Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. angeborene Fehlbildung der Aorten- und Mitralklappe, hier: bikuspidale Aortenklappe. Auftreten behandlungsbedürftiger funktioneller Störungen erst Jahre nach der Geburt. keine zeitliche Obergrenze bis zum Auftreten behandlungsbedürftiger funktioneller Störungen. Erwägungen zur Sachgerechtigkeit der Kodierung und der Bewertung bleiben bei der Auslegung von Vergütungsregelungen außer Betracht
Orientierungssatz
1. Die Diagnose ICD-10-GM Q23.1 "Angeborene Aortenklappeninsuffizienz" enthält bezüglich der dort ohne weitere Voraussetzung als Unterfall genannten "bikuspidalen Aortenklappe" keine wie auch immer zu bestimmende zeitliche Obergrenze bis zum Auftreten behandlungsbedürftiger funktioneller Störungen als weitere Kodiervoraussetzung, so dass diese nicht ab Geburt vorliegen müssen, um unter die genannte Kodierung zu fallen.
2. Erwägungen zur Sachgerechtigkeit der Kodierung und zur Bewertung (hier: angebliches Drohen eines "Erdrutsches" bei Einordnung aller Fälle von bikuspidalen Aortenklappen mit später auftretender Insuffizienz in ICD-10-GM Q23.1 mit der Folge einer Einschlägigkeit der Fallpauschale DRG F03C statt DRG F07A) bleiben nach stRspr des BSG bei der Auslegung von Vergütungsregelungen außer Betracht. Der Gesetzgeber hat das DRG-basierte Vergütungssystem als jährlich weiter zu entwickelndes und damit als ein "lernendes" System angelegt. Deswegen sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen.
Normenkette
SGB V §§ 39, 109 Abs. 4 S. 3, § 301 Abs. 2 S. 1; KHEntgG § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; KHG § 17b Abs. 1 S. 3; FPVBG Anl 1 Teil a Nr. F03C; FPVBG 2015 Anl 1 Teil a Nr. F03C; FPVBG Anl 1 Teil a Nr. F07A; FPVBG 2015 Anl 1 Teil a Nr. F07A; ICD-10-GM Nr. Q23.1; ICD-10-GM 2015 Nr. Q23.1; ICD-10-GM Nr. I35.2; ICD-10-GM 2015 Nr. I35.2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2407,25 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, Trägerin eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses, behandelte die bei der beklagten Krankenkasse versicherte D. (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 8.2. bis 20.2.2015 und ersetzte unter anderem die Aortenklappe durch eine Prothese. Sie stellte der Beklagten ausgehend von der Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2015 ≪DRG≫) F03C einen Betrag von 22 149,81 Euro in Rechnung (Rechnung vom 6.3.2015). Die Beklagte bezahlte die Rechnung, machte nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vergeblich eine Erstattung in Höhe von 2407,25 Euro geltend und rechnete mit diesem Betrag schließlich gegen andere Forderungen der Klägerin auf: Einschlägig sei die DRG F07A. Als Hauptdiagnose sei nicht nach dem 2015 geltenden ICD-10-GM Q23.1 (Angeborene Aortenklappeninsuffizienz ≪angeborener Herzklappenfehler mit Rückfluss von Blut aus der Aorta - Hauptschlagader - in die linke Herzkammer und dortigem Blutrückstau≫) zu verschlüsseln gewesen, sondern ICD-10-GM I35.2 (Aortenklappenstenose mit Insuffizienz ≪Herzklappenfehler, der zur Verengung des dadurch ungenügend schließenden Ausflusstraktes im Bereich des Ursprungs der Hauptschlagader führt, mit Rückfluss von Blut aus der Aorta in die linke Herzkammer und dortigem Blutrückstau≫). Es habe keine akute, angeborene Fehlfunktion der Aortenklappe vorgelegen, sondern eine über viele Jahre erworbene kombinierte Degeneration. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von 2407,25 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Bei der Versicherten habe eine behandlungsbedürftige angeborene bikuspidale Aortenklappe vorgelegen (zweitaschige Herzklappe am Ursprung der Hauptschlagader, die linke Herzkammer abschließend, regelhaft dagegen die dreitaschige - trikuspidale - Aortenklappe). Als Hauptdiagnose sei nach der Kodierrichtlinie (DKR 20115) D002f die angeborene bikuspidale Aortenklappe mit ICD-10-GM Q23.1 zu kodieren. Das ergebe sich aus dem Wortlaut dieses Kodes und aus der systematischen Auslegung. Diese rechtliche Bewertung als genuine Aufgabe des Gerichts sei einer Begutachtung durch medizinische Sachverständige nicht zugänglich (Urteil vom 14.10.2019).
