Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt. Der Europäische Gerichtshof wird gemäß Art 117 des EG-Vertrages um eine Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht:
- Ist Anh I Abschn I UAbschn C EWGV 1408/71 insoweit mit dem EG-Vertrag, insbesondere dessen Art 48 Abs 2, vereinbar, als er dazu führt, daß Arbeitnehmern mit Kindern mit Wohnsitz im Ausland bei längerem unbezahlten Urlaub für die hiervon umfaßten vollen Kalendermonate kein Kindergeld zusteht, wohl aber solchen Arbeitnehmern, deren Kinder ihren Wohnsitz in Deutschland haben?
Im Falle der Ungültigkeit des Anh I Abschn I UAbschn C EWGV 1408/71:
Folgt hieraus, daß „Arbeitnehmer” iS des Art 73 EWGV 108/71 auch jede Person ist, die von ihrem Arbeitgeber aufgrund freiwilliger Vereinbarung unbezahlt freigestellt wird? Oder gelten insoweit Einschränkungen (zB hinsichtlich der Dauer der Freistellung)?
Tatbestand
I
Der Kläger ist spanischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland; seine Kinder leben in Spanien. Er begehrt Kindergeld auch für die Monate Februar 1986 und Februar 1987, in denen er sich jeweils unbezahlten Urlaub unter Einschluß des vollen Kalendermonats genommen hatte (1986: vom 20. Januar bis 2. März; 1987: vom 13. Januar bis zum 1. März).
Mit seinem Begehren hatte der Kläger vor dem Sozialgericht (Urteil vom 14. Oktober 1992) und dem Landessozialgericht ≪LSG≫ (Urteil vom 21. November 1993) keinen Erfolg. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, der Anspruch des Klägers auf Kindergeld setze nach § 42 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) iVm Art 73 Verordnung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) 1408/71 idF der EWGV 3427/89 voraus, daß der Kläger Arbeitnehmer sei. Hierfür sei nach Art 1 Buchst a DBuchst ii zweiter Spiegelstrich 2. Alt EWGV 1408/71 auf die in Anh I Abschn I UAbschn C enthaltene Definition zurückzugreifen. Hiernach gelte im Rahmen der Familienleistungen nach dem BKGG als Arbeitnehmer eine Person, die für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert sei oder im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhalte. Eine länger als vierwöchige Unterbrechung habe aber zur Folge, daß eine für die Arbeitslosenversicherung relevante Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses für die Zeit seit ihrem Beginn angenommen werde. Hiergegen beständen auch keine Bedenken von seiten des Gemeinschaftsrechts. Die Koppelung des Anspruchs auf Familienleistungen an die Einbindung in das System der Arbeitslosenversicherung stelle für den hier vorliegenden Sachverhalt ein sachgerechtes Kriterium dar, um den begünstigten Personenkreis zu bestimmen und zu begrenzen. Eine den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzende Benachteiligung liege nicht vor; die hier wesentliche Beschäftigungsunterbrechung führe als ein den Schutzbereich des Gemeinschaftsrechts begrenzendes Merkmal weder zu einer verschleierten noch gar offenkundigen Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Eine Anrufung der Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sei nicht veranlaßt gewesen, da das LSG keine Zweifel an der Gültigkeit der angeführten Normen habe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Art 73 EWGV 1408/71; er sei Arbeitnehmer iS dieser Bestimmung. Die Regelung des Anh I Abschn I UAbschn C zur EWGV 1408/71 widerspreche dem Grundsatz der Freizügigkeit und wirke daher zu Lasten des EG-Arbeitnehmers diskriminierend. Denn deutsche Staatsangehörige sowie EG-Arbeitnehmer, deren Kinder sich im Inland aufhielten, hätten einen Anspruch auf Kindergeld.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der angefochtenen Urteile und Bescheide die Beklagte zu verurteilen, für die Monate Februar 1986 und Februar 1987 Kindergeld nach dem BKGG für seine Kinder zu gewähren,
hilfsweise,
dem EuGH zur Vorabentscheidung die Frage vorzulegen, ob Anhang I Abschnitt I UAbschn C Buchst a zur EWGV 1408/71 gegen Art 48 des EG-Vertrages verstößt,
hilfsweise,
dem EuGH die Frage vorzulegen, ob ein Arbeitnehmer auch während eines längeren als vierwöchigen unbezahlten Urlaubs Kindergeld nach dem BKGG gemäß Art 73 EWGV 1408/71 beanspruchen kann.
Die Beklagte beantragt,
die Revision gegen das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21. September 1993 zurückzuweisen.
Eine Diskriminierung des Klägers iS des Art 48 EG-Vertrag durch Nichtgewährung des Kindergeldes scheide bereits deshalb aus, weil das EG-Verordnungsrecht ausdrücklich auf die nationalen Rechtsvorschriften verweise. Die Nichtgewährung von Kindergeld bei längerem unbezahlten Urlaub wirke sich weiterhin im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern, die Kinder mit Wohnsitz im Ausland haben, nicht diskriminierend aus; auch diesen müßte wegen Wegfalls der Wohnsitzfiktion des Art 73 EWGV 1408/71 das Kindergeld vorübergehend entzogen werden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz).
Entscheidungsgründe
II
Das Verfahren ist auszusetzen.
Die angefochtenen Bescheide stehen im streitigen Umfang sowohl mit dem BKGG als auch mit der EWGV 1408/71 in Einklang (1). Eine Auslegung der nationalen Vorschriften, nach der dem Kläger Kindergeld für die streitigen Monate zustünde, ist nicht möglich (2). Die Streitsache ist jedoch dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, weil die einschlägige Vorschrift des Anh I der EWGV 1408/71 gegen höherrangiges Recht – hier: Bestimmungen des EG-Vertrages – verstoßen könnte (3).
(zu 1) Der Kläger hat Anspruch auf Kindergeld für seine in Spanien lebenden Kinder nicht bereits nach den Bestimmungen des BKGG. Denn nach § 2 Abs 5 Satz 1 BKGG werden für das Kindergeld Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs 5 Satz 2 iVm § 1 Abs 1 Nr 2 BKGG ist auf den Kläger nicht anwendbar.
Allerdings enthält § 42 Satz 2 BKGG die – sich bereits aus dem Vorrang der entsprechenden Vorschriften ergebende – Einschränkung, daß die Bestimmungen der auf der Grundlage des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erlassenen Verordnungen unberührt bleiben. Anwendbar ist im vorliegenden Fall Art 73 EWGV 1408/71 idF der EWGV 3427/89 (Amtsbl der EG Nr L 331 vom 16. November 1989, S 1), gültig mit Wirkung ab 15. Januar 1986 (Art 3 EWGV 3427/89). Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
„Ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, hat, vorbehaltlich der Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderes Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.”
Wer iS der EWGV 1408/71 „Arbeitnehmer” oder „Selbständiger” ist, definiert Art 1 Buchst a EWGV 1408/71. Die in Art 1 Buchst a) Ziff i EWGV 1408/71 enthaltene Definition des Arbeitnehmers, die an die Pflicht- oder freiwillige Weiterversicherung gegen ein von einem System der Sozialen Sicherheit erfaßtes Risiko anknüpft, ist hier nicht anwendbar. Gemäß § 1 BKGG setzt der Anspruch auf Kindergeld keine Pflichtversicherung oder freiwillige Weiterversicherung gegen ein Risiko voraus, für das die Leistungen gewährt werden. Die Leistungen nach dem BKGG sind nicht an eine Pflichtversicherung oder freiwillige Versicherung in einem System der Sozialen Sicherheit gebunden. Ohne Bedeutung ist daher, daß die Mitgliedschaft des Klägers als Versicherungspflichtiger in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung in den streitigen Zeiträumen gemäß § 311 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) enthalten geblieben war, solange das Arbeitsverhältnis ohne Entgeltzahlung fortbestand, längstens jedoch für drei Wochen. Das hierdurch erfaßte Risiko der Krankheit während der ersten drei Wochen eines unbezahlten Urlaubs steht in keinem Zusammenhang mit der hier begehrten Kindergeldleistung. Der Kläger ist auch nicht Arbeitnehmer im Sinne des Art 1 Buchst a Ziff ii erster Spiegelstrich EWGV 1408/71, weil weder die Art der Verwaltung noch die Finanzierung des Systems der Familienleistungen nach dem BKGG eine Unterscheidung der Begünstigten als Arbeitnehmer oder Selbständige erlaubt. Fehlen die genannten Kriterien, ist gemäß Art 1 Buchst a Ziff ii zweiter Spiegelstrich 2. Alt EWGV 1408/71 auf die in Anh I enthaltene Definition zurückzugreifen.
