Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. August 1996 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger über den 30. September 1993 hinaus als Student versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 9 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) war. Der 1957 geborene Kläger war bei der Beklagten von September 1983 bis September 1985 und seit dem 1. April 1986 durchgehend nach § 165 Abs 1 Nr 5 der Reichsversicherungsordnung (seit dem 1. Januar 1989 § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V) als Student versicherungspflichtig. Die Beklagte teilte dem Kläger durch Bescheid vom 27. September 1993 mit, seine Versicherungspflicht als Student ende mit dem 30. September 1993. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) legte der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde innerhalb der bis zum 21. November 1996 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist mit Schriftsatz vom 19. November 1996 begründet. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers ist auf Bedenken dagegen hingewiesen worden, daß die Beschwerdebegründung der gesetzlich vorgeschriebenen Form genügt. Der Schriftsatz vom 19. November 1996 weise nach Form und Inhalt darauf hin, daß er nicht vom unterzeichnenden Prozeßbevollmächtigten gefertigt worden sei und lasse auch nach seinem Inhalt nicht erkennen, daß er vom Unterzeichner nach Durcharbeitung des Prozeßstoffes gefertigt worden sei. Der Prozeßbevollmächtigte hat hierzu mit Schriftsatz vom 14. März 1997 ua erklärt, die Revisionsbegründungsschrift sei unter Beteiligung des Klägers entworfen worden. Dies gelte über die materielle Rechtsfrage hinaus auch für die Fragen der besonderen Begründung der Zulässigkeit einer Revision im streitbefangenen Fall. Der Entwurf sei nach Vorgaben des Unterzeichners gefertigt und werde von diesem selbst verantwortet.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil ihre Begründung nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entspricht.
Nach § 160a Abs 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Bei der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muß sich ein Beteiligter ebenso wie bei der Begründung einer Revision durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen (§ 166 SGG). Die hier innerhalb der Begründungsfrist vorgelegte Beschwerdebegründung ist zwar von einem vor dem Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet. Gleichwohl ist die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht gewahrt worden. Für die Form der Revisionsbegründung ist wiederholt entschieden worden, daß die bloße Vorlage eines von einem Rechtsanwalt unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schriftsatzes des Beteiligten jedenfalls dann nicht genügt, wenn der Rechtsanwalt den Streitstoff nicht selbst geprüft, gesichtet und rechtlich durchgearbeitet hat (BVerwGE 22, 38 = Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 21; BVerwG Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 38; BFHE 136, 52, 53; BFH NV 1986, 175 f). In der Regel reicht zwar die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter die Revisionsbegründung für die Annahme einer derartigen Bearbeitung aus, weil es Sinn der Unterzeichnung ist, daß der Unterzeichner die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernimmt. Lassen aber die gesamten Umstände erkennen, daß der Prozeßbevollmächtigte die Prüfung, Gliederung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes nicht vorgenommen hat, so handelt es sich um eine rein formale Unterzeichnung und nicht um eine gesetzmäßige Begründung der Revision. Für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde gilt nichts anderes. Die bloße Vorlage eines vom Prozeßbevollmächtigten unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schriftsatzes des Beteiligten stellt keine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung dar, wenn der Rechtsanwalt die Durchsicht, Sichtung und Gliederung des Streitstoffes nicht vorgenommen hat (vgl zum ganzen ua BSG, Beschluß vom 4. August 1992 – 8 BKn 16/91).
Es steht zur Überzeugung des Senats fest, daß hier die Beschwerdebegründung nicht von dem unterzeichnenden Prozeßbevollmächtigten, sondern vom Kläger selbst verfaßt worden ist. Dies hat der Prozeßbevollmächtigte im Schriftsatz vom 14. März 1997 selbst eingeräumt. Der Satz, der Entwurf ist nach Vorgaben des Unterzeichners gefertigt, besagt, daß der Unterzeichner die Revisionsbegründung nicht selbst verfaßt hat. Die Überzeugung, der Kläger habe die Beschwerde, so wie sie vorliegt, vollständig und ohne Änderungen selbst geschrieben, gründet sich zunächst auf deren äußeres Erscheinungsbild. Seite 1 der Beschwerdebegründung ist zwar auf Briefpapier mit dem Briefkopf der Prozeßbevollmächtigten geschrieben. Die Beschwerde ist aber nicht wie alle früheren Schriftsätze der Prozeßbevollmächtigten mit einer normalen Schreibmaschine geschrieben, sondern mit einem Computerdrucker. Mit einem Computerdrucker sind auch mehrere Schriftsätze im Berufungsverfahren geschrieben worden, die der Kläger selbst geschrieben hatte (vgl zB Schriftsatz vom 7. Dezember 1995 Bl 83 ff der Akte des LSG und Schriftsatz vom 16. Januar 1996 Bl 120 ff ebenda). Diesen Schriftsätzen ähnlich in Gliederung und Zeilenabstand ist die Beschwerdebegründung. Das Schriftbild des Schriftsatzes des Prozeßbevollmächtigten vom 14. März 1997 ist wiederum anders und möglicherweise von einem Computerdrucker gedruckt, aber mit einem anderen Zeilenabstand als die Beschwerdebegründung. Der Prozeßbevollmächtigte hat letztere nur mit seinem Nachnamen unterzeichnet, wie auch alle anderen Schriftsätze in den Gerichtsakten. Mit dem Drucker ist darunter aber sein Name als „Dr. U. K.” … geschrieben, wohingegen an der entsprechenden Stelle in allen anderen Schriftsätzen des Prozeßbevollmächtigten – und zwar durchgehend einschließlich des Schriftsatzes vom 14. März 1997 – sein Name nur mit „Dr. K.” geschrieben worden ist.
Die Beschwerdebegründung läßt auch inhaltlich eine eigene kritische Durchsicht und Durcharbeitung des Prozeßstoffs durch den unterzeichnenden Prozeßbevollmächtigten nicht erkennen. Schon der Umfang der Beschwerdebegründung von fast 25 durchgehend engzeilig und mit schmalen Rändern beschriebenen Seiten ist ungewöhnlich; sie entspricht einem Umfang von annähernd 50 mit eineinhalbzeiligem Abstand beschriebenen Schreibmaschinenseiten. Die Berufungsbegründung des Prozeßbevollmächtigten umfaßte demgegenüber lediglich 10 Seiten. In der Beschwerdebegründung selbst läßt der mit „Erklärungsvorspann (ESP) – Quellen:” bezeichnete Teil von acht Seiten mit einer umfangreichen Darstellung des bisherigen beruflichen Werdegangs des Klägers nicht erkennen, weshalb diese Ausführungen notwendig sind, um die Beschwerde zu begründen. Das gilt umso mehr, als das Revisionsgericht nach Maßgabe des § 163 SGG an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden ist. Der Hinweis im Schriftsatz vom 14. März 1997, diese Darstellung habe der Unterzeichner befürwortet, da „hierdurch der komplexe Sachverhalt zur deutlicheren Darstellung gelang(e)”, vermag den Senat nicht davon zu überzeugen, daß auch nur dieser Teil der Beschwerdebegründung vom Unterzeichner nach Abfassung noch durchgesehen worden ist. Im übrigen bedient sich die gesamte Beschwerdebegründung einer unjuristischen Ausdrucksweise und ist, selbst hiervon abgesehen, sprachlich zum Teil nur schwer verständlich.
Die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen drei Rechtsfragen umfassen insgesamt 24 vollgeschriebene Zeilen. So wie sie gestellt worden sind, sind die Fragen nicht zu beantworten. Eine kritische Aufarbeitung der Rechtsfragen im Hinblick darauf, was aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als Rechtsfrage beantwortet werden kann, ist nicht zu erkennen. Die fehlende Durcharbeitung des Prozeßstoffes und der Beschwerdebegründung durch den Prozeßbevollmächtigten zeigt sich schließlich auf Seite 13/14 der Beschwerdebegründung. Es wird hier auf eine Kommentierung zu einer Vorschrift des SGB V Bezug genommen. Der Autor der Kommentierung soll „ggf als gutachterliche(r) Zeuge zum Vortrag vorzuladen” sein. Der Senat geht davon aus, daß kein zugelassener Rechtsanwalt einem Bundesgericht das Ansinnen unterbreitet, zur Auslegung innerstaatlichen Rechts einen Kommentator als gutachterlichen Zeugen zu hören.
Ungeachtet des Umstandes, daß der Prozeßbevollmächtigte nunmehr erklärt, daß die zusätzliche Divergenzrüge zurückgenommen werde, kann der diese Rüge betreffende Teil der Beschwerdebegründung nicht unberücksichtigt bleiben, soweit es um die Frage geht, ob die Beschwerdebegründung dem Prozeßbevollmächtigten zuzurechnen ist. Dieser Teil der Beschwerdebegründung läßt eine Bearbeitung durch den Prozeßbevollmächtigten ebenfalls nicht erkennen.
Die Begründung zu der behaupteten Abweichung von einer Entscheidung des BSG führt umfangreich aus, das Urteil des LSG lege einen anderen Sachverhalt zugrunde, als er tatsächlich gegeben sei (vgl zB Seite 16/17 der Beschwerdebegründung). Eine Entscheidung des BSG bzw ein Rechtssatz des BSG, von dem das LSG mit einem Rechtssatz abgewichen sein könnte, wird in der gesamten Beschwerdebegründung nicht dargelegt. Der Senat geht davon aus, daß einem Rechtsanwalt, der eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Abweichung der Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG einlegt, bewußt ist, daß mit der Divergenz nicht eine angeblich unrichtige Sachverhaltsfeststellung des LSG gerügt werden kann, wie dies im vorliegenden Fall ausschließlich geschehen ist.
Aus den aufgezeigten Tatsachen ergibt sich die Überzeugung des Senats, daß die Beschwerdebegründung vom Prozeßbevollmächtigten jedenfalls nach Abfassung durch den Kläger nicht mehr durchgesehen und auf ihre rechtliche Relevanz überprüft worden ist. Sie entspricht damit nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 SGG.
Die unzulässige Beschwerde hat der Senat ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entsprechend § 169 SGG als unzulässig verworfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen