Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.09.1999) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 1999 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Anschluß-Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 30. September bis 22. Dezember 1996 mit der Begründung ab, es fehle an Bedürftigkeit: Die Verwertung einer zum 1. März 2000 fällig werdenden Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von 18.431,20 DM sei zumutbar; die abzüglich des Freibetrages von 8.000,– DM verbleibenden 10.431,20 DM könnten nach Maßgabe des bisher dem Arbeitslosengeld zugrunde liegenden Arbeitsentgelts von 830,– DM wöchentlich den Lebensunterhalt bis zum 22. Dezember 1996 decken. Das Sozialgericht gab der Klage statt. Es hielt die Verwertung der Lebensversicherung nicht für zumutbar, weil das Kapital für die Berufsausbildung des am 2. Februar 1982 geborenen Sohnes D. … vorgesehen sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) dagegen die Klage abgewiesen. Das LSG räumt ein, daß die Lebensversicherung der Berufsausbildung des Sohnes habe dienen sollen. Im September 1996 sei die Lebensversicherung jedoch nicht iS des § 6 Abs 3 Nr 3 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO) zur alsbaldigen Berufsausbildung bestimmt gewesen, weil D. … damals erst 14 Jahre alt gewesen und der Zeitpunkt der Bezugsberechtigung noch etwa vier Jahre entfernt gewesen sei. Es könne offenbleiben, ob eine Berufsausbildung „alsbaldig” nicht sei, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres beginne, wie die Beklagte annehme, und welche zeitlichen und inhaltlichen Konkretisierungen erforderlich seien. Jedenfalls sei ein Abstand zwischen dem Antrag auf Alhi und einer beabsichtigten Berufsausbildung von etwa vier Jahren eindeutig zu lang.
Die Revision hat das LSG nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es sei klärungsbedürftig, was unter einer alsbaldigen Berufsausbildung zu verstehen sei. Das LSG berufe sich auf eine Entscheidung des LSG Bremen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe 1979 klargestellt, was unter alsbaldigem Erwerb eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung zu verstehen sei. Zu § 6 Abs 3 Nr 3 Alhi-VO liege jedoch keine Entscheidung vor. Klärungsbedürftig sei insbesondere, ob in Fällen, in welchem ein Zeitraum bis zu vier Jahren im Streit stehe, die jeweiligen konkreten Umstände zu berücksichtigen seien oder ob dieser Zeitraum generell geeignet sei, nicht mehr von einer alsbaldigen Berufsausbildung zu sprechen. Gegebenenfalls sei klarzustellen, welche objektiven und subjektiven Bewertungskriterien und ob eine Zwischenausbildung den Zeitfaktor bestimmten.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, auf den die Beschwerde ausschließlich gestützt wird, ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht nur auszuführen, welche Rechtsfrage sich stellt, sondern auch aufzuzeigen, daß die Beantwortung der Frage nach den anwendbaren Rechtsvorschriften, Rechtsprechung und Lehre zweifelhaft ist, ihre Klärung im allgemeinen Interesse zur Wahrung der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich erscheint und das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 59 und 60; SozR 3-1500 § 160 Nr 8; BVerwG NJW 1999, 304). Diesen Anforderungen ist hier nicht genügt.
Dem Kläger ist einzuräumen, daß zum Begriff des Vermögens, dessen Verwertung nach § 6 Abs 3 Nr 3 Alhi-VO unzumutbar ist, weil es zur alsbaldigen Berufsausbildung bestimmt ist, Entscheidungen des BSG nicht vorliegen. Ein solcher Umstand allein begründet die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache jedoch nicht; denn klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn ihre zutreffende Beantwortung zweifelhaft ist, nicht wenn die Antwort auf der Hand liegt, zB sich schon aus dem Wortlaut der anwendbaren Vorschrift ergibt (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).
Im Hinblick auf den Sachverhalt, über den im Revisionsverfahren zu entscheiden wäre, käme eine Zulassung der Revision nur in Betracht, wenn zweifelhaft wäre, daß eine Berufsausbildung, die erst in vier Jahren beginnen kann, noch als „alsbaldig” iS des § 6 Abs 3 Nr 3 Alhi-VO angesehen werden kann. Daß dies der Fall ist, hat die Beschwerde nicht aufgezeigt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergeben sich insoweit keine Zweifel. Denn unter „alsbaldig” versteht man umgehend (Duden, Großes Wörterbuch der deutschen Sprache, 2. Aufl 1993, Stichwort: „alsbaldig”) oder baldig, sofortig iS von bald, in kurzer Zeit eintretend (vgl Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1980, Stichworte: „alsbaldig” und „baldig”). Alsbaldig wird auch als Steigerung von baldig begriffen (vgl BT-Drucks 11/391 S 1 zu § 88 Abs 2 Nr 2 BSHG). Nach dem Sprachgebrauch kann daher „alsbaldig” ein Ereignis nicht sein, das erst in mehreren Jahren eintreten wird. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, daß im Schrifttum eine andere Auffassung vertreten wird. Letzteres ist im übrigen nicht der Fall; insbesondere zu § 6 Abs 3 Nr 3 Alhi-VO wird angenommen, daß die Praxis der Beklagten, die einen Beginn der Berufsausbildung innerhalb eines Jahres ausreichen läßt, eher großzügig und nicht zu beanstanden sei (Gagel, AFG, § 137 RdNrn 174 und 183; vgl Ambs ua, GK-AFG, § 137 RdZiff 55; Wissing/Pitschas/Eicher, SGB III, § 193 RdZiffn 37 und 39; vgl auch Schellhorn, Empfehlungen für den Einsatz des Vermögens in der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe nebst Erläuterungen, Frankfurt 1971, S 14, 58 f; VGH Baden-Württemberg FEVS 27, 422, 424).
Da die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist die Beschwerde entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen