Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 23.11.1993; Aktenzeichen L 6 Ar 576/91)

SG Landshut (Urteil vom 29.05.1991)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. November 1993 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU). Streitig ist vornehmlich, ob sie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diese Leistungen erfüllt oder noch erfüllen kann.

Die 1949 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Von 1970 bis 1983 war sie in der Bundesrepublik Deutschland als ungelernte Arbeiterin in der Elektroindustrie, Hilfe in einer Wäscherei, Küchenhilfe und als Putzfrau versicherungspflichtig beschäftigt. Im Juli 1983 wurde sie arbeitslos und kehrte noch im selben Jahr in ihre Heimat zurück, wo sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nachging.

Am 31. August 1989 beantragte die Klägerin über den jugoslawischen Versicherungsträger bei der Beklagten unter Bezugnahme auf ein Gutachten der Invalidenkommission Novi Sad die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU oder BU. Dies lehnte die Beklagte nach medizinischen Ermittlungen durch Bescheid vom 8. August 1990 mit der Begründung ab, die Klägerin sei angesichts ihres Leistungsvermögens weder berufs- noch erwerbsunfähig. Weiter wies die Beklagte darauf hin, daß der Rentenantrag selbst bei Eintritt der BU oder EU im August 1989 wegen Nichterfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen abzulehnen gewesen wäre; auch durch eine freiwillige Beitragsleistung könne ein Anspruch auf Rente wegen EU oder BU nicht mehr erworben werden.

Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteile des Sozialgerichts Landshut ≪SG≫ vom 29. Mai 1991 sowie des Bayerischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 23. November 1993). Das LSG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Voraussetzungen der § 1246 Abs 2a der Reichsversicherungsordnung (RVO), § 1247 Abs 2a RVO (ab 1. Januar 1992 §§ 43, 44 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫) oder des Art 2 § 6 Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫ (ab 1. Januar 1992: § 240 Abs 2, § 241 Abs 2 SGB VI) seien bei der Klägerin nicht erfüllt. Eine Rentengewährung für einen nach November 1985 eingetretenen Versicherungsfall der BU oder EU komme wegen Fehlens der in den genannten Vorschriften aufgeführten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht in Betracht. Da die Klägerin den letzten Pflichtbeitrag zur Arbeiterrentenversicherung im Juli 1983 entrichtet und anschließend bis Oktober 1983 Zeiten der Arbeitslosigkeit zurückgelegt habe, bestehe für die Zeit ab November 1983 eine Beitragslücke, die auch nicht durch sogenannte Aufschubzeiten iS der § 1246 Abs 2a Satz 2 Nrn 1 bis 6, § 1247 Abs 2a RVO bzw Zeiten gemäß § 43 Abs 3 und 4 SGB VI aufgefüllt werde. Demnach verlängere sich der Anrechnungszeitraum, in dem die Klägerin die Mindestzahl von 36 Kalendermonaten an Pflichtbeiträgen erreichen müsse, lediglich um die bis Oktober 1983 zurückgelegten Aufschubzeiten. Für eine nach November 1985 eingetretene BU oder EU erfülle die Klägerin daher nicht mehr die einschränkenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Erwerbsminderung sei auch nicht aufgrund eines in § 1252 RVO genannten Tatbestandes eingetreten.

Die Klägerin habe die Rentenanwartschaft auch nicht durch Auffüllung der bestehenden Beitragslücken nach der Übergangsvorschrift des Art 2 § 6 Abs 2 Satz 1 und 3 ArVNG mit freiwilligen Beiträgen aufrechterhalten. Sie könne die bestehenden Beitragslücken nicht mehr nachträglich durch Entrichtung freiwilliger Beiträge schließen, weil zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Jahre 1989 die Entrichtungsfristen für die Jahre 1984 bis 1988 bereits verstrichen gewesen seien (vgl § 1418 Abs 1 RVO). Hieran habe sich auch durch die in § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI getroffene Regelung nichts geändert, weil auch hier die Zulässigkeit der noch nicht erfolgten Beitragszahlung Voraussetzung für die fehlende Notwendigkeit des Vorliegens entsprechender Anwartschaftserhaltungszeiten sei.

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung stünde der Klägerin mithin nur dann zu, wenn BU oder EU bei ihr bis spätestens November 1985 eingetreten gewesen wäre. Aufgrund der übereinstimmenden Ausführungen der in der Bundesrepublik Deutschland gehörten ärztlichen Sachverständigen stehe jedoch fest, daß die Klägerin selbst zum Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung im Juli 1990 noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit leichten bis mittelschweren Arbeiten in der Lage gewesen sei. Daß eine Ärztekommission in Jugoslawien das Vorliegen von Invalidität nach dortigem Recht bestätigt habe, sei unbeachtlich, weil die deutschen Behörden und Gerichte hierdurch nicht gebunden würden.

Angesichts ihres beruflichen Werdegangs sei die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar; es sei offensichtlich, daß im Raum der gesamten Bundesrepublik Deutschland Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl vorhanden seien, die der Klägerin sozial und gesundheitlich zumutbar seien (Hinweis auf Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 2200 § 1246 Nr 33). Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin nach Juli 1990 berufs- oder erwerbsunfähig geworden sei. Denn selbst wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllen sollte, könnte ihr wegen Fehlens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen kein entsprechender Rentenanspruch zustehen.

Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor: Die Anwendung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 1246 Abs 2a RVO/Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG auf in ihre Heimat zurückgekehrte Jugoslawen, die – wie sie – in der Bundesrepublik Deutschland eine Rentenanwartschaft erworben und keine Möglichkeit hätten, aus Jugoslawien freiwillige Beiträge zu entrichten, sei verfassungswidrig, weil sie ihr Recht auf Eigentum (Art 14 des Grundgesetzes ≪GG≫) verletze.

Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluß vom 28. April 1987 (BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr 142) die Einführung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Haushaltsbegleitgesetz 1984 (HBegleitG 1984) als verfassungsgemäß angesehen, es jedoch offengelassen, ob diese Regelungen auch Versicherten gegenüber verfassungsgemäß seien, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des HBegleitG 1984 ihre Anwartschaft auf Rente wegen EU oder BU verloren hätten, ohne daß ihnen die Möglichkeit eingeräumt wäre, diese durch weitere Beitragsleistungen aufrechtzuerhalten. Sie habe diese Möglichkeit mangels Kenntnis von den mit Wirkung vom 1. Januar 1984 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nicht gehabt. Die in der Bundesrepublik hierzu erfolgten Veröffentlichungen hätten sie an ihrem Wohnort R.… K.… nicht erreicht; von einer solchen Kenntnis könne bei in ihrer Heimat lebenden Ausländern auch nicht ausgegangen werden. Die Entrichtung freiwilliger Beiträge von Jugoslawien aus sei ihr auch nicht möglich gewesen. Ihr Rentenanspruch sei daher nach den bis zum 1. Januar 1984 geltenden – von ihr erfüllten – versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu beurteilen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen LSG vom 23. November 1993 und des Urteils des SG Landshut vom 29. Mai 1991 sowie des Bescheides vom 8. August 1990 zu verurteilen, ihr ab 1. September 1989 Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Die von der Klägerin behauptete Verletzung der Aufklärungspflicht könne keinen Verfassungsverstoß, sondern allenfalls einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Auf eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht nach § 13 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) könne die Klägerin aber keinen Herstellungsanspruch stützen, weil die dort normierte allgemeine Aufklärungspflicht der Versicherungsträger kein subjektives Recht der Versicherten begründe. Im übrigen habe sie – die Beklagte – durch Information der jugoslawischen Verbindungsstelle für eine ausreichende Aufklärung der in ihre Heimat zurückgekehrten Gastarbeiter gesorgt.

