Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 31.08.2017; Aktenzeichen L 20 AS 283/17) |
SG Berlin (Entscheidung vom 16.01.2017; Aktenzeichen S 114 AS 14727/13) |
Tenor
Die Anträge der Kläger, ihnen zur Durchführung der Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. August 2017 - L 20 AS 283/17 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F., B., beizuordnen, werden abgelehnt.
Gründe
Den Klägern kann - ungeachtet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - PKH nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die angestrebten Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil des LSG erfolgreich zu begründen. Eine Erfolgsaussicht würde nur bestehen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Ein solcher Zulassungsgrund ist bei der im PKH-Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger und des Akteninhalts nicht erkennbar. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Beschwerde nach § 160 SGG nicht zulässig.
Die Kläger selbst begründen ihre Anträge damit, dass wegen Abwesenheit eines Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ein Versäumnisurteil hätte ergehen müssen, das in vollem Umfang die begehrten Leistungen nach dem SGB II - unter anderem einen "Regelsatz" von 540 Euro für jeden Kläger - hätte gewähren müssen. Auch sei die mündliche Verhandlung von der Berichterstatterin M. nicht vorbereitet worden, der Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt (Verstoß gegen § 106 SGG und die Amtsermittlungspflicht). Der aus diesem Grunde gestellte Befangenheitsantrag gegen die Richterin sei unzulässig unter deren Mitwirkung verworfen worden, ebenso ein gegen das Vorgehen des Gerichts gerichteter Protokollberichtigungsantrag. Schließlich sei unter dem Deckmantel der Amtsermittlungspflicht auch gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen worden.
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Es ist nicht erkennbar, dass eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65), zumal das LSG nicht in der Sache entschieden hat, sondern lediglich den Erlass eines Versäumnisurteils als im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zulässig abgelehnt und im Übrigen die Berufungen der Kläger wegen bereits unzulässiger Klagen zurückgewiesen hat.
Ebenso wenig sind Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) gegeben. Es ist nicht erkennbar, dass das LSG in seinem Urteil einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat.
Es liegen auch keine Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) vor, auf denen das Urteil des LSG beruhen kann und die in zulässiger Weise geltend gemacht werden könnten.
Die behauptete mangelnde Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hätte sich allenfalls in einem Verstoß gegen Aufklärungs- und Hinweispflichten äußern können, wofür aber keine Anhaltspunkte bestehen. Im Übrigen sind diese Pflichten ein Ausfluss aus dem Untersuchungsgrundsatz (§ 103 SGG; vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl 2017, § 106 RdNr 1a), auf dessen Verletzung eine Nichtzulassungsbeschwerde aber nur gestützt werden könnte, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Hierfür bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Auch ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters durch Beteiligung der von den Klägern wegen Befangenheit abgelehnten Richterin M., weil diese die mündliche Verhandlung nicht ausreichend vorbereitet habe, greift nicht durch. Es ist nicht ersichtlich, dass das LSG die Grenzen einer zulässigen Selbstentscheidung über das Ablehnungsgesuch und anschließender Mitwirkung des abgelehnten Richters, die sich aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ergeben, überschritten hat (vgl zu diesen Vorgaben letztens zB BVerfG ≪Kammer≫ vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14 - juris RdNr 15 ff; BSG vom 9.4.2014 - B 14 AS 363/13 B - juris; BSG vom 16.12.2015 - B 14 AS 191/15 B - juris). Das LSG war deshalb nicht gehindert, über die Berufungen und sonstigen Anträge der Kläger unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin zu entscheiden.
Auch "Protokollrügen" können vorliegend keinen Verfahrensmangel begründen. Das LSG hatte in einem gesonderten Beschluss (vom 12.10.2017 - L 20 AS 283/17) den Protokollberichtigungsantrag der Kläger abgelehnt, weil sich aus deren eigenem Vorbringen keine Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten iS des § 164 Abs 1 ZPO ergäben. Dass diese Begründung unzutreffend sein könnte, ist den Akten nicht zu entnehmen. Unrichtig ist ein Protokoll nur, wenn sein Inhalt nicht dem entspricht, was tatsächlich in der mündlichen Verhandlung vorgegangen ist, nicht aber bei fehlender Wiedergabe eines Vorgangs oder einer Äußerung im Protokoll (s Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 164 RdNr 2). Die gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung gerichteten Beschwerden der Kläger sind im Übrigen Gegenstand des Verfahrens B 14 AS 218/17 S geworden und vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 2.11.2017 als unzulässig verworfen worden.
Soweit die Kläger eine mangelnde Sachaufklärung und damit eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) geltend machen, sind weder Tatsachen genannt noch aus den Akten ersichtlich, aus denen sich ergibt, dass das LSG sich nach seiner Rechtsauffassung zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt sehen müssen (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5). Im Übrigen sind die Kläger selbst davon ausgegangen, dass von Amts wegen ermittelt wurde, denn sie haben weiterhin gerügt, unter "dem Deckmantel der Amtsermittlungspflicht" habe eine Aufhebung der Gewaltenteilung stattgefunden. Auch in diesem Zusammenhang ergeben sich allerdings keinerlei Hinweise auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels.
Da die Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH haben, sind auch ihre Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI11864756 |