Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Vermeintliche Ersparnis
Orientierungssatz
Ein Kostenerstattungsanspruch besteht nicht schon deshalb, weil eine Krankenkasse dadurch, dass der Versicherte Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart; denn sonst könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden (vgl zB BSG vom 24.9.1996 - 1 RK 33/95 = BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11).
Normenkette
SGB 5 § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.02.2004; Aktenzeichen L 5 KR 108/03) |
SG Koblenz (Urteil vom 11.06.2003; Aktenzeichen S 12 KR 19/01) |
Tatbestand
Die bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin, bei der eine Atrophie des Oberkiefers mit Prothesenunverträglichkeit besteht, begehrt - bislang erfolglos - die vollständige Erstattung der Kosten für eine 2000/2001 erfolgte knochenaufbauende Operation mit anschließender Implantatversorgung; eine Bezuschussung der Suprakonstruktionen hat ihr die Beklagte zugesagt. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem die Berufung zurückweisenden Urteil teilweise auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen und entschieden, dass die Beklagte die Kostenübernahme nicht zu Unrecht abgelehnt habe: Ein Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 13 Abs 3 Alt 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) scheide aus, weil kein Ausnahmefall vorliege, in dem gemäß § 28 Abs 2 Satz 9 iVm den Zahnbehandlungs-Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen ein Sachleistungsanspruch auf eine Implantatversorgung bestehe; insbesondere stellten die Kieferatrophie und die attestierte Zyklothymie keine Ausnahmeindikationen dar; höherrangiges Recht werde dadurch - wie das Bundessozialgericht (BSG) entschieden habe - nicht verletzt. Die begehrten chirurgischen und kieferchirurgischen Maßnahmen hätten die Setzung der Implantate vorbereiten sollen. Der Gedanke einer Vermögensentschädigung der Klägerin durch die Beklagte für vermeintlich oder tatsächlich ersparte Aufwendungen, die auch bei einer vertragszahnärztlichen Versorgung angefallen wären, sei der sozialen Krankenversicherung fremd (Urteil vom 12. Februar 2004).
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und rügt einen Verfahrensfehler.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensfehlers des Berufungsverfahrens (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Wird als Verfahrensfehler eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG dargelegt werden, dass das LSG verfahrensfehlerhaft einen entscheidungserheblichen, noch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das LSG aufrechterhaltenen Beweisantrag übergangen hat, indem es ihm ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4; SozR 3-1500 § 160 Nr 29). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin macht insoweit geltend, sie habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage beantragt, wie hoch die anteiligen Kosten bei einer konventionellen prothetischen Versorgung gewesen wären; dazu habe das LSG unzutreffend auf das Urteil des BSG vom 10. November 1977 (SozR 2200 § 185 Nr 2) verwiesen, das zu einer Zeit ergangen sei, als Versicherte noch keine Kostenerstattung hätten wählen können. Mit diesem Vorbringen wird die Entscheidungserheblichkeit der im LSG-Verfahren beantragten Beweiserhebung und deren unzureichende Ablehnung nicht dargetan. Denn dazu hätte rechtlich untermauert werden müssen, kraft welcher Regelungen oder Rechtsgrundsätze die Beklagte hätte verpflichtet sein sollen, die Kosten einer konventionellen Versorgung zu übernehmen, die über die in § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V vorgesehene und hier zugesagte Kostenbeteiligung hinausgeht. Unbeschadet der Frage, ob die vom LSG zitierte Entscheidung (noch) einschlägig ist, lässt die Beschwerdebegründung außer Acht, dass die Erwägung des LSG in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats aus jüngerer Zeit steht. Danach besteht ein Kostenerstattungsanspruch nicht schon deshalb, weil die Krankenkasse dadurch, dass der Versicherte Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart; denn sonst könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden (vgl dazu zB BSGE 79, 125, 127 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51; BSGE 80, 181, 182 = SozR 3-2500 § 13 Nr 14 S 69; BSGE 86, 66, 76 = SozR 3-2500 § 13 Nr 21 S 97 f mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen