Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 05.10.2016; Aktenzeichen L 12 R 756/13) |
SG Berlin (Entscheidung vom 23.08.2013; Aktenzeichen S 188 R 2674/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Oktober 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 5.10.2016 hat das LSG Berlin-Brandenburg die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 23.8.2013 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger misst folgender Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei:
"Ist der Anspruch auf Nachversicherung gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Zahlung eines Entgelts abhängig oder besteht dieser auch bei der dauerhaften Beurlaubung eines Beamten ohne Dienstbezüge?"
Er hat es jedoch versäumt, deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit schlüssig aufzuzeigen.
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Hieran fehlt es. Der Kläger weist zunächst selbst darauf hin, dass nach § 8 Abs 1 S 1 Nr 1, Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI ua Personen, die als Beamte auf Zeit versicherungsfrei waren, nachversichert werden, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 2) nicht gegeben sind. Ferner weist die Beschwerdebegründung sinngemäß auch darauf hin, dass für die Frage, ob Versicherungsfreiheit besteht, § 5 SGB VI herangezogen werden müsse. Sie geht dann jedoch nicht auf das Urteil des Senats vom 14.8.2008 (B 5 R 39/07 R - SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 23, 24) ein, in dem zur Frage der Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI ausgeführt wird: "Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 1 SGB VI ≪setzt≫ das Vorliegen einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus … und ist damit nicht (nur) statusbezogen, sondern (auch) beschäftigungsbezogen zu betrachten …. Liegt eine Beschäftigung nicht vor, kann auch Versicherungsfreiheit nicht eintreten. … ≪A≫llein aus dem Beamtenstatus einer an sich in ihrer Beschäftigung versicherungspflichtigen Person ≪resultiert≫ noch nicht Versicherungsfreiheit …, wenn diese Person nicht beschäftigt, sondern ohne Dienstbezüge beurlaubt ist. … ≪I≫n § 5 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ≪wird≫ ausdrücklich auf das Vorliegen einer Beschäftigung Bezug genommen. Versicherungsfreiheit setzt … nach dem SGB VI gedanklich voraus, dass eine an sich versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wird. Wird eine entgeltliche Beschäftigung nicht ausgeübt, bedarf es keiner eigenen Anordnung der Versicherungsfreiheit." Dass sich aus dieser Entscheidung noch nicht einmal Anhaltspunkte zur Beantwortung der vom Kläger als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage ergeben, legt die Beschwerdebegründung nicht dar.
Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinn hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3 mwN).
Ob eine Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist, kann generell nur auf der Grundlage bereits getroffener Feststellungen beantwortet werden. Dagegen kann die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (BSG Beschluss vom 10.11.2008 - B 12 R 14/08 B - Juris mwN).
Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich nur dann tragend, wenn das Berufungsgericht alle erforderlichen tatsächlichen Umstände festgestellt hat, um das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen bejahen zu können. Dies hat der Kläger nicht dargetan. Welchen Sachverhalt das LSG festgestellt hat, teilt die Beschwerdebegründung nicht mit. Soweit diese Tatsachen wiedergibt, lässt sich ihr nicht entnehmen, ob es sich hierbei um Feststellungen des Berufungsgerichts handelt. Dass der Kläger selbst davon ausgeht, alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu erfüllen, ist unerheblich.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10970254 |