Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Ausschluß der Rüge der Verletzung des § 109 SGG
Orientierungssatz
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, kann ein geltend gemachter Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG gestützt werden. Dem steht nicht entgegen, daß der Antrag nach § 109 SGG nur hilfsweise gestellt, in erster Linie also ein Gutachten von Amts wegen beantragt worden ist, denn der Ausschluß des § 109 SGG gilt nach dem Gesetz uneingeschränkt (vgl BSG vom 31.1.1979 - 11 BA 129/78 = SozR 1500 § 160 Nr 34).
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 109
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 28.09.1989; Aktenzeichen L 4 Kr 22/86) |
Gründe
Streitig ist die Gewährung von Krankengeld vom 1. Januar 1979 bis 30. Juni 1980 und vom 1. Januar bis 29. Juli 1982. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat aufgrund einer Beweisaufnahme durch Sachverständige das Vorliegen einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit des als kaufmännischer Angestellter im Innendienst tätig gewesenen Klägers verneint. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 28. September 1989 hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die er auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nämlich einer Verletzung des § 103 SGG mit der Begründung stützt, das LSG sei seinem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Die Beklagte und die Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Der Kläger bezieht sich auf seine - nach dem Gerichtsgutachten vom 18. September 1987 (Dr. R. ) und vom 31. August/21. September 1988 (Dr. P. ) sowie nach dem gemäß § 109 SGG von Dr. R. erstatteten zweiten Gutachten erfolgten Beweisanträge vom 16. März 1989 und vom 28. September 1989.
Auf den schriftlichen Beweisantrag vom 16. März 1989 (LSG-Akten Blatt 243 f) hat der vom Kläger vorgeschlagene und vom Gericht nach § 109 SGG ernannte Sachverständige, Prof. Dr. K. , die Erstattung des Gutachtens abgelehnt (vgl LSG-Akten Blatt 247, 252 f, 260, 262, 265 f). Nach dem Schriftsatz des Klägers vom 29. Juni 1989 (LSG-Akten Blatt 265 f) mit dem Hinweis, einen anderen Sachverständigen "für ein Gutachten nach § 109 SGG" benennen zu wollen, ist bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. September 1989 keine weitere Benennung erfolgt. In diesem Termin hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers einen erneuten Beweisantrag gestellt. Auf Blatt 2 des Protokolls (LSG-Akten Blatt 287) heißt es dazu:
"Er beantragt ferner die Einholung eines Gutachtens
von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG,
von Prof. Dr. K. oder eines noch zu benennenden
Sachverständigen sowie eines Facharztes
für Neurologie und eines Facharztes für Augenheilkunde,
die, soweit § 109 SGG in Frage steht, ebenfalls
zu benennen wären."
Wie sich aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt, hatte der Prozeßbevollmächtigte (unter Hinweis auf einen Schriftwechsel des Klägers mit Prof. Dr. K. ) gebeten, bis zum 31. Oktober 1989 Gelegenheit zur Mitteilung zu geben, ob Prof. Dr. K. oder ein anderer Gutachter zur Anfertigung eines Gutachtens bereit ist. Auf Seite 11 seines Urteils hat das LSG gemäß § 109 Abs 2 SGG die Ablehnung des Beweisantrages begründet.
Aus all dem ergibt sich, daß es sich bei dem Beweisantrag, dessen Ablehnung der Kläger als Verfahrensmangel geltend macht, um einen solchen nach § 109 SGG gehandelt hat. Wie sich aus § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ergibt, kann der geltend gemachte Verfahrensmangel aber nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG gestützt werden. Dem steht nicht entgegen, daß der Antrag nach § 109 SGG hier nur hilfsweise gestellt, in erster Linie also ein Gutachten von Amts wegen beantragt worden war. Der Ausschluß des § 109 SGG von den Verfahrensmängeln, die nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht werden können, gilt nach dem Gesetz uneingeschränkt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 34), also auch für den hier vorliegenden Fall mit der Folge, daß eine Verletzung des § 103 SGG nicht deshalb geltend gemacht werden kann, weil das Gericht den Hauptantrag gegenüber dem nach § 109 SGG gestellten Hilfsantrag abgelehnt hat. Denn wäre es anders, so könnte damit jeder - spätere - Ausschluß des auf § 109 SGG gestützten Verfahrensmangels durch die Formulierung als bloßen Hilfsantrag - oder durch ein gleichrangiges Nebeneinanderstellen von auf dasselbe Beweisthema gerichteten Anträgen - umgangen werden. Für diesen Ausschluß kann es demnach nur entscheidend sein, ob das Beweisthema des nach § 109 SGG gestellten Antrages mit dem Beweisthema eines sonst gestellten Antrages (auf Vernehmung eines Sachverständigen) identisch ist. Das ist hier aber der Fall.
Der Kläger ist daher mit dem auf die §§ 160 Abs 2 Nr 3, 103 SGG gestützten Vorbringen, das LSG sei seinem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, wegen der Identität dieses Vorbringens mit einer Verfahrensrüge nach § 109 SGG ausgeschlossen. Was er im übrigen vorbringt, ist eine bloße Schelte der Beweiswürdigung, deren Geltendmachung als Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, der neben § 109 auch § 128 Abs 1 Satz 1 (- freie richterliche Überzeugung -) aufführt, ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Ist demnach die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig anzusehen, so war auch der Antrag auf Prozeßkostenhilfe - mangels Erfolgsaussicht - abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen