Verfahrensgang
SG Hamburg (Entscheidung vom 15.09.2022; Aktenzeichen S 44 AL 222/20) |
LSG Hamburg (Urteil vom 17.04.2024; Aktenzeichen L 2 AL 38/22) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 17. April 2024 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) und des Verfahrensmangels(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist daher aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag mithin die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat(BSG vom 28.2.2022 - B 7/14 AS 325/21 B - RdNr 12 mwN) .
Ist ein Urteil nebeneinander auf mehrere Begründungen gestützt, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und formgerecht gerügt wird. Hierzu gehört hinsichtlich des Zulassungsgrundes der Divergenz die Darlegung, dass sich die Abweichung auf alle Begründungen auswirkt(vglBSG vom 19.6.1975 - 12 BJ 24/75 - SozR 1500 § 160a Nr 5) oder dass hinsichtlich der anderen Begründungen andere Zulassungsgründe vorliegen(BSG vom 17.8.1998 - B 14 EG 3/98 B - juris) .
Der Kläger benennt eine aus seiner Sicht in zwei Fällen vorliegende Divergenz. Ob er jeweils ordnungsgemäß darlegt - was zweifelhaft ist -, dass das LSG tatsächlich abstrakte Rechtssätze in Abweichung zu Rechtssätzen des BSG aufgestellt und nicht nur Rechtssätze des BSG falsch angewandt hat, kann der Senat offenlassen.
Es lässt sich schon mangels einer nachvollziehbaren Darstellung des Sach- und Streitstands nicht nachvollziehen, ob die Entscheidung des LSG auf den behaupteten Divergenzen beruht. Die Darlegung des der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ist Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde, weil es dem Revisionsgericht andernfalls unmöglich ist, sich - wie erforderlich - ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers ein Bild über den Streitgegenstand und rechtliche wie tatsächliche Streitpunkte zu machen(vgl nurBSG vom 9.4.2024 - B 11 AL 45/23 B - juris RdNr 5 mwN) . Daran fehlt es. Der Senat vermag anhand der Beschwerdebegründung schon nicht zu beurteilen, welche Leistungen für welche Zeiträume begehrt werden und warum diese abgelehnt wurden. Ansatzweise ergibt sich aus dem Vorbringen nur, dass das LSG seine Entscheidung teilweise alternativ oder hilfsweise begründet hat, was die Anforderungen an die Beschwerdebegründung zur Entscheidungserheblichkeit - wie dargelegt - sogar noch erhöht.
Auch einen Verfahrensmangel hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen(vgl zBBSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14;BSG vom 24.3.1976 - 9 BV 214/75 - SozR 1500 § 160a Nr 24;BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36) .
Wer sich - wie hier - ua auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss für die ordnungsgemäße Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund derer bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten(vgl zBBSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 mwN) . Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat(vgl dazuBSG vom 20.9.2013 - B 8 SO 15/13 B - juris RdNr 10 ;BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B -SozR 4-1500 § 160 RdNr 11 mwN) . Dass der anwaltlich vertretene Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG einen Beweisantrag gestellt bzw zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat, behauptet er nicht. Vielmehr ergibt sich auch aus seinem eigenen Vortrag, dass Beweis allenfalls vor dem SG angeboten worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der§§ 183 ,193 SGG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16612121 |