Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 28.04.1993)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. April 1993 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

Streitig ist im Ausgangsverfahren die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit (EU/BU); umstritten ist insbesondere die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Der im Jahre 1933 geborene Kläger war von 1949 bis 1977 in seinem erlernten Beruf als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt, dann bis Juli 1988 als selbständiger Maurermeister und anschließend bis Januar 1991 als abhängig beschäftigter Hilfsschachtmeister wiederum versicherungspflichtig tätig. Während der selbständigen Tätigkeit entrichtete er weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Seinen am 16. Oktober 1991 gestellten Antrag auf Rente wegen EU oder BU lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Dezember 1991 ab. Zwar bestehe EU seit dem 9. April 1990, jedoch habe der Kläger nicht zuletzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt. Im maßgeblichen Zeitraum vom 1. April 1985 bis zum 31. März 1990 seien nur 21 Monate mit Pflichtversicherungsbeiträgen belegt, auch die Voraussetzungen des Art 2 § 6 Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) seien nicht gegeben. Widerspruch, Klage und Berufung waren erfolglos. Das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) hat in seinem Urteil vom 28. April 1993 ausgeführt, entgegen der Auffassung des Klägers seien die §§ 1246 Abs 2a, 1247 Abs 2a der Reichsversicherungsordnung (RVO) nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 1987 (BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr 142) mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Kläger zähle zwar grundsätzlich zu dem von der gesetzlichen Rentenversicherung geschützten Personenkreis. Dies schließe es jedoch nicht aus, daß der Gesetzgeber für die Gewährung von Leistungen daraus Mindestanforderungen an die Beitragsdichte vor Eintritt des Versicherungsfalls knüpfe, die der Kläger nicht erfülle. Es könne nicht unbeachtet bleiben, daß er sich im Jahre 1977 mit der Aufnahme seiner selbständigen Erwerbstätigkeit aus der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung gelöst habe, indem er weder Pflichtbeiträge als Selbständiger noch freiwillige Beiträge entrichtet habe.

Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegten Beschwerde macht der Kläger geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung. Ferner weiche die Entscheidung des LSG von der bisherigen Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts (BSG) ab und beruhe auf verschiedenen Verfahrensverstößen.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) – grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel – liegen nicht vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt und klärungsbedürftig ist. Das ist zum einen nicht der Fall, wenn die Antwort auf die Rechtsfrage von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 4, 11). Zum anderen ist auch eine Rechtsfrage, die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung haben, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13, 65). Schließlich muß die Rechtsfrage in dem einer Zulassung folgenden Revisionsverfahren entscheidungserheblich und damit auch klärungsfähig sein (BSG SozR 1500 § 160a Nr 54). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Der Kläger macht geltend, die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 (BGBl I S 1532) mit Wirkung vom 1. Januar 1984 geänderten Bestimmungen der RVO, welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen EU oder BU betreffen (§ 1247 Abs 2a iVm § 1246 Abs 2a Nr 1 RVO) und an denen sein Rentenanspruch scheitere, seien verfassungswidrig. Er ist der Ansicht, der Eigentumsschutz (Art 14 des Grundgesetzes ≪GG≫), das Sozialstaatsprinzip und der Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) würden durch die streitigen Regelungen verletzt. Es sei insgesamt ungerechtfertigt, daß neben der Erfüllung der Wartezeit von 60 Kalendermonaten und einer bestehenden Pflichtversicherung noch eine Schranke von zusätzlichen 36 Monaten Pflichtbeitragszeiten aufgestellt werde und er trotz seiner langen Vorversicherungszeiten keinen Schutz vor existentiellen Risiken genieße, die bei jungen Menschen abgesichert würden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat über die Frage der Verfassungswidrigkeit der Rechtsnormen, an denen der Rentenanspruch des Klägers scheitert, bereits entschieden (Beschluß vom 8. April 1987 – 1 BvR 564, 684, 877, 886, 1134, 1636, 1711/84 – ≪BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr 142≫). Es hat ausgeführt, daß diese Regelungen mit Art 14 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG vereinbar sind, soweit danach Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hatten, ihre Anwartschaften durch Weiterzahlung von Beiträgen aufrechterhalten können. Denn die so begründeten Anwartschaften würden nicht völlig entzogen, sondern lediglich dadurch modifiziert, daß diese Versicherten – sofern nicht bereits pflichtversichert – gezwungen waren, zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft Mindestbeiträge aufzuwenden. Da die Neuregelung durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sei, stelle sich diese zusätzliche Belastung als zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dar. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor. Die Begünstigung der Pflichtversicherten lasse sich dadurch rechtfertigen, daß diese in der Regel in wesentlich stärkerem Maße zur Versichertengemeinschaft beigetragen und ihren Verpflichtungen nicht hätten ausweichen können. Die Stichtagsregelung (31. Dezember 1983) sei notwendig und sachlich vertretbar. Die differenzierende Regelung der Hinterbliebenenrenten rechtfertige sich aus deren Unterhaltsersatzcharakter. Der allgemeine Gleichheitssatz enthalte kein Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln.

Die Frage, ob die Regelungen des Haushaltsbegleitgesetzes 1984, die dem Rentenanspruch des Klägers entgegenstehen, unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen Art 14 GG oder Art 3 GG verfassungswidrig sind, ist nach der Entscheidung des BVerfG entgegen der Ansicht des Klägers nicht klärungsbedürftig geblieben und auch nicht wieder geworden. Mehrere Beschwerdeführer in diesem Verfahren waren Selbständige, die bereits längere Zeit pflichtversichert oder freiwillig versichert gewesen waren, bevor für sie keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichtet wurden. So war einer der Beschwerdeführer mehr als 12 Jahre lang pflichtversichert und dann noch 26 Jahre lang freiwillig versichert. Diese Versicherten befanden sich insoweit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der streitigen Regelungen am 1. Januar 1984 in einer Lage, die der damaligen versicherungsbiographischen Situation des Klägers vergleichbar war. Demgegenüber kommt es weder für Art 14 GG noch für Art 3 GG darauf an, ob der Versicherte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls wieder pflichtversichert war oder nicht.

Durch die Entscheidung des BVerfG ist geklärt, daß die Modifikation der Anwartschaft von Versicherten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung in einer der des Klägers vergleichbaren Lage waren, nicht gegen Art 14 Abs 1 GG verstößt. Die beanstandete Regelung, nach der ein Versicherter, der nach Verlust der Anwartschaft wieder versicherungspflichtig geworden ist, grundsätzlich jeder andere Versicherte Pflichtversicherungsbeitragszeiten von 36 Monaten zurücklegen muß, um (wieder) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu erfüllen, stellt demgegenüber keinen weiteren Eingriff in eine dem Eigentumsschutz des Art 14 GG unterliegende Rechtsposition des Klägers dar. Denn er hatte zuvor wie jeder andere, der bei Inkrafttreten des Gesetzes die Anwartschaft erfüllt hatte, die rechtliche Möglichkeit, diese Rentenanwartschaft durch Entrichtung freiwilliger Beiträge zu erhalten; hätte er davon Gebrauch gemacht, wäre er von der von ihm als unverhältnismäßig empfundenen Notwendigkeit der Erlangung einer neuen Anwartschaft nicht betroffen.

Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, der zur Annahme der Verfassungswidrigkeit der dem Rentenanspruch des Klägers entgegenstehenden Rechtsnormen führen könnte und mit dem sich das BVerfG nicht bereits auseinandergesetzt hätte, ist nicht ersichtlich. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl etwa BVerfGE 55, 72, 88). Die Anwendung des Art 3 Abs 1 GG verlangt dabei den Vergleich von Lebensverhältnissen, die nicht in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sein können. Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, welche von diesen Elementen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht (vgl BVerfGE 71, 255, 271; 81, 108, 117). So steht dem Gesetzgeber auch bei der Bestimmung des Personenkreises, für den die gesetzliche Regelung Anwendung finden soll, ein weiter Gestaltungsbereich zu (vgl etwa BVerfGE 23, 12, 28).

Soweit der Kläger eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Versicherten rügt, die beim Eintritt von EU infolge eines Unfalls vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung durch die Wartezeitfiktion des § 1252 Abs 2 RVO begünstigt werden, vermag ihm der erkennende Senat nicht zu folgen. Denn zwischen der Gruppe der Selbständigen, die – wie er – aufgrund der hier im Streit stehenden Bestimmungen des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit ihre Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbsminderung verloren haben und dann wieder versicherungspflichtig tätig geworden sind und der Gruppe der Begünstigten nach § 1252 Abs 2 RVO bestehen erhebliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Die Fiktion der Wartezeiterfüllung nach dieser Bestimmung soll eingreifen, wenn der Versicherte in so jungen Jahren und in so kurzer Zeit nach Beendigung seiner Ausbildung durch Unfall einen Versicherungsfall (nur der EU, vgl BSG SozR 2200 § 1252 Nr 2) erlebt, daß es ihm noch nicht möglich war, die erforderliche Wartezeit zu erfüllen (vgl BT-Drucks VI/3767, Art I § 1 – Änderungen des Vierten Buches der RVO –, Nr 9 – § 1252 S 14). Hierdurch unterscheidet sich die Gruppe der von einem den Versicherungsfall der EU auslösenden Unfall betroffenen jungen Versicherten signifikant von der des Klägers, die ohne weiteres die Möglichkeit gehabt hätte, ihre bereits erworbene Anwartschaft auf eine Rente wegen EU (oder BU) durch Entrichtung freiwilliger Beiträge (Art 2 § 6 Abs 2 Satz 1 Nr 2 ArVNG) aufrechtzuerhalten.

Auch aus dem Gesichtspunkt des Sozialstaatsprinzips folgt entgegen der Ansicht des Klägers nicht die Verfassungswidrigkeit der streitigen Regelung. Konkrete Pflichten für den Gesetzgeber lassen sich daraus regelmäßig nicht ableiten (vgl BVerfGE 27, 253, 283). Von einer Vernachlässigung des sozialen Schutzes einer ins Gewicht fallenden Zahl von Personen, die zu einer Verletzung des Sozialstaatsprinzips führen könnte, kann hier nicht die Rede sein. Für eine erweiternde Auslegung des Art 14 GG und des Art 3 GG im Lichte des Sozialstaatsprinzips, die über die Entscheidung des BVerfG hinausginge, gibt der vorliegende Sachverhalt keine Veranlassung.

Eine Abweichung des angegriffenen Urteils von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG hat der Kläger nicht formgerecht gerügt. Dazu ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl SozR 1500 § 160a Nrn 14, 21, 29) in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, so zu bezeichnen, daß sie ohne große Schwierigkeiten auffindbar ist (Datum, Aktenzeichen oder Fundstelle), und es ist kenntlich zu machen, worin eine Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muß darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muß einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, daß die Divergenz erkennbar wird.

Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers nicht. Die Stellungnahmen des 4a-Senats und des 11. Senats des BSG im Verfahren vor dem BVerfG (BVerfGE 75, 78, 92), von denen das Urteil des LSG nach Ansicht des Klägers abweicht, stellen keine „Entscheidungen” des BSG dar. Bei einer „Entscheidung” in diesem Sinne muß es sich zwar nicht um ein Urteil handeln, sondern auch ein Beschluß, in dem eine Rechtsfrage entschieden wird, kommt in Betracht (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 160 RdNr 11; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, RdNr 161 f). Die Stellungnahme eines obersten Gerichtshof des Bundes im Rahmen eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist jedoch keine „Entscheidung” iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, weil damit keine Rechtsfrage verbindlich entschieden wird. Im übrigen wäre hier auch darzulegen gewesen, daß das BSG seine im Verfassungsbeschwerdeverfahren geäußerte Rechtsansicht auch nach der Verkündung der Entscheidung des BVerfG aufrechterhalten hat; dies hat der Kläger jedoch versäumt.

Soweit der Kläger seine Beschwerde auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels stützt, kann er damit bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil er diesen nicht ordnungsgemäß „bezeichnet” hat. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur dann gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die Rüge des Klägers, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es seinen in der Berufungsschrift gestellten Antrag, die Gesetzesmaterialien beizuziehen, ohne hinreichende Begründung übergangen habe, bezeichnet keinen Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens.

Um den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG insoweit zu genügen, muß in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht nur ein den Vorschriften der Zivilprozeßordnung (ZPO) entsprechender Beweisantrag so genau bezeichnet sein, daß er für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbar ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 45; § 160a Nr 10). Es muß auch vorgetragen werden, das LSG habe den Beweisantrag abgelehnt, obwohl es sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu einer Beweisaufnahme hätte gedrängt fühlen müssen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 10, 34).

Der Vortrag des Klägers, er habe beantragt, die Gesetzesmaterialien beizuziehen, bezeichnet keinen zulässigen Beweisantrag. Die Beweisaufnahme im sozialgerichtlichen Verfahren soll dem Gericht die Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale der anzuwendenden Rechtsnormen ausfüllen, vermitteln. Die „Materialien” sind grundsätzlich allgemein zugänglich und bei der Auslegung der Gesetze und erst recht der Prüfung der Verfassungsgemäßheit von Rechtsnormen vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich ebensowenig wie bei der Heranziehung und Würdigung von Fachliteratur oder in anderen Rechtssachen ergangenen Gerichtsentscheidungen um eine Beweisaufnahme; ein Antrag auf Beiziehung dieser Unterlagen stellt daher keinen Beweisantrag, sondern lediglich einen Hinweis auf der Auslegung dienende Schriftwerke dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173111

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