Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den bezeichneten Beschluss Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Dr. W., A., als Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für durch die Beigeladene erbrachte Betreuungsleistungen im Zeitraum vom 11.1.2013 bis 31.12.2013.
Dem 1962 geborenen, seelisch behinderten Kläger wurden 2011 und 2012 Leistungen des ambulant betreuten Wohnens von der Beigeladenen erbracht, mit der der Beklagte eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung abgeschlossen hatte. Diese kündigte der Beklagte zum 31.12.2012 wegen erheblicher Mängel in der Leistungserbringung. Der Kläger beantragte (Antrag vom 6.12.2012), ihm für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2013 Leistungen des ambulant betreuten Wohnens in Form eines persönlichen Budgets zu erbringen und schloss am 10.1.2013 mit der Beigeladenen zum 11.1.2013 einen Betreuungsvertrag. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, sofern der Kläger die Beigeladene mit der Leistungserbringung beauftrage; im Übrigen bestehe die Bereitschaft, Leistungen in Form eines persönlichen Budgets zu erbringen, sofern ein anerkannter Anbieter beauftragt werde (Bescheid vom 16.1.2013; Widerspruchsbescheid vom 12.4.2013). Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Aachen vom 11.9.2015; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Nordrhein-Westfalen vom 27.1.2020). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, eine Leistungspflicht des Beklagten gerade für die von der Beigeladenen erbrachten Leistungen setze voraus, dass diese eine geeignete Leistungserbringerin sei. Dies sei jedoch wegen der festgestellten erheblichen Mängel nicht der Fall. Deshalb könne dahinstehen, ob die Leistungserbringung in Form eines persönlichen Budgets das Vorhandensein einer Leistungs- und Prüfungsvoraussetzung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer voraussetze.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz sowie Verfahrensmängel geltend; zudem beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Grundsätzlich bedeutsam sei, ob das Persönliche Budget den gleichen Anforderungen wie die vom Sozialhilfeträger zu erbringenden Sachleistungen unterliege. Auch wenn das LSG diese Frage letztlich offengelassen und die Auffassung vertreten habe, die Beigeladene sei nicht zur Erbringung von Leistungen des ambulant betreuten Wohnens geeignet, sei zu entscheiden, welche Qualitätsanforderungen an den Leistungserbringer im Rahmen eines persönlichen Budgets zu stellen seien. Das LSG habe im Übrigen eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nicht getroffen.
Die vom LSG aufgestellten Rechtssätze stünden zudem in Widerspruch zur Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.11.2011 (B 11 AL 7/10 R). Während das LSG entschieden habe, mit dem Budget dürften nur solche Leistungen bezahlt werden, die auch ohne das Budget als Sachleistung hätten beansprucht werden können, faktisch also, dass der Leistungserbringer mit dem Sozialhilfeträger eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geschlossen haben müsse, habe das BSG in der genannten Entscheidung ausgeführt, die Leistungsausführung durch ein Persönliches Budget könne nicht allein deshalb verweigert werden, weil es sich bei der konkret gewählten Einrichtung nicht um eine anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen handle. Das LSG habe zudem den Zweck des Budgets missachtet, den Berechtigten in die Lage zu versetzen, selbst über die notwendigen Leistungen zu entscheiden.
Schließlich liege ein Verfahrensmangel vor, weil er, der Kläger, mit Schriftsatz vom 18.12.2019 ausdrücklich angeregt habe, bestimmte, namentlich benannte Ärzte als Zeugen zu laden, die Angaben über die Qualität der Leistungen der Beigeladenen hätten machen können. Diesen Beweisantrag habe das LSG ebenso übergangen wie die wiederholt beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Qualität der Leistungserbringung der Beigeladenen. Außerdem hätte das LSG Herrn A. als Zeugen laden müssen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Soweit sich dem Vorbringen zunächst die Rechtsfrage entnehmen lässt, ob "das Persönliche Budget den gleichen Anforderungen wie die vom Sozialhilfeträger erbrachte Sachleistung genügen", kann dahinstehen, ob diese ausreichend konkret formuliert ist. Denn jedenfalls fehlt es an der Darlegung ihrer Klärungsfähigkeit. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsfähigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden müssen (BSG vom 25.6.1980 - 1 BA 23/80 - SozR 1500 § 160 Nr 39; und BSG vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31). Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hat das LSG die von ihm als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage aber offengelassen und seine Entscheidung auf die fehlende Eignung der Beigeladenen im vorliegenden Einzelfall gestützt. Deshalb hätte es zur ordnungsgemäßen Darlegung der Klärungsfähigkeit weiteren Vortrags dazu bedurft, wie das Revisionsgericht - trotzdem - im angestrebten Revisionsverfahren zur Beantwortung seiner Frage gelangen könnte. Daran fehlt es hier. Der Kläger macht nur geltend, dass die Beigeladene aus seiner Sicht geeignete Leistungserbringerin sei.