Anh I Abschn I UAbschn C zur EWGV 1408/71 hat folgenden Wortlaut:
„Ist ein deutscher Träger der zuständige Träger für die Gewährung der Familienleistungen gemäß Titel III Kapitel 7 der Verordnung, so gilt iS des Art 1 Buchst a Ziff ii der Verordnung a) als Arbeitnehmer, wer für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert ist oder im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhält …”
Geht man aber von dieser Regelung aus, so hat Art 73 EWGV 1408/71 in den streitigen Monaten nicht zu einem Kindergeldanspruch des Klägers geführt. Denn für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert ist nach § 104 Abs 1 Satz 1 iVm § 168 Abs 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) jemand, der eine beitragspflichtige Beschäftigung gegen Entgelt ausübt. Dies ist während eines unbezahlten Urlaubs (also einer Zeit, in der der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber aufgrund freiwilliger Vereinbarung unbezahlt freigestellt wird) grundsätzlich nicht der Fall. Zeiten einer Beschäftigung, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 104 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG). Eine Ausnahme gilt nur für Zeiten, die jeweils vier Wochen nicht überschreiten (§ 104 Abs 1 Satz 3 AFG). In der Arbeitslosenversicherung sind also unbezahlte Freizeitperioden lediglich in diesem Rahmen unschädlich.
Kindergeldrechtliche Auswirkungen hat dies freilich nur, wenn ein unbezahlter Urlaub einen vollen Kalendermonat umfaßt. Denn Kindergeld ist noch bis zum Ende des Monats zu zahlen, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen; es wird wieder vom Beginn des Monats an gewährt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 9 Abs 1 BKGG). Ein unbezahlter Urlaub vom 2. Januar bis zum 30. März führt also im vorliegend zu erörternden Zusammenhang nur zum Wegfall des Kindergeldanspruchs für den Monat Februar.
(zu 2) Die zitierten deutschen Regelungen, die zu dem aufgezeigten Ergebnis führen, sind keiner Auslegung zugänglich, die zu einem dem Kläger günstigeren Ergebnis führen würde. Die Regelung des § 104 Abs 1 Satz 3 iVm Satz 2 Nr 1 AFG ordnet ausdrücklich eine vierwöchige Frist an und kann auch nicht so ausgelegt werden, daß stets die ersten vier Wochen auch eines länger dauernden unbezahlten Urlaubs als Pflichtversicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung gelten (zB Steinmeyer in: Gagel, AFG, § 104 RdNr 26 – Stand: August 1992 –; Heuer in: Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, § 104 RdNr 7 – Stand: Juli 1988 –; vgl auch das Urteil des Senats vom 28. Februar 1985, SozR 6930 Art 1 Nr 1 für die Anwendung einer Drei-Wochen-Frist innerhalb des § 7 SGB IV bei einem Fall nach dem Abk Türkei SozSich). Selbst damit wäre im übrigen das Problem allenfalls für den Ausgangsfall gelöst; im obigen Beispiel verbliebe es jedoch beim Wegfall des Kindergeldanspruchs für Februar.
(zu 3) Der Senat sieht sich jedoch an einer Entscheidung im geschilderten Sinne dadurch gehindert, daß er Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit der Vorschrift des Anh I Abschn I UAbsch C Buchst a EWGV 1408/71 hat. Er legt deshalb dem EuGH die aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Fragen zur Vorabentscheidung nach Art 177 Abs 1 Buchst b EG-Vertrag vor.
Der Senat weist insoweit auf folgende Gesichtspunkte hin:
Nach Art 48 Abs 2 EG-Vertrag gehört zu dem mit den Art 48 bis 51 EG-Vertrag angestrebten Ziel der Freizügigkeit der Arbeitnehmer die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten ua in bezug auf sonstige Arbeitsbedingungen. Hierzu wiederum zählen nach dem Urteil des EuGH vom 15. Januar 1986 (Pinna I, Slg 1986, 1, 25 RdNr 21 = SozR 6050 Art 73 Nr 9, S 14) auch die Bestimmungen über die Soziale Sicherheit. Art 48 EG-Vertrag ist – seit dem Ende der Übergangszeit (31. Dezember 1969) – unmittelbar anwendbares Recht (EuGH vom 4. Dezember 1974, Van Duyn, Slg 1974, 1337, 1347, RdNr 5/7; EuGH vom 16. Juni 1992, Kommission/Luxemburg, Slg 1992, I-3945, 3963, RdNr 15).
Die Beklagte hat zwar im Revisionsverfahren vorgetragen, die Definition des Arbeitnehmers in Anh I Abschn I UAbschn C EWGV 1408/71 und die aus ihr folgende Nichtgewährung von Kindergeld in den streitigen Monaten wirke im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern mit Kindern mit Wohnsitz im Ausland nicht diskriminierend, da auch diesen wegen Wegfalls der Wohnsitzfiktion des Art 73 EWGV 1408/71 bei längerem unbezahlten Urlaub das Kindergeld vorübergehend entzogen werden müßte. Wie der EuGH jedoch bereits im zitierten Urteil Pinna I (aaO) betont hat, verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die mit Hilfe der Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis kommen. Ebenso wie im Fall Pinna I stellt sich aber das Problem, daß die Kinder außerhalb Deutschlands wohnen, im wesentlichen für Wanderarbeitnehmer.
Wenn aber, wie der Rechtsprechung des EuGH zu Art 73 EWGV 1408/71 (s außer dem Urteil Pinna I das Urteil vom 2. März 1989, Pinna II, Slg 1989, 585 = SozR 6050 Art 73 Nr 11 sowie das Urteil vom 13. November 1990, Yanez-Campoy, Slg I 1990, 4097 = SozR 3-6050 Art 73 Nr 3) zu entnehmen ist, die Wohnsitzfiktion des Art 73 EWGV 1408/71 (idF durch die EWGV 3427/89; entsprechend früher Art 73 Abs 1 EWGV 1408/71 aF) nach dem EG-Vertrag geboten ist, so könnte das Diskriminierungsverbot des Art 48 Abs 2 EG-Vertrag auch einer Regelung entgegenstehen, die durch ihre Definition des Begriffs „Arbeitnehmer” in Art 73 iVm Anh I Abschn I UAbschn C EWGV 1408/71 zu dem Ergebnis führt, daß ein Arbeitnehmer mit Kindern, die im Ausland wohnen, bei einem längeren unbezahlten Urlaub seinen Anspruch auf Kindergeld verliert, während dies bei einem Arbeitnehmer mit Kindern mit Wohnsitz in Deutschland nicht der Fall ist.
Hierbei ist fraglich, ob die Definition, die Anh I Abschn I UAbschn C EWGV 1408/71 dem Begriff „Arbeitnehmer” gibt, mit dem EG-Vertrag übereinstimmt. Denn der Begriff „Arbeitnehmer” iS des Art 48 EG-Vertrag, der den Anwendungsbereich einer der vom Vertrag garantierten Grundfreiheit festlegt, ist nicht einschränkend, sondern weit auszulegen und umfaßt – frühere – Wanderarbeitnehmer sogar dann, wenn sie nicht – mehr – in einem Arbeitsverhältnis stehen, sondern ein mit ihrer früheren Berufstätigkeit in Zusammenhang stehendes Hochschulstudium aufgenommen haben (EuGH vom 21. Juni 1988, Lair, Slg 1988, 3161, 3199 f RdNrn 31 ff).
Der Senat sieht jedoch jedenfalls dann keinen Verstoß der fraglichen Regelung in Anh I Abschn I UAbschn C EWGV 1408/71 zu Art 48 Abs 2 EG-Vertrag, wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Kindergeld durch eine andere Gestaltung ohne Schwierigkeiten hätte behalten können. So bleibt durch eine Kombination von bezahltem mit unbezahltem Urlaub eine Abwesenheit von ca drei Monaten ohne schädliche Wirkung auf den Kindergeldanspruch (zB ein vier- bis fünfwöchiger bezahlter Urlaub, endend am 1. des nächsten Monats, daran anschließend unbezahlter Urlaub bis zum letzten Arbeitstag des darauf folgenden Monats). – Im vorliegenden Fall allerdings liegt nahe, daß der Kläger jeweils bereits ab Weihnachten 1985 bzw 1986 bezahlten Urlaub genommen hatte und sich der streitige unbezahlte Urlaub hieran anschloß. – Der Kindergeldanspruch bliebe zB auch dann erhalten, wenn mit dem Arbeitgeber eine „Streckung” des zustehenden Arbeitsentgelts unter Verlängerung des bezahlten Urlaubs vereinbart wird.
Darüber hinaus stellt die fragliche Regelung eine vernünftige und praktikable Grenzziehung dar. Sie lehnt sich nicht nur an das deutsche Arbeitsförderungsrecht an, ähnliche Fristen finden sich auch im Recht der deutschen gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. So entfallen zB die Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung nach spätestens einem Monat unbezahlten Urlaubs (§ 192 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch), ein uU gravierenderer Eingriff als der Verlust des Anspruchs auf Kindergeld.
Die aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Vorlagefragen vermag der Senat jedoch – vor allem im Hinblick auf das oa Urteil Lair – nicht ohne vernünftigen Auslegungszweifel zu beantworten (EuGH vom 6. Oktober 1982, C.I.L.F.I.T., Slg 1982, 3415, 3428).
Fundstellen