Sie habe auch keine der Klägerin gegenüber gemäß § 14 SGB I bestehende Beratungspflicht verletzt. Eine solche Pflicht werde in der Regel erst durch ein entsprechendes Begehren der Versicherten ausgelöst. Zwar habe der Versicherungsträger die Versicherte darüber hinaus von sich aus spontan auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, wenn sie sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten. Gesetzliche Änderungen verpflichteten den Rentenversicherungsträger aber nicht dazu, alle bei ihm geführten Versicherungskonten daraufhin zu überprüfen, ob sie Anlaß für eine spontane Beratung geben (Hinweis auf BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 12).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG.

Für eine Entscheidung in der Sache bedarf es weiterer Ermittlungen. Dies betrifft zunächst die Frage des Eintritts eines Versicherungsfalls der EU oder BU in der Zeit ab August 1990. Sollte diese zu bejahen sein, sind weitere Ermittlungen zu der Frage erforderlich, ob die Klägerin gemäß Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG noch anwartschaftserhaltende Beiträge zur deutschen oder jugoslawischen Rentenversicherung entrichten kann.

Der Rentenanspruch der Klägerin richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO (iVm dem ArVNG), weil der Antrag bis zum 31. März 1992 gestellt worden ist und die Rente auch für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 begehrt wird (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Rechtsgrundlage sind danach zunächst die §§ 1246, 1247 RVO in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden – neueren – Fassung (nF). Diese setzen voraus

– die Erfüllung der Wartezeit (§ 1246 Abs 1 und 3, § 1247 Abs 1 und 3 RVO nF),

– den Eintritt des Versicherungsfalles der BU oder EU (§ 1246 Abs 1 und 2, § 1247 Abs 1 und 2 RVO nF) und

– die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls (§ 1246 Abs 1 und 2a, § 1247 Abs 1 und 2a RVO nF).

Die letztgenannte besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung ist erst durch das HBegleitG 1984 zusätzlich eingeführt worden. Dazu regelt Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG, in welchen Fällen noch die bis zum 31. Dezember 1983 geltende – alte – Fassung der §§ 1246, 1247 RVO (aF) anzuwenden ist, die das grundsätzliche Erfordernis von versicherungsfallnahen Pflichtbeitragszeiten noch nicht kannte. Auf die Voraussetzungen dieser Übergangsvorschrift kommt es nur an, wenn die Klägerin zwar nicht die Tatbestandsmerkmale des § 1246 Abs 1 oder § 1247 Abs 1 RVO nF, wohl aber diejenigen der aF einer dieser beiden Bestimmungen (Wartezeit, Eintritt des Versicherungsfalles) erfüllt.

Aufgrund der Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, daß bei der Klägerin die Wartezeit für eine Rente wegen EU oder BU gegeben ist. Nach § 1246 Abs 3, § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst a RVO beider Fassungen ist dafür grundsätzlich die Zurücklegung einer Versicherungszeit (vgl §§ 1249, 1250 RVO) von 60 Kalendermonaten erforderlich. Das ist hier der Fall. Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils iVm den Rentenakten der Beklagten, auf die dort Bezug genommen wird, ergibt sich nämlich, daß die Klägerin während ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland von 1970 bis 1983 insgesamt für 135 Monate Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat (vgl ua die Mitteilung der Beklagten an die jugoslawische Verbindungsstelle vom 21. August 1990).

Nach den von den Beteiligten unangegriffenen und damit für den erkennenden Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) ist bei der Klägerin bis Juli 1990 kein Versicherungsfall der BU oder EU eingetreten. Für die Folgezeit hat das LSG keine Feststellungen getroffen, sondern es ausdrücklich offengelassen, ob bei der Klägerin EU oder BU eingetreten ist, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 1246, 1247 RVO nF nicht erfüllt seien. Ob dies zutrifft, kann jedoch anhand der berufungsgerichtlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

Nach § 1246 Abs 2a Satz 1 RVO nF, auf den § 1247 Abs 2a RVO nF für die EU-Rente verweist, ist eine Versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zuletzt vor Eintritt der BU ausgeübt worden, wenn

1. von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der BU mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind oder

2. die BU aufgrund eines der in § 1252 RVO genannten Tatbestände eingetreten ist.

