Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Beschwerdebegründung. Übernahme oder Überreichung der ausgearbeiteten Begründung des Beschwerdeführers durch Prozeßbevollmächtigten
Orientierungssatz
1. Wird nur die vom Beschwerdeführer ausgearbeitete Begründung überreicht oder hat der Prozeßbevollmächtigte in seinem Schriftsatz ganz oder teilweise einen vom Beschwerdeführer entworfenen Text übernommen, fehlt es an dem Nachweis, daß sich der Prozeßbevollmächtigte mit der Sache selbst so intensiv befaßt hat, wie das Sinn und Zweck des § 160a Abs 2 SGG verlangt (vgl ua BSG vom 15.4.1981 - 1 BA 23/81 = SozR 1500 § 160 Nr 44).
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 22.9.1995 - 1 BvR 1431/95).
Normenkette
SGG § 160a Abs 2
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 16.12.1994; Aktenzeichen L 4 Kr 846/94) |
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 03.03.1994; Aktenzeichen S 5 Kr 1358/91) |
Gründe
Die Beschwerde des Klägers entspricht nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form.
Die von Rechtsanwalt H unterzeichnete Beschwerdebegründung enthält einleitend die Worte: ". . . wird die Nichtzulassungsbeschwerde weisungsgemäß wie folgt begründet:". Hieraus und aus einigen Passagen der Beschwerde hat der Senat den Eindruck gewonnen, daß die Ausführungen der Beschwerde jedenfalls teilweise vom Kläger selbst formuliert und unverändert in die Beschwerdebegründung übernommen worden sein könnten. Hierfür nur ein Beispiel. Auf S 22 oben heißt es in der Beschwerdebegründung wörtlich:
"Das Ansinnen auf die Auswahl eines ärztlichen Psychotherapeuten nach Ausschöpfung des Therapiekontingents der Krankenkasse besagt im übrigen im Hinblick auf die Bindung des Kassenarztes an die Kontingentierung in den Psychotherapie-Richtlinien deren Umgehung durch Arzt und Patient, was ein Schlaglicht auf die Rechtstreue der so urteilenden Richter wirft.
Dieser Hinweis des SG und des LSG auf die 'sehenden Auges' und in Kenntnis der entgegenstehenden Vorschriften getroffene Auswahl einer nicht zugelassenen Psychotherapeutin ist nichts als neurotische Schuldzuweisung und enthüllt den rachsüchtigen Charakter der zugrundeliegenden neurotischen Struktur der so Urteilenden."
Ist aber davon auszugehen, daß der Prozeßbevollmächtigte die Beschwerde nicht selbst begründet, sondern den Text seines Mandanten - wenn auch nur teilweise - übernommen hat, so ist die Beschwerdebegründung unbeachtlich. Dabei spielt es keine Rolle, ob der postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte oder der Beteiligte selbst den Schriftsatz unterschrieben hat. Durch die Kennzeichnung, daß die Nichtzulassungsbeschwerde "weisungsgemäß begründet" werde, distanziert sich der Prozeßbevollmächtigte von den Ausführungen und will die Verantwortung für deren Form und Inhalt ausschließen. Dies ist indessen mit dem auch für die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht geltenden Vertretungszwang (vgl BSG SozR 1500 § 166 Nr 1 und § 160 Nr 44; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde 1990, RdNr 39) unvereinbar. Er soll gewährleisten, daß ein postulationsfähiger Prozeßbevollmächtigter den Streitstoff selbst prüft und daraufhin untersucht, ob einer der gesetzlichen Zulassungsgründe gegeben ist. Wird nur die vom Beschwerdeführer ausgearbeitete Begründung überreicht oder hat der Prozeßbevollmächtigte in seinem Schriftsatz ganz oder teilweise einen vom Beschwerdeführer entworfenen Text übernommen, fehlt es an dem Nachweis, daß sich der Prozeßbevollmächtigte mit der Sache selbst so intensiv befaßt hat, wie das Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung verlangen (vgl dazu BSG SozR 1500 § 160 Nr 44; BVerwG Buchholz 310 § 132 Verwaltungsgerichtsordnung Nrn 18, 110, 202; Kummer RdNr 103 mwN).
Die mithin nicht formgerechte und damit unzulässige Beschwerde war in entsprechender Anwendung des § 169 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5, s a BVerfG in SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen