Verfahrensgang
Thüringer LSG (Urteil vom 17.08.2017; Aktenzeichen L 5 VE 168/17) |
SG Altenburg (Entscheidung vom 31.01.2017; Aktenzeichen S 8 VE 381/16) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 17. August 2017 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt zum wiederholten Mal Leistungen der Opferentschädigung wegen einer nach ihrer Ansicht fehlerhaften orthopädischen Behandlung ihrer Skoliose in der ehemaligen DDR.
Ihren im Jahr 2013 beim Beklagten erfolglos gestellten Antrag auf Beschädigtenversorgung begründete die Klägerin mit der Behauptung, die sie in den Jahren 1986-1990 behandelnden Ärzte hätten notwendige Behandlungen unterlassen und sie über bestehende Behandlungsmöglichkeiten getäuscht.
Das SG hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen, weil es an einem Angriff im Sinne des § 1 OEG fehle (Gerichtsbescheid vom 24.6.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die seinerzeit an der Klägerin durchgeführte Behandlung in feindseliger Willensrichtung erfolgt wäre und daher einen Angriff im Sinne von § 1 OEG darstellen könne. Der anderslautende Vortrag der Klägerin sei unsubstantiiert und erschöpfe sich in Mutmaßungen, die dem Gericht keinen Anlass für weitere Ermittlungen böten. Unabhängig davon sei ein etwaiges Fehlverhalten der behandelnden Ärzte auch nicht kausal für die gesundheitliche Schädigung der Klägerin, weil sie von sich aus von einer möglichen Operation abgesehen habe (Urteil vom 16.4.2015). Die gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil erhobene und mit Verfahrensmängeln begründete Beschwerde hat der Senat verworfen. Die Klägerin habe unter anderem keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet (BSG Beschluss vom 2.10.2015 - B 9 V 46/15 B).
Im Juni 2015 hat die Klägerin wegen der behaupteten medizinischen Falschbehandlung erneut Leistungen nach dem OEG beantragt. Das LSG hat wie vor ihm der Beklagte und das SG den Anspruch der Klägerin wiederum verneint. Es sei nicht von einem rechtswidrigen tätlichen Angriff auf die Klägerin auszugehen, insbesondere fehle es an einer feindseligen Willensrichtung (Urteil vom 17.8.2017).
Für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das LSG habe die Vorschriften über die Beweiserhebung, insbesondere § 118 SGG, und seine Amtsermittlungspflicht verletzt und willkürlich entschieden.
II
1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin - Anhaltspunkte dafür, dass sie einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall der Klägerin hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte. Der behauptete Anspruch der Klägerin war nicht zuletzt bereits Gegenstand einer erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerde (Beschluss des Senats vom 2.10.2015 - B 9 V 46/15 B). Für den von der Klägerin erhobenen Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung durch das LSG ist nach wie vor nichts ersichtlich.
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte. Die Klägerin macht im Kern eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch die Vorinstanzen geltend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen bis zuletzt aufrechterhaltenen, hinreichend konkreten Beweisantrag hat die Klägerin indes nicht bezeichnet. Ein solcher Antrag ergibt sich auch weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus der Berufungsakte. Zuletzt hat die Klägerin sich darin mit einem Urteil des LSG ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Danach hat sie sich lediglich noch zum Beweis ihrer Behauptungen wiederholt auf den Inhalt der umfangreichen Verwaltungs- und Gerichtsakten und ihren Vortrag in vorangegangenen Verfahren verwiesen. Mit ihrem damit verbundenen Vorwurf der Aktenwidrigkeit wendet sich die Klägerin letztlich gegen die Beweiswürdigung des LSG, die § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG indes der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (zB BSG Beschluss vom 26.1.2017 - B 9 V 72/16 B - Juris RdNr 14; Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160 RdNr 58 mwN).
2. Da der Klägerin keine PKH zusteht, kann sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI11650435 |