Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I
Das Bayerische LSG hat mit Beschluss vom 12.10.2017 den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld in der Zeit vom 14.2.2015 bis 23.3.2015 auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bestätigt. Es hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Sie rügt eine Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Beklagte den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht formgerecht aufgezeigt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Die Beklagte ist der Ansicht, das Berufungsurteil weiche von der Rechtsprechung des BSG zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aufgrund einer nicht erfolgten, aber nach Ansicht des Berufungsgerichts erbetenen telefonischen Beratung zur Problematik des § 192 SGB V ab. Dafür beruft sie sich auf die Entscheidung des BSG vom 10.5.2012 (B 1 KR 20/11 R - BSGE 111, 18-24 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4) und insbesondere vom 4.3.2014 (B 1 KR 17/13 R - BSG SozR 4-2500 § 192 Nr 6 RdNr 18). Dort habe das BSG entschieden, dass überhaupt keine Verpflichtung zur Aufklärung über das Krankengeld bestehe.
Sie vertritt die Ansicht, dass es sich "hier genauso verhalte". Aus der Nachfrage nach Unterlagen sei ein Beratungsbegehren nicht ersichtlich gewesen. Die Sichtweise des Berufungsgerichts stehe der des BSG zur Spontanberatung und der Tatsache entgegen, dass der Gesetzgeber dem Versicherten die Obliegenheit auferlegt habe, die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen und hierbei davon auszugehen ist, dass die Versicherten im Eigeninteresse selbst die notwendigen Schritte unternehmen müssten, um ihre Ansprüche zu wahren.
Mit diesem Vortrag hat die Beklagte eine Divergenz nicht hinreichend aufgezeigt. Es fehlt an Vortrag, dass das LSG abstrakten Maßstäben des BSG widersprochen habe. Denn es mangelt an der Gegenüberstellung solcher abstrakten, sich widersprechenden Rechtssätze aus dem Berufungsurteil einerseits und aus dem BSG-Urteil andererseits. Die Beklagte erfüllt diese Darlegungsanforderung auch nicht etwa dadurch, dass sie komplette Passagen aus einem BSG-Urteil (BSG SozR 4-2500 § 192 Nr 6 RdNrn 18, 19) wörtlich wiedergibt, ohne dass deutlich wird, welchen Rechtssatz aus diesen umfänglichen Ausführungen - die im Übrigen auch Tatsachenfeststellungen aus dem dort entschiedenen Fall enthalten - sie einer revisionsrechtlichen Überprüfung unterziehen will. Der zur Überprüfung gestellte, abstrakt formulierte Rechtssatz muss aber klar und deutlich der Beschwerdebegründung zu entnehmen sein; es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich diesen aus umfänglichen Ausführungen selbst herauszusuchen (stRspr vgl nur BSG Beschluss vom 26.9.2013 - B 13 R 213/13 B - RdNr 6).
Aus den Darlegungen der Beklagten geht indes deutlich hervor, dass sie die Einschätzung des LSG auf Basis der seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsprechung des BSG für unzutreffend erachtet. Die vermeintliche Unrichtigkeit des Berufungsurteils stellt aber keinen Revisionszulassungsgrund dar (stRspr vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11536744 |