Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 03.03.2017; Aktenzeichen S 16 KR 563/15) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.09.2018; Aktenzeichen L 5 KR 71/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. September 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Höhe der vom Kläger als freiwilliges Mitglied in der Zeit vom 1.2.2011 bis 30.4.2014 zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Der Kläger nahm zum 1.2.2011 eine selbstständige Tätigkeit auf und erklärte seinen Beitritt zur beklagten Krankenkasse. Die Agentur für Arbeit bewilligte ihm einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 1.2.2011 bis 30.4.2012. Die Beklagte setzte die Beiträge wiederholt durch Bescheid fest. Dabei legte sie jeweils die vom Kläger (mit der durch das Steuerverfahren "naturbedingten" zeitlichen Verzögerung) vorgelegten Einkommensteuerbescheide zugrunde. Diese wiesen ua Kapitalerträge für 2008 iH von 3438 Euro, für 2009 iH von 262 041 Euro und für 2010 iH von 5098 Euro aus. Die festgesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich für das Jahr 2011 auf 28 320 Euro und für das Jahr 2012 auf 7424 Euro. Gegen die Beitragsfestsetzung wandte sich der Kläger wiederholt im Wesentlichen mit der Begründung, unter Außerachtlassung der (tatsächlich) zeitlich früher erzielten Kapitalerträge konkret und aktuell (tatsächlich) niedrigere Einkünfte (aus Gewerbebetrieb) gehabt zu haben. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind im Wesentlichen mit der Begründung der Maßgeblichkeit des jeweils aktuellen Einkommensteuerbescheids ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 6.9.2018.
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 6.9.2018 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
1. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 21.12.2018 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Der Kläger wirft auf Seite 3 der Beschwerdebegründung die Frage auf,
"ob die hier maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Beiträge, also § 240 Absatz 1 Satz 1 SGB V in Verbindung mit den erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätzen für Selbstzahler vom 27.10.2008 mit höherrangigem Recht, insbesondere mit dem Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG und dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes vereinbar sind."
"Soweit ersichtlich" sei eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu noch nicht ergangen. Ein Urteil des BSG vom 19.2.2018 - gemeint sein dürfte das Senatsurteil vom 19.12.2012 (B 12 KR 20/11 R - BSGE 113, 1 = SozR 4-2500 § 240 Nr 17) - habe sich mit den grundlegenden Fragen nicht befasst.
Der Kläger legt die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage, ihre Qualität als abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht unterstellt (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN), nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar. Insbesondere befasst er sich nicht hinreichend mit den grundlegenden Entscheidungen des Senats ua zur verfassungsrechtlichen Würdigung der Beitragsbemessung in der GKV durch die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler - BeitrVerfGrsSz - (vgl BSG Urteil vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R - BSGE 113, 1 = SozR 4-2500 § 240 Nr 17; BSG Urteil vom 18.12.2013 - B 12 KR 3/12 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 22), worauf das LSG in seinem Urteil auf Seite 14 hinsichtlich der zuerst genannten Entscheidung bereits hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund legt der Kläger nicht hinreichend dar, welche konkreten klärungsbedürftigen Fragen sich im vorliegenden Fall noch bzw erneut stellen. Seine nicht näher begründete Behauptung, "die verwaltungsmäßigen Strukturen der Selbstverwaltung und ihre Rechtsgrundlagen" seien nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, genügen nicht den Darlegungsanforderungen. Auch unterlässt der Kläger im Rahmen der von ihm behaupteten verfassungsrechtlichen Problematik die naheliegende und gebotene Auseinandersetzung damit, dass er in der GKV freiwillig versichert ist. Auf einen entsprechenden Hinweis des LSG führt er lediglich aus, dieser gehe fehl, weil er "wie ein Pflichtversicherter" auf Leistungen der GKV "angewiesen" sei.
b) Der Kläger wirft auf Seite 5 der Beschwerdebegründung die Frage auf,
"unter welchen Voraussetzungen eine unverhältnismäßige Belastung nach Maßgabe der Beitragsgrundsätze für Selbstzahler gegeben ist."
Er habe in seiner Klage nachgewiesen, dass die von der Beklagten geforderten Beiträge im Jahre 2012 nahezu 71 % seines verminderten Einkommens ausmacht. Demgegenüber habe das LSG in seiner Entscheidung, ausgehend vom Wortlaut des § 6 Abs 3a S 2 BeitrVerfGrsSz, das Vorliegen einer unverhältnismäßigen Belastung verneint.
aa) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Dem trägt die Beschwerdebegründung nicht Rechnung, sondern formuliert - im Ergebnis - lediglich eine Subsumtionsfrage, dh eine Frage nach der Anwendung des Rechts im konkreten Einzelfall.
bb) Unabhängig davon legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der in den Raum gestellten Frage - ihre Qualität als Rechtsfrage unterstellt - nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar. Er befasst sich bereits nicht mit dem Wortlaut von § 6 Abs 3a S 2 BeitrVerfGrsSz und legt demzufolge nicht dar, warum sich daraus keine Antwort auf die gestellte Frage ergeben soll. Der vom LSG auf der Grundlage der Vorschrift vorgenommenen Prüfung und Verneinung einer unverhältnismäßigen Belastung setzt er lediglich seine eigene Berechnung und Betrachtung entgegen. Soweit der Kläger zusammenfassend geltend macht, er fühle sich durch die Beitragsforderungen der Beklagten überlastet, befasst er sich wiederum nicht mit seiner versicherungsrechtlichen Situation als Selbstständiger, der in der GKV freiwillig versichert ist.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13144534 |