Tenor
Dem Kläger wird für das Revisionsverfahren Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt R.… in Berlin beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten des Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Dem Kläger, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Revisionsverfahrens nicht aufbringen kann, war Prozeßkostenhilfe zu gewähren, nachdem die beabsichtigte Rechtsverfolgung aufgrund der am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Neufassung des § 2 Arbeitserlaubnisverordnung (ArbErlaubV) durch die Neunte Verordnung zur Änderung der ArbErlaubV vom 21. Dezember 1990 (BGBl I 3009) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Nachdem der Kläger die begehrte arbeitsmarktunabhängige Arbeitserlaubnis aufgrund der Neuregelung von der Beklagten erhalten hat und die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war auf Antrag gemäß § 193 Abs 1 2. Halbs Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluß zu entscheiden, ob und in welchem Umfange die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Diese Entscheidung ist dahin zu treffen, daß Kosten nicht zu erstatten sind.
Daß die Aufwendungen der Beklagten nicht zu erstatten sind, folgt unmittelbar aus § 193 Abs 4 SGG. Im übrigen, dh hinsichtlich der Kosten, die dem Kläger entstanden sind, ist die Kostenentscheidung nach § 193 SGG nach sachgemäßem Ermessen zu treffen (BSGE 17, 124, 128; BSG SozR Nrn 3, 4 und 7 zu § 193 SGG). Abgesehen von der in § 194 Satz 1 SGG ausgesprochenen Verweisung auf § 100 Zivilprozeßordnung (ZPO) finden die Kostenvorschriften der ZPO keine Anwendung; denn die besondere, den Eigenarten des sozialgerichtlichen Verfahrens angepaßte Kostenregelung des SGG schließt eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften nach § 202 SGG aus (BSG SozR Nr 3 zu § 193 SGG).
Für die nach sachgemäßem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung in einem Urteil ist in erster Linie der Verfahrensausgang maßgebend (BSGE 17, 124, 128). Das ist indes nicht starr zu handhaben und schließt nicht aus, daß im Einzelfall der erfolgreich gebliebene Bürger die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat (vgl BSG aaO). In Sonderheit für den Fall, daß der für den Kläger günstige Ausgang des Rechtsstreits allein auf eine Rechtsänderung im Revisionsverfahren zurückzuführen ist, hat das Bundessozialgericht (BSG) es für gerechtfertigt gehalten, von jeglicher Verpflichtung der letztlich unterlegenen Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers abzusehen; es hat sich darauf gestützt, daß § 193 SGG keine starre Kostenvorschrift wie § 91 ZPO enthalte, sondern eine Verteilung der Kosten nach Billigkeit erlaube (BSGE 3, 95, 105 f). Demgegenüber hat im Zivilprozeß und im Verwaltungsprozeß der aufgrund Urteils Unterlegene die Kosten auch dann zu tragen, wenn der Prozeß erst infolge einer Rechtsänderung verlorengeht; Bundesgerichtshof (BGH) und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) begründen dies mit der kostenrechtlichen Grundregel des § 91 ZPO bzw des § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung, nach der es allein auf das letztliche Unterliegen ankommt (BGHZ 37, 233, 246 f; BVerwGE 50, 2, 10 f; vgl auch BFHE 119, 407, 409).
