Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung. Notanwalt. Ersuchte Rechtsanwälte. Namentliche Bezeichnung. Ablehnungsschreiben. Glaubhaftmachung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Beteiligter, der die Beiordnung eines Notanwalts begehrt, muss die von ihm zu seiner Vertretung ersuchten Rechtsanwälte namentlich bezeichnen und deren Ablehnungsschreiben vorlegen oder sonst glaubhaft machen, in welcher Weise er Kontakt mit ihnen aufgenommen hat.
2. Entsprechende Bemühungen müssen für ein Verfahren vor einem obersten Gerichtshof des Bundes jedenfalls für mindestens fünf Rechtsanwälte dargelegt werden.
Normenkette
SGG § 73 Abs. 4, § 73a Abs. 1 S. 1, § 160a Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 1, § 202 S. 1; ZPO §§ 78b, 117 Abs. 2-4
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 22.03.2017; Aktenzeichen S 1 R 4904/13) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18.05.2022; Aktenzeichen L 22 R 360/17) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Mai 2022 wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin hat sich mit einem von ihr unterschriebenen und am 7.8.2022 per Telefax beim BSG eingegangenen Schreiben gegen das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.5.2022, zugestellt am 13.7.2022, gewandt und einen "Antrag auf Revision" gestellt. Mit Schreiben vom 11.8.2022 hat der Senat die Klägerin auf die Notwendigkeit der Vertretung durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten hingewiesen. Mit Schreiben vom 26.8.2022, beim BSG per Telefax eingegangen am 27.8.2022, hat die Klägerin vorgetragen, sie habe keinen zugelassenen Anwalt zu ihrer Vertretung gefunden. Der Senat wertet diese Eingaben als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.5.2022 sowie als Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts.
1. Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts ist abzulehnen. Ungeachtet dessen, dass der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist (§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG) erfolgt ist, hat die Klägerin die entsprechenden Voraussetzungen nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist.
Die Klägerin hat nicht hinreichend dargetan, dass sie einen zur Vertretung vor dem BSG bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden hat. Ein Beteiligter, der die Beiordnung eines Notanwalts begehrt, muss die von ihm zu seiner Vertretung ersuchten Rechtsanwälte namentlich bezeichnen und deren Ablehnungsschreiben vorlegen oder sonst glaubhaft machen, in welcher Weise er Kontakt mit ihnen aufgenommen hat. Entsprechende Bemühungen müssen für ein Verfahren vor einem obersten Gerichtshof des Bundes jedenfalls für mindestens fünf Rechtsanwälte dargelegt werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.11.2018 - B 9 SB 54/18 B - juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 4.8.2016 - B 13 R 213/16 B - juris RdNr 4; Senatsbeschluss vom 18.2.2021 - B 5 R 21/21 B - juris RdNr 4). Das ist hier nicht der Fall.
Einen Antrag auf Prozesskostenhilfe hat die Klägerin nicht gestellt. Selbst wenn ihr Vortrag dahingehend ausgelegt würde, würde es jedenfalls an der fristgerechten Vorlage der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem dafür vorgeschriebenen Erklärungsformular (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 2 bis 4 ZPO) fehlen.
2. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg ist unzulässig, denn sie entspricht nicht der gesetzlichen Form. Die Beschwerde konnte, worauf die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils und mit Schreiben des Senats vom 11.8.2022 ausdrücklich hingewiesen worden ist, wirksam nur durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingelegt werden (§ 73 Abs 4, § 160a Abs 1 Satz 2 SGG). Ausnahmen hiervon sehen die gesetzlichen Regelungen nicht vor.
Aus diesem Grund ist im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auch nicht zu prüfen, ob das Berufungsgericht rechtmäßig nur noch über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente und nicht mehr über die noch vor dem SG gestellten weiteren Anträge - ua auf Verpflichtung der Beklagten, Akteneinsicht vollumfänglich zu gewähren - entschieden hat.
Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15403639 |