Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 30.07.1998)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juli 1998 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Rechtsstreit betrifft den Umfang der Erstattung von Lehrgangsgebühren im Rahmen einer Umschulung.

Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) hat die Umschulung des Klägers zum Tischler in der Zeit vom 27. September 1993 bis zum 26. Juni 1995 gefördert und Lehrgangsgebühren in Höhe von 70 vH des Gesamtbetrages erstattet. Der Kläger hält die Beschränkung der Erstattung für willkürlich, weil die BA bei inhaltsgleichen Lehrgängen die Lehrgangskosten in vollem Umfang erstatte. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, in voller Höhe seien die Lehrgangsgebühren nur zu erstatten, wenn die BA mit dem Träger einer freien Maßnahme Einvernehmen über die Höhe der Lehrgangskosten herstelle. Hierzu sei die BA nicht verpflichtet gewesen, weil die BA ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Umschulung des Klägers zum Tischler in nicht zu beanstandender Weise verneint habe. Soweit die BA bei inhaltsgleichen Maßnahmen Lehrgangsgebühren in vollem Umfang erstattet habe, sei dies nicht rechtserheblich. Möglicherweise habe die BA anderen Teilnehmern die Lehrgangsgebühren zu Unrecht in vollem Umfang erstattet. Darauf könne sich der Kläger wegen des Rechtsgrundsatzes „keine Gleichheit im Unrecht” nicht berufen. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.

Mit der Beschwerde macht der Kläger den Zulassungsgrund der Abweichung von Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geltend. Die Beschwerdebegründung führt im einzelnen aus, das BSG habe in dem Urteil vom 7. Mai 1998 – B 11 AL 67/97 R – zu § 12 Abs 5 Satz 2 Anordnung Fortbildung und Umschulung (AFuU) in der bis Mai 1993 geltenden Fassung vom 8. März 1991 (ANBA 1991, 454) entschieden, unabhängig von den Voraussetzungen dieser Regelung könne sich ein Anspruch auf volle Erstattung von Lehrgangsgebühren nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) ergeben, wenn die BA „in vergleichbaren Fällen” Lehrgangsgebühren in vollem Umfang zu übernehmen pflegte. Mit dieser die Entscheidung des BSG tragenden Aussage sei die ebenfalls tragende Begründung des LSG nicht zu vereinbaren, Lehrgangsgebühren seien stets nur mit 70 vH zu fördern, wenn es an einem arbeitsmarktpolitischen Interesse am Maßnahmeziel fehle; andere Rechtsgründe könnten nicht zu einer Förderung in vollem Umfang führen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere genügt die Bezeichnung des geltend gemachten Zulassungsgrundes den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Sachlich ist die Beschwerde jedoch nicht begründet, denn eine Abweichung des angefochtenen Urteils von dem in der Beschwerdebegründung bezeichneten Urteil des Senats liegt nicht vor. Die herangezogene Entscheidung des Senats betrifft nicht die gleiche Rechtsfrage wie diejenige des LSG. Die in der Beschwerdebegründung zutreffend wiedergegebene Rechtsansicht des Senats betrifft § 12 Abs 5 Satz 2 AFuU aF. Diese Vorschrift regelt Voraussetzungen, unter denen die BA verpflichtet ist, das Einvernehmen herzustellen. Dazu hat der Senat ausgeführt, eine Verpflichtung der BA könne sich außerdem ergeben, wenn die BA in vergleichbaren Fällen Lehrgangsgebühren in vollem Umfang zu übernehmen pflege. Diese Vorschrift hatte das LSG nicht anzuwenden. Es ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Förderung des Klägers nach der AFuU idF vom 29. April 1993 (ANBA 1993, Sonderheft vom 5. Mai 1993 S 1) und das Einvernehmen bei freien Maßnahmen insbesondere nach § 16 Abs 2 Satz 2 AFuU richte. Zwar kann eine Abweichung auch gegeben sein, wenn sich die zu vergleichenden Entscheidungen nicht auf die gleiche Rechtsnorm beziehen. Dies gilt jedoch nur, wenn sich aus unterschiedlichen Rechtsnormen die gleiche Rechtsfrage ergibt. Wegen des abweichenden Regelungsgehalts des § 16 Abs 2 Satz 2 AFuU nF trifft dies nicht zu. Abweichend von § 12 Abs 5 Satz 2 AFuU aF regelt die vom LSG angewandte Vorschrift nicht die Voraussetzungen, unter denen ein Einvernehmen mit dem Maßnahmeträger herzustellen ist. Sie setzt der Herstellung des Einvernehmens vielmehr von vornherein Grenzen, indem sie bestimmt, ein Einvernehmen dürfe ua nur hergestellt werden, wenn am Maßnahmeziel ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse bestehe. Wegen der abweichenden inhaltlichen Regelung des § 16 Abs 2 Satz 2 AFuU nF können die Erwägungen, die der Senat im Interesse der Rechtsgleichheit zu § 12 Abs 5 Satz 2 AFuU aF angestellt hat, hier nicht durchgreifen. Wegen der begrenzenden Regelung des § 16 Abs 2 Satz 2 AFuU nF kann sich der Kläger nicht auf Art 3 Abs 1 GG und eine abweichende Praxis der BA in vergleichbaren Fällen berufen. Der Gleichheitssatz begründet keine Pflicht zur Fehlerwiederholung. Bei Anwendung des § 12 Abs 5 Satz 2 AFuU aF bestand eine andere Rechtslage, weil diese Vorschrift die Voraussetzungen für das Einvernehmen nicht abschließend regelte.

Das angefochtene Urteil enthält insofern keine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175205

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