Braucht im sozialgerichtlichen Verfahren nach einer Rechtsänderung die durch Urteil unterlegene Anstalt des öffentlichen Rechts Kosten des erfolgreichen Klägers ggf nicht zu erstatten, gilt dies erst recht, wenn die Rechtsänderung schon dazu führt, daß die verklagte Anstalt dem sachlichen Begehren des Klägers von sich aus entspricht und hierdurch die Hauptsache erledigt, wie das hier geschehen ist. Allerdings vertritt der Bundesfinanzhof (BFH) die Auffassung, daß es bei Erledigung der Hauptsache durch eine Rechtsänderung zu Ungunsten einer Partei billigem Ermessen entspreche, dieser Partei die Verfahrenskosten aufzuerlegen, auch wenn sie ohne die Rechtsänderung obgesiegt hätte. Der BFH begründet dies damit, daß bei einer Entscheidung durch Urteil der durch die Rechtsänderung benachteiligten Partei nach § 135 Abs 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) kraft Gesetzes die Kosten auferlegt werden müßten, ohne daß es darauf ankäme, ob diese Partei bis zur Rechtsänderung im Recht gewesen sei. Folgerichtig wäre es dann im Rahmen einer isolierten Kostenentscheidung unbillig, nicht nach dem gleichen Grundsatz zu entscheiden (BFHE 119, 407, 409). Es kann dahingestellt bleiben, ob dem zu folgen wäre, wenn im sozialgerichtlichen Verfahren uneingeschränkt die Grundregel gelten würde, daß es für die Kosten nur auf das Unterliegen ankommt; denn das ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Daher ist dem BFH für den Bereich des SGG nicht zu folgen. Der Senat weicht, weil er nicht nach der FGO, sondern nach dem davon abweichenden SGG zu entscheiden hat, damit nicht von der vorgenannten Entscheidung des BFH ab. In der Richtigkeit seiner Auffassung sieht sich der Senat übrigens durch den BGH und das BVerwG bestärkt. Der BGH (aaO) hat nämlich eingeräumt, daß die obsiegende Partei an den Kosten des Rechtsstreits beteiligt werden könne, wenn der Rechtsstreit sich infolge einer zu ihren Gunsten erfolgten Gesetzesänderung erledigt habe. Das BVerwG hat seine Entscheidung, daß eine rückwirkende Rechtsänderung im Rechtsmittelzug zu berücksichtigen sei, ausdrücklich damit begründet, daß der von der Rechtsänderung nachteilig Betroffene die Kostenlast abwenden könne, indem er die Hauptsache für erledigt erkläre, sobald die Rechtsänderung eingetreten sei (BVerwG aaO; vgl auch BVerwG MDR 1959, 236).
Hiernach kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger die begehrte arbeitsmarktunabhängige Arbeitserlaubnis nur aufgrund der Neufassung des § 2 ArbErlaubV erhalten hat. Denn nach dem bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Recht hätte der Kläger nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) bei der gebotenen summarischen Prüfung einen Anspruch auf eine besondere Arbeitserlaubnis nicht gehabt. Der Senat teilt insoweit insbesondere die Auffassung des LSG, daß die Versagung einer arbeitsmarktunabhängigen Arbeitserlaubnis nach den besonderen Verhältnissen des Klägers keine Härte iS des § 2 Abs 6 ArbErlaubV (aF) bedeuten würde. Zu der Frage, ob bei erfolglos gebliebenen Asylbewerbern, denen dennoch der dauernde Aufenthalt im Inland ermöglicht wird, aus Härtegründen eine besondere Arbeitserlaubnis zu erteilen ist, hat der Senat im Urteil vom 8. Juni 1989 – 7 RAr 114/88 – (BSGE 65, 126 = SozR 4100 § 19 Nr 22) Stellung genommen. Zutreffend hat das LSG erkannt, daß der Kläger die Voraussetzungen, die nach dieser Entscheidung für eine arbeitsmarktunabhängige Arbeitserlaubnis erforderlich sind, (noch) nicht erfüllte, weil der Kläger keinen ununterbrochenen rechtmäßigen Inlandsaufenthalt von acht Jahren aufweisen kann.
Ist hiernach ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der begehrten besonderen Arbeitserlaubnis erst nach der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem LSG durch Änderung der maßgeblichen Vorschriften entstanden und hat die Beklagte dem alsbald Rechnung getragen, erscheint es unbillig, ihr die Erstattung der dem Kläger durch den Rechtsstreit entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
Fundstellen