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig, soweit eine grundsätzliche Bedeutung wegen einer fehlenden Beauftragung eines Sachverständigen, eine Divergenz und Verfahrensmängel gerügt werden. Die Beschwerdebegründung entspricht insoweit nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen (dazu 1. a, 2. und 3.). Sie ist jedenfalls unbegründet, soweit die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinsichtlich der richtigen Kodierung der bikuspidalen Aortenklappe geltend gemacht wird (dazu 1. b) und daher insgesamt zurückzuweisen.
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 f mwN).
a) Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht, soweit die Beklagte die Frage aufwirft,
"Darf ein Tatsachengericht den medizinischen Sinngehalt des Tatbestandsmerkmals 'bikuspidale Aortenklappe' aus dem Code Q23.1 der ICD-10 (2015) ohne Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen alleine aufgrund einer wortlautbezogenen Auslegung als verwirklicht ansehen?"
Die Beklagte hat die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage nicht dargelegt. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 22.2.2017 - B 1 KR 73/16 B - juris RdNr 8 mwN; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit eines entsprechenden Maßstabs BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 12.9.1991 - 1 BvR 765/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f = juris RdNr 4). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Beklagte verweist selbst auf den Beschluss des erkennenden Senats vom 19.7.2012 (B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 18) und zitiert ihn sogar wörtlich, wonach die Einbeziehung einer Klassifikation in die Vergütungsvorschriften bedeutet - soweit die Vertragsparteien nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmen -, dass den medizinischen Begriffen des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) der Sinngehalt zukommt, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird. Dieser den Regelungsgehalt determinierende Sprachgebrauch kann - wortlautorientiert - wie eine Tatsache als Vorfrage für die Auslegung im gerichtlichen Verfahren durch Beweiserhebung ermittelt werden. Insofern gilt hier nichts anderes als bei Fragen (rein) tatsächlicher Art, die nicht zur Überprüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden können. Die Frage hingegen, die die Beklagte eigentlich geklärt wissen will (dazu unten 1. b), ist eine dem medizinischen Sachverständigengutachten nicht zugängliche Rechtsfrage, die darauf ausgerichtet ist, ob hier der Wortlaut "bikuspidale Aortenklappe" kodierrechtlich einschränkend auszulegen ist.
Im Übrigen legt die Beklagte auch die Klärungsfähigkeit der von ihr formulierten Rechtsfrage nicht dar. Denn sie zieht nach ihrem eigenen Vorbringen das Vorliegen einer (angeborenen) bikuspidalen Aortenklappe - wie auch der MDK - überhaupt nicht in Zweifel.
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b) Soweit die Beklagte anhand ihres Gesamtvorbringens die weitere Frage aufwirft, |
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ob es für die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen von ICD-10-GM Q23.1 ausreicht, dass eine angeborene bikuspidale Aortenklappe erst nachträglich (im Erwachsenenalter) zu funktionalen Einschränkungen geführt hat, oder ob die Fehlfunktion (Insuffizienz) bereits von Geburt an bestanden haben muss, |
ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Die aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung; sie bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. |
Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn das BSG die Rechtsfrage zwar nicht unter den dort aufgeworfenen Aspekten ausdrücklich behandelt hat, aber deren Beantwortung einerseits nach der klaren Rechtslage nicht ernsthaft in Zweifel steht und verbleibende Restzweifel andererseits aufgrund der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Ergebnis jedenfalls bereits ausgeräumt sind, sodass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (vgl nur BSG Beschluss vom 9.4.2019 - B 1 KR 46/18 B - juris RdNr 6).
So liegt der Fall hier. Die angeborene bikuspidale Aortenklappe fällt auch dann unter ICD-10-GM Q23.1, wenn eine auf ihr beruhende Insuffizienz erst Jahre später auftritt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats haben die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) und die in der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) enthaltenen Abrechnungsbestimmungen normative Wirkung. Sie sind einschließlich des ICD-10-GM und des OPS wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestands innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems stets eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 14/12 R - SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 14; BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 57/12 R - SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 13).
Nach diesen Auslegungsmethoden wirft die Beantwortung der von der Beklagten gestellten Rechtsfragen keine ernsthaften, noch in einem Revisionsverfahren zu klärenden Zweifel auf. Die bei der Versicherten vorliegende Krankheit (bikuspidale Aortenklappe) ist mit ICD-10-GM Q23.1 als Hauptdiagnose zu kodieren. Der Wortlaut des ICD-10-GM Q23.1 nennt die allein durch ihre äußere Gestalt definierte "bikuspidale Aortenklappe" ausdrücklich und ohne weitere Voraussetzung als Unterfall der "Angeborene(n) Aortenklappeninsuffizienz". Eine wie auch immer zu bestimmende zeitliche Obergrenze bis zum Auftreten behandlungsbedürftiger funktioneller Störungen sieht ICD-10-GM Q23.1 als weitere Kodiervoraussetzung nicht vor. Auch die Systematik innerhalb des ICD-10-Katalogs spricht für die Einbeziehung. Die Überschrift zu Q23.- lautet "Angeborene Fehlbildungen der Aorten- und Mitralklappe". Die bikuspidale Aortenklappe stellt eine solche angeborene Fehlbildung dar, ohne dass es darauf ankommt, ob sie bereits bei der Geburt in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt und/oder behandlungsbedürftig war. Außerdem werden angeborene Aortenklappenkrankheiten durch eine Ausschlussregelung (Exklusivum) in I35.- ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Hinweis der Beklagten auf einen erfolgenden "Erdrutsch", fasste man alle Fälle bikuspidaler Aortenklappen mit später eintretender Insuffizienz unter ICD-10-GM Q23.1, stellt Erwägungen zur Sachgerechtigkeit der Kodierung und zur Bewertung an. Diese bleiben nach ständiger Rechtsprechung des BSG bei der Auslegung von Vergütungsregelungen außer Betracht (vgl BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 9/15 R - BSGE 118, 225 = SozR 4-2500 § 109 Nr 45, RdNr 13; BSG Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R - juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, jeweils mwN). Der Gesetzgeber hat das DRG-basierte Vergütungssystem als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz ≪KHG≫; s ferner § 17b Abs 7 Satz 1 Nr 1 und 2 KHG) und damit als ein "lernendes" System angelegt. Deswegen sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (stRspr, vgl nur BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN).
2. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 9.5.2018 - B 1 KR 55/17 B - juris RdNr 8; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Darlegungsanforderungen vgl BVerfG ≪Dreier-Ausschuss≫ Beschluss vom 8.9.1982 - 2 BvR 676/81 - juris) und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 9).
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Soweit sie eine Divergenz hinsichtlich der Rechtsprechung des BSG zur Ermittlung und Auslegung des Sinngehalts medizinischer Begriffe in Vergütungsregelungen geltend macht, rügt sie lediglich, das LSG habe diese Rechtsprechung nicht beachtet und eine sich aufdrängende Beweiserhebung unterlassen, ohne einen abweichenden abstrakten Rechtssatz des LSG herauszuarbeiten.
3. Auch soweit die Beklagte Verfahrensfehler des LSG geltend macht, genügt ihr Vorbringen nicht den Darlegungsanforderungen.
a) Das gilt zunächst hinsichtlich der gerügten Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 2 SGG und § 136 Abs 1 Nr 6 SGG.
Nach § 136 Abs 1 Nr 6 SGG enthält das Urteil die Entscheidungsgründe. Gemäß § 128 Abs 1 Satz 2 SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG ≪Dreier-Ausschuss≫ vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - SozR 1500 § 62 Nr 16; BVerfG ≪Kammer≫ vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 16/17 R - juris RdNr 25). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat. Die Begründungspflicht wäre selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (BSG aaO; BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dass gemessen daran das Urteil des LSG als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist, legt die Beklagte nicht dar. Vielmehr rügt sie auch insoweit nur eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung und die - vermeintlich - unrichtige Rechtsanwendung.
b) Sofern die Beklagte dem LSG vorwirft, sich nicht mit den zahlreichen, entgegenstehenden MDK-Gutachten auseinandergesetzt zu haben, könnte darin der Sache nach die Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) liegen. Insofern fehlt es aber an Darlegungen dazu, welche konkreten entscheidungserheblichen Ausführungen des MDK das LSG nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen haben soll (vgl zum Erfordernis BSG Beschluss vom 31.8.2012 - B 1 KR 32/12 B - RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 29.5.2018 - B 1 KR 99/17 B - juris RdNr 6). Im Übrigen kann die Klägerin die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge nicht dadurch umgehen, dass sie den Vorhalt unzureichender Sachaufklärung in der Gestalt einer Gehörsrüge geltend macht (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 25.4.2006 - B 1 KR 97/05 B - juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 16.11.2017 - B 1 KR 11/17 B - juris RdNr 8).
c) Sofern die Beklagte schließlich einen Verstoß gegen § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 404 ff ZPO rügt und geltend macht, das LSG hätte zur Auslegung der medizinischen Fachbegriffe ein Sachverständigengutachten einholen müssen, rügt sie in der Sache eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht gemäß § 103 SGG. Hierzu wären aber Darlegungen zur Stellung oder Aufrechterhaltung eines entsprechenden Beweisantrages mit der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erforderlich gewesen (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; BSG Beschluss vom 14.7.2017 - B 1 KR 95/16 B - juris RdNr 7 mwN). Daran fehlt es.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13945147 |