Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 19.12.2016; Aktenzeichen L 10 VE 9/14) |
SG Braunschweig (Aktenzeichen S 42 VE 37/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Mit Beschluss vom 19.12.2016 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch der Klägerin abgelehnt, bei ihr Schädigungsfolgen eines vorsätzlichen rechtswidrigen und tätlichen Angriffs iS von § 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) festzustellen sowie ihr Leistungen nach dem OEG iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren. Die Klägerin habe keine nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen dargetan, die als Schädigungsfolgen festgestellt werden könnten. Daneben weise der Senat selbstständig tragend darauf hin, dass er aus dem Bericht der Klägerin auch nicht schließen könne, dass diese einem tätlichen Angriff iS des § 1 OEG ausgesetzt gewesen sei. Soweit die Klägerin anlässlich ihrer persönlichen Anhörung am 14.7.2016 weitere Ereignisse geschildert habe, die zuvor nicht bekannt gewesen seien, handele es sich um Ereignisse, die nicht Gegenstand des Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewesen seien.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt und diese mit dem Bestehen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) begründet.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1.) eine bestimmte Rechtsfrage, (2.) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3.) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4.) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung in der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hält folgende Frage für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung:
"Die Entscheidung des LSG beruht somit auf der Rechtsfrage, ob das LSG Niedersachsen-Bremen ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens davon ausgehen durfte, dass die geltend gemachten Taten nicht geeignet seien, ernsthafte und dauerhafte Gesundheitsschädigungen zu begründen. Es geht einerseits um die abgrenzende Rechtsfrage, wann Gerichte in Bezug auf medizinische Sachverhalte im sozialen Entschädigungsrecht auf Grundlage eigener Sachkenntnis einen Sachverhalt bewerten dürfen und wann die Einholung eines Sachverständigenrats erforderlich ist. Andererseits muss geklärt werden, ob es überhaupt möglich ist, einer Gewalttat ohne Orientierung am Einzelfall eine Eignung zur Begründung ernsthafter Schädigungen abzusprechen."
Bei diesem Fragenkatalog handelt es sich bereits nicht um eine Rechtsfrage, also eine Frage, die auf die Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandmerkmals abzielt (vgl hierzu Becker, SGb 2007, 261, 265 zu Fußnote 42 mwN). Mit der von ihr bezeichneten Frage setzt sich die Klägerin lediglich mit der Beweiswürdigung des LSG auseinander (§ 128 Abs 1 S 1 SGG), die allerdings gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht zur Zulassung der Revision führen kann. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG rügen wollte (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Ungeachtet dessen hat die Klägerin auch bereits die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit dieser von ihr aufgestellten vermeintlichen Rechtsfrage nicht dargetan. Es fehlt insbesondere die erforderliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG, um zu begründen, dass sich daraus nicht bereits hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage ergeben (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2).
2. Soweit die Beschwerde sinngemäß auch einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) rügen wollte, so fehlt es bereits an der Bezeichnung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags. Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
3. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10644161 |