Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung. Rechtsfrage. Klärungsbedürftigkeit. Klärungsfähigkeit. Höchstrichterliche Entscheidungen. Pflegekraft. Stationäre Einrichtung. Krankenhaus. Pflegeheim. Selbständige Tätigkeit. Abhängige Beschäftigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist.

2. Eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden ist, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben.

3. Die Frage, ob die Tätigkeit einer Pflegekraft in einer stationären Einrichtung, wie in einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim als Selbständiger möglich oder stets von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV auszugehen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, §§ 162, 169; SGB IV § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.11.2016; Aktenzeichen L 5 R 4732/15)

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 22.09.2015; Aktenzeichen S 7 R 3586/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin vom 1. bis zum 7.8., 10. bis zum 16.8. sowie 22. bis zum 29.8.2012 ausgeübten Tätigkeit als Krankenpfleger im Bereich der Intensivpflege/IMC (Intermediate Care) aufgrund einer Beschäftigung der vom beklagten Rentenversicherungsträger festgestellten Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (Bescheid vom 18.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.9.2013) unterlag. Die hiergegen erhobene Klage hat das SG Karlsruhe abgewiesen (Urteil vom 22.9.2015). Die Berufung hat das LSG Baden-Württemberg zurückgewiesen (Urteil vom 23.11.2016). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Beigeladene zu 1. mit seiner Beschwerde vom 12.1.2017.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Der Beigeladene zu 1. hat entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Beigeladene zu 1. misst der Frage, ob

"die Tätigkeit einer Pflegekraft in einer stationären Einrichtung, wie in einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim als Selbständiger möglich oder … stets von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV auszugehen" ist,

eine grundsätzliche Bedeutung bei.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht erfüllt, weil der Beigeladene zu 1. nicht hinreichend bestimmt eine aus sich heraus verständliche, abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Jedenfalls ist versäumt worden, die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage aufzuzeigen.

Eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden ist, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Der Beigeladene zu 1. setzt sich aber mit der vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Beurteilung einer Tätigkeit als Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV oder selbstständige Tätigkeit (vgl ua BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 5/14 R - Juris RdNr 33 f; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 f) nicht auseinander. Er greift in seiner Beschwerdebegründung diese Rechtsprechung auf, ohne darzulegen, weshalb gleichwohl noch keine einschlägige Entscheidung vorliegen oder durch schon vorliegende Rechtsprechung die für klärungsbedürftig erachtete Frage nicht oder nicht umfassend beantwortet sein soll (vgl BSG Beschluss vom 19.4.2012 - B 2 U 348/11 B - Juris RdNr 29). Stattdessen hat sich der Beigeladene zu 1. auf den Hinweis beschränkt, die "Frage, ob im stationären Bereich der Pflege, wie Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen eine selbständige Tätigkeit möglich" sei, habe das BSG noch nicht entschieden. Mit der Behauptung, das BSG habe eine Rechtsfrage in Bezug auf eine bestimmte Berufsgruppe noch nicht entschieden, kann eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt werden (BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 12 KR 93/12 B - Juris RdNr 16 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11141428

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