Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 22.03.2021; Aktenzeichen L 1 R 403/17)

SG Magdeburg (Entscheidung vom 10.10.2017; Aktenzeichen S 7 R 749/12)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. März 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Der im Jahr 1982 geborene Kläger begehrt aufgrund eines Antrags vom 14.9.2011 im Hinblick auf psychische Folgen nach durchgemachter Drogenerkrankung eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Das SG hat seine Klage gegen den ablehnenden Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten abgewiesen (Urteil vom 10.10.2017). Es hat das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente bei Antragstellung im September 2011 bejaht und sich in sozialmedizinischer Hinsicht maßgeblich auf das Sachverständigengutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B gestützt, die keine Einschränkungen der Leistungsfähigkeit in rentenrelevantem Ausmaß feststellen konnte. Im Berufungsverfahren hat das LSG aufgrund der beabsichtigten weiteren Ermittlungen zunächst Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und dem Kläger eine Rechtsanwältin als Prozessbevollmächtigte beigeordnet. F von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in M gelangte in seinem psychiatrischen Gutachten vom 18.8.2020 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass beim Kläger ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von arbeitstäglich wenigstens sechs Stunden - beispielsweise für Archivtätigkeiten oder Tätigkeiten bei Auslieferungsdiensten - bestehe. Nach ausführlicher Besprechung in einem von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin mit dem Kläger, seiner Prozessbevollmächtigten und einer Vertreterin der Beklagten hat der LSG-Senat mit Beschluss der Berufsrichter vom 22.3.2021 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Der Beschluss wurde seiner Prozessbevollmächtigten am 6.4.2021 zugestellt.

Der Kläger persönlich hat dem BSG am 4.5.2021 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei PKH übersandt und darauf das Aktenzeichen des LSG notiert. Zudem hat er auf dem Formular vermerkt, dass "noch kein Rechtsanwalt vorhanden" sei.

II

1. Nach Schließung des 13. Senats zum 1.7.2021 durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG) ist nach dem Geschäftsverteilungsplan (Stand 1.7.2021) nunmehr der 5. Senat des BSG für die Entscheidung über die Bewilligung von PKH in dem ursprünglich unter dem Aktenzeichen B 13 R 13/21 BH erfassten Verfahren zuständig.

2. Der vom Kläger durch Übersendung des Formulars sinngemäß gestellte Antrag auf Bewilligung von PKH für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der näher bezeichneten Entscheidung des LSG ist abzulehnen. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH sind nicht erfüllt.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG geht es nicht in erster Linie darum, ob die Entscheidung des LSG in der Sache richtig oder falsch ist, sondern darum, ob einer der gesetzlichen Gründe für die Zulassung der Revision vorliegt. Nach § 160 Abs 2 SGG darf die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Nach Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Akten ist nicht erkennbar, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (vgl § 73 Abs 4 SGG) einen dieser Revisionszulassungsgründe mit Erfolg geltend machen könnte.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Zulassung der Revision auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG Beschluss vom 17.6.2019 - B 5 R 61/19 B - juris RdNr 9). Die Voraussetzungen, unter denen eine Erwerbsminderungsrente zu gewähren ist, ergeben sich unmittelbar aus § 43 SGB VI. Die Anwendung dieser Voraussetzungen ist in der Rechtsprechung des BSG geklärt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22). Dass sich im Fall des Klägers eine in diesem Zusammenhang noch nicht geklärte Grundsatzfrage stellen könnte, ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Beschluss des LSG, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, mit dem es von der Rechtsprechung des BSG in entscheidungserheblicher Weise abweicht (Zulassungsgrund der Divergenz, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Schließlich vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen kann. Das Berufungsgericht hat das von der Prozessbevollmächtigten des Klägers angeregte weitere psychiatrisch-psychotherapeutische Sachverständigengutachten zur Aufklärung der beruflichen Leistungsfähigkeit eingeholt. In einem Erörterungstermin hat das LSG den Kläger ausführlich angehört. Dabei hat er erklärt, sein Gesundheitszustand habe sich seit 2011 nicht wesentlich verändert; eine Notwendigkeit, ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen oder Medikamente einzunehmen, sehe er derzeit nicht, zumal er sich ohne Medikamente besser fühle. Ebenso halte er nicht viel von der Durchführung einer stationären Psychotherapie. Weitere Beweisanträge haben weder er noch seine Prozessbevollmächtigte gestellt. In dem Erörterungstermin wurden die Beteiligten auch zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss der Berufsrichter nach § 153 Abs 4 SGG angehört. Dass eine solche Verfahrensweise angesichts der geschilderten Umstände hier ermessensfehlerhaft gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Sollte der Kläger mit einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen wollen, der Beschluss des LSG sei falsch, weil das LSG die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Unrecht verneint habe, kann darauf - die vermeintliche Fehlerhaftigkeit im Einzelfall - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 25.3.2021 - B 5 R 288/20 B - juris RdNr 14 mwN).

3. Da dem Kläger nach alledem PKH nicht zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14892281

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