Die letztgenannte Alternative (§ 1246 Abs 2a Satz 1 Nr 2 RVO nF) ist hier nicht gegeben. In dieser Vorschrift wird auf § 1252 RVO Bezug genommen, dessen Anwendung lediglich die Entrichtung eines Beitrags vor Eintritt der BU durch die dort genannten Ereignisse (zB Arbeitsunfall, Wehrdienstbeschädigung) voraussetzt (vgl dazu Senatsurteil vom 31. März 1993 – 13 RJ 35/91 – Umdr S 4). Es ist jedoch im vorliegenden Fall keiner der von § 1252 RVO erfaßten Tatbestände ersichtlich, wovon das LSG auch zutreffend ausgegangen ist.

Die Voraussetzungen des § 1246 Abs 2a Satz 1 Nr 1 RVO nF liegen nach den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen ebenfalls nicht vor. Unabhängig davon, wann der Versicherungsfall in der Zeit nach Juli 1990 bei der Klägerin eingetreten ist, vermag sie den Grundtatbestand (36 Monate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten 60 Kalendermonaten) nicht zu erfüllen. Sofern sie etwa bereits seit dem 1. August 1990 erwerbsunfähig war, erstreckt sich der “Belegungszeitraum” von 60 Kalendermonaten grundsätzlich vom 1. August 1985 bis 31. Juli 1990. In dieser Zeit hat sie jedoch – wie auch später – keine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt. Auf die Frage, ob in diesem Zusammenhang auch jugoslawische Beitragszeiten berücksichtigungsfähig wären (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 241 Nr 1; BSGE 75, 199, 211 f = SozR 3-2200 § 1246 Nr 48; Baumeister, RV 1987, 234, 236; Kunhardt, DAngVers 1984, 116, 117 f), kommt es hier nicht an, denn nach den Feststellungen des LSG ging die Klägerin in Jugoslawien keiner Erwerbstätigkeit mehr nach, sondern war dort ausschließlich als Hausfrau tätig.

Ferner ist davon auszugehen, daß der Rahmenzeitraum auch nicht durch sogenannte Aufschub- oder Streckungstatbestände iS von § 1246 Abs 2a Satz 2 RVO nF in hinreichendem – anwartschaftserhaltendem – Ausmaß in die Vergangenheit erweitert worden ist. Nach dieser Vorschrift werden bei der Ermittlung der 60 Kalendermonate nach § 1246 Abs 2a Satz 1 Nr 1 RVO nF bestimmte Arten von Zeiten, die nicht mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind, nicht mitgezählt. Das LSG hat das Vorliegen von derartigen Streckungszeiten – mit Ausnahme der nicht ausreichenden Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit von August bis Oktober 1983 – verneint, und entsprechende Tatbestände sind auch weder von der Revision geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

Einer Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in § 1246 Abs 2a RVO nF bedarf es allerdings nicht, wenn die Übergangsregelung des Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG eingreift. Nach dieser Vorschrift gelten § 1246 Abs 1 sowie § 1247 Abs 1 RVO aF auch für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 1983, wenn die Versicherte

1. vor dem 1. Januar 1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat und

2. jeden Kalendermonat in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalls mit Beiträgen oder den bei der Ermittlung der 60 Kalendermonate nach § 1246 Abs 2a RVO nF nicht mitzuzählenden Zeiten belegt hat.

