Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 25.10.2016; Aktenzeichen S 29 KR 820/15) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 05.09.2018; Aktenzeichen L 4 KR 609/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. September 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 5.9.2018 den Gerichtsbescheid des SG vom 25.10.2016 aufgehoben und einen Anspruch der Klägerin auf Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 28.2.2015 bis 15.6.2015 verneint, weil nach dem Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses am 28.2.2015 ihr Mitgliedschaftsverhältnis bei der Beklagten nicht durch einen durchgehenden Krg-Anspruch aufrechterhalten worden sei. Vielmehr sei Arbeitsunfähigkeit (AU) zuvor bis zum 27.2.2015 (Freitag) und dann erst wieder am 2.3.2015 (Montag) ärztlich attestiert worden. Nach § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V aF hätte die Klägerin spätestens am letzten Tag der zuletzt attestierten Arbeitsunfähigkeit (27.2.2015) oder am letzten Tag ihres Beschäftigungsverhältnisses (28.2.2015) einen Arzt aufsuchen müssen, um eine weitere AU-Bescheinigung zu erlangen. Ein Ausnahmefall, der eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnte, liege nicht vor. In der Vorinstanz hatte das SG die Beklagte aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung von § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V aF antragsgemäß zur Zahlung von Krg verurteilt, obwohl nach dieser Vorschrift ein Krg-Anspruch erst ab dem Tag entstehe, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folge.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargetan ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält die Frage für klärungsbedürftig,
"ob § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V in der bis 22.07.2015 geltenden Fassung (a.F.), insbesondere mit Blick auf die zum 23.07.2015 in Kraft getretene Neufassung des § 46 S. 1 Nr. 2 S. 2 SGB V, verfassungskonform ausgelegt werden muss".
Diese Frage sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt und habe angesichts einer Vielzahl gleichgelagerter Altfälle über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung. Sie (die Klägerin) beziehe sich auf die nach ihrer Ansicht zutreffende Begründung des SG, nach der eine verfassungskonforme Auslegung der inzwischen ausgelaufenen Regelung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V aF insbesondere mit Blick auf die erfolgte Neuregelung geboten sei, weil Art 2 Abs 1 GG berührt sein könne.
Die Darlegungen in der Beschwerdebegründung genügen nicht den aufgezeigten Anforderungen an die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage. Offen bleibt schon, auf welche Auslegung genau sich die aufgeworfene Frage bezieht. Darüber hinaus fehlt es aber insbesondere im Hinblick auf die Auffassung, dass vorliegend eine verfassungskonforme Auslegung von § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V aF geboten sei, an hinreichender Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Vor dem Hintergrund einer ausgesprochen umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Auslegung dieser Vorschrift ist ein weiterer Klärungsbedarf hierzu nicht erkennbar und ein solcher wird in der Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt. Es fehlt vielmehr an jeglicher Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Vorschrift. Die Klärungsbedürftigkeit ist auch im Hinblick auf das "verfassungsmäßig Gebotene" nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere reicht die bloße Behauptung, die Verfassung gebiete eine bestimmte Auslegung, nicht aus. Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm oder ihrer Auslegung geltend gemacht, ist vielmehr unter Berücksichtigung und Auswertung der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu der oder den als verletzt erachteten Verfassungsnormen in substantieller Argumentation darzulegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergibt (vgl nur BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 mwN). Das ist vorliegend nicht dargetan, zumal zur Auslegung von § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V aF eine gefestigte Rechtsprechung des BSG existiert und die Klägerin dem nur eine andere Rechtsansicht entgegensetzt.
Darüber hinaus ist eine grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit von außer Kraft getretenem Recht in der Regel zu verneinen, es sei denn, dass noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihrer Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 8d mwN; BSG SozR 1500 § 160a Nr 19). Auch diesbezüglich reicht eine bloße pauschale Behauptung zu noch zu entscheidenden Fällen jedenfalls nicht aus (vgl Leitherer, aaO, § 160a RdNr 14f; BSG Beschluss vom 24.9.2003 - B 6 KA 57/03 B - juris RdNr 10).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13656394 |