versicherungspflichtigen Rentner; vgl ferner auch BVerfG Beschluss vom 6.12.1988 - 2 BvL 18/84 - BVerfGE 79, 223 = SozR 2200 § 180 Nr 46; BSG Urteil vom 18.12.1984 - 12 RK 11/84 - BSGE 58, 1 = SozR 2200 § 180 Nr 23; BSG Urteil vom 10.9.1987 - 12 RK 49/83 - BSGE 62, 136 = SozR 2200 § 180 Nr 37; BSG Urteil vom 13.9.2006 - B 12 KR 5/06 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 4). Soweit der Kläger ergänzend auf andere Einnahmen verweist, etwa Mieteinnahmen, setzt er sich nicht mit der Frage auseinander, inwieweit eine unterschiedliche Behandlung solcher Einnahmen aus Kapital im Verhältnis zu seinen Einkünften als Kommanditist einer GmbH & Co. KG sachlich gerechtfertigt sein kann.
c) Soweit der Kläger vorträgt, es liege ein Verstoß gegen § 1 AGG vor, legt die Beschwerdebegründung bereits nicht hinreichend dar, inwieweit es sich um eine Ungleichbehandlung aufgrund Alters oder aufgrund unterschiedlicher Versicherungspflichtverhältnisse (Beschäftigter/Rentenbezieher) handelt. Auch die Klärungsbedürftigkeit der gestellten Fragen legt der Kläger nicht dar. Schließlich macht er Kläger insoweit im Kern lediglich eine vermeintliche inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend. Hierauf kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
2. Einen Verfahrensmangel zeigt der Kläger nicht in zulässiger Weise auf. Ohne nähere Begründung rügt er "einen Verfahrensmangel in Form der Nichtbeachtung des Artikel 3 Abs. 1 GG". Hierdurch zeigt der Kläger aber keinen Verfahrensmangel auf, sondern behauptet lediglich wiederum die inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10807104 |