Zudem wird der Klärungsbedarf der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend aufgezeigt. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei. Dies hätte verlangt, dass sich der Kläger insbesondere mit dem Urteil des BSG vom 11.5.2011 (B 5 R 54/10 R - BSGE 105, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1 RdNr 29) auseinandersetzt, denn darin wird gerade ausgeführt, dass bei der Erbringung von Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets eine Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter nicht bestehe. Weshalb - trotzdem - weiterer Klärungsbedarf besteht, hat der Kläger nicht dargelegt. Soweit er geltend macht, die Eignung der Beigeladenen habe das LSG unzutreffend beurteilt, rügt er nur die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG, die aber nicht der Revision zur Zulassung verhelfen kann (stRspr; vgl nur BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7).
Wenn der Kläger als grundsätzlich bedeutsam beschreibt, dass unter Berücksichtigung der bisher ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entschieden sei, welche Qualitätsanforderungen an einen Leistungserbringer im Rahmen des Persönlichen Budgets zu stellen seien, fehlt es an einer konkreten Rechtsfrage. Der Kläger beschreibt damit lediglich ein aus seiner Sicht bestehendes Defizit in der Rechtsprechung. Eine konkrete Rechtsfrage wird auch durch die weiteren Ausführungen, dies gelte "insbesondere für die inhaltliche Lage, den individuellen Bedarf einer unbestimmten Vielzahl von Leistungsberechtigten zu decken", nicht im Ansatz nachvollziehbar. Die weitere Begründung, dass sowohl er selbst als auch die ihn im fraglichen Zeitraum behandelnden Ärzte der Auffassung seien, dass die Beigeladene seinen individuellen Bedarf habe decken können, macht nur das von ihm erwartete Ergebnis im vorliegenden Einzelfall deutlich. Welche grundsätzlichen Fragen sich (von der medizinischen Würdigung des Sachverhalts abgesehen) in diesem Zusammenhang stellen sollten, wird aber nicht erkennbar. Eine von ihm offenbar angestrebte vom vorliegenden Fall losgelöste, lehrbuchartige Aufarbeitung aller in diesem Zusammenhang denkbaren Fragestellungen ist jedoch nicht Aufgabe des Senats in einem Revisionsverfahren. Soweit der Kläger rügt, das LSG habe sich nicht mit § 75 Abs 4 SGB XII auseinandergesetzt, fehlt es ebenfalls an jeder weiteren Darstellung dazu, welche grundsätzlichen Fragen sich in diesem Zusammenhang (Übernahme der Vergütung ohne Abschluss einer Vereinbarung) stellen sollten. Er macht insoweit wiederum nur aus seiner Sicht bestehende inhaltliche Mängel der LSG-Entscheidung geltend.
Aber auch der Zulassungsgrund der Divergenz ist nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend gerügt. Eine Divergenz liegt nur dann vor, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG aufgestellt hätte; eine Abweichung ist erst dann zu bejahen, wenn das LSG diesen Kriterien - wenn auch unter Umständen unbewusst - widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (BSG vom 29.11.1989 - 7 BAr 130/88 - SozR 1500 § 160a Nr 67). Der Kläger stellt zwar - zumindest sinngemäß - auf verschiedene Rechtssätze ab, die das BSG in seiner Entscheidung vom 30.11.2011 (B 11 AL 7/10 R - BSGE 109, 293 = SozR 4-3250 § 17 Nr 2) aufgestellt habe, und führt aus, das LSG weiche insoweit im Grundsätzlichen ab. Er trägt indes - wie oben ausgeführt - zugleich vor, das LSG habe in der vorliegenden Entscheidung gerade offengelassen, ob die Erbringung von Leistungen in Form des Persönlichen Budgets an die Voraussetzungen geknüpft werden dürfe, die für die Sachleistungserbringung gälten. Damit fehlt es schon an der schlüssigen Darlegung eines tragenden abstrakten Rechtssatzes des LSG, der von Rechtsprechung des BSG im dargestellten Sinne divergiert.
Auch ein Verfahrensmangel ist nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; BSG vom 24.3.1976 - 9 BV 214/75 - SozR 1500 § 160a Nr 24; BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36). Wer sich - wie hier - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss daher ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG vom 20.9.2013 - B 8 SO 15/13 B; BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN).
Daran fehlt es hier. Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung (am 27.1.2020) von seinem Bevollmächtigten vertreten war, trägt nur vor, er habe in einem Schriftsatz vom 18.12.2019 als Beweisanregungen formuliert, verschiedene Behandler zum Termin als Zeugen zu laden. Selbst wenn diese Anregungen - wie er nun meint - als Beweisanträge zu verstehen gewesen sein sollten, behauptet er noch nicht einmal, in diesem Termin solche Anträge aufrechterhalten zu haben. Dass er die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt hat, behauptet er nur, ohne dies im Einzelnen nachvollziehbar zu machen. Schließlich behauptet er nicht einmal, die Vernehmung von Herrn A. als Zeugen beantragt zu haben. Dem Schriftsatz vom 18.12.2019, den er allein in Bezug nimmt, lässt sich dies jedenfalls nicht entnehmen.
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier aus den ausgeführten Gründen. Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14206871 |