Art 2 § 6 Abs 2 Satz 1 ArVNG gilt für Versicherungsfälle in der Zeit bis zum 30. Juni 1984 auch, ohne daß die Voraussetzungen der Nr 2 vorliegen (Art 2 § 6 Abs 2 Satz 2 ArVNG). Für Versicherungsfälle in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1984 gilt Satz 1 auch, wenn die Voraussetzungen der Nr 2 im ersten Kalenderhalbjahr 1984 vorliegen (Art 2 § 6 Abs 2 Satz 3 ArVNG).

Neben der Erfüllung der Wartezeit vor dem 1. Januar 1984 sieht diese Regelung somit je nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls weitere Belegungserfordernisse vor. Da die Klägerin die Wartezeit schon vor diesem Zeitpunkt erfüllt hatte und nach den Feststellungen des LSG jedenfalls nicht bis Juli 1990 berufs- oder erwerbsunfähig geworden ist, kommt es für sie möglicherweise (falls überhaupt EU oder BU vorliegt) darauf an, ob die Voraussetzungen des Art 2 § 6 Abs 2 Satz 1 Nr 2 ArVNG für einen nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall vorliegen. Es muß dann jeder Kalendermonat in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalls mit Beiträgen oder Streckungszeiten iS von § 1246 Abs 2a Satz 2 RVO nF belegt sein. Für den betreffenden Zeitraum (1. Januar 1984 bis – bei Eintritt von EU oder BU in der Zeit von August bis Dezember 1990 – frühestens Dezember 1989) sind von der Klägerin weder in Deutschland noch in Jugoslawien Beiträge entrichtet worden, auch scheiden Aufschubtatbestände aus. Es ist daher davon auszugehen, daß die Klägerin ihr Rentenbegehren gegenwärtig nicht auf die Übergangsregelung des Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG stützen kann.

Es bleibt allerdings die Frage, ob die Klägerin die ab 1. Januar 1984 nicht belegten Kalendermonate in dem gemäß Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG erforderlichen Umfang ggf noch mit freiwilligen Beiträgen auffüllen darf.

Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl BSGE 75, 199, 211 ff = SozR 3-2200 § 1246 Nr 48), kommen für eine Erfüllung der Voraussetzungen des Art 2 § 6 Abs 2 Satz 1 Nr 2 ArVNG grundsätzlich auch freiwillige Beiträge zur jugoslawischen Sozialversicherung in Betracht. Zwar erscheint es als sehr unwahrscheinlich, daß im vorliegenden Fall eine solche Entrichtung nach jugoslawischem Recht für die Zeit ab 1984 auch jetzt noch möglich ist. Jedoch müßte dies ggf noch geklärt werden. Die Ermittlung des insoweit einschlägigen ausländischen Rechts obliegt grundsätzlich den Tatsacheninstanzen (vgl Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 5. Aufl 1993, § 162 RdNr 6 mwN).

Was die Entrichtung von Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung betrifft, so kann diese nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen hier grundsätzlich nicht mehr nachgeholt werden. Gemäß § 1418 Abs 1 RVO in der im Jahre 1984 geltenden Fassung konnten freiwillige Beiträge nur bis zum Ende des Jahres entrichtet werden, für das sie gelten sollten. Der Ablauf dieser Frist ist im vorliegenden Fall auch nicht durch eine rechtzeitige Bereiterklärung (vgl § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO) oder ein laufendes Rentenverfahren (vgl § 1420 Abs 2 RVO) berührt worden. Auch das SGB VI enthält keine Regelung, die unter den vorliegenden Umständen eine Beitragszahlung für das Jahr 1984 zulassen würde (vgl §§ 197 ff SGB VI; vgl dazu auch BSG SozR 3-2600 § 197 Nr 1).

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung der erforderlichen Beiträge wegen unzureichender Beratung durch die Beklagte bei Eingang des Rentenantrags im Jahre 1989 kommt ebenfalls nicht in Betracht. In diesem Zeitpunkt war eine Beitragsentrichtung für das Jahr 1984 bereits nicht mehr zulässig; damit hätten auch bei entsprechender Beratung die Voraussetzungen des Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG nicht mehr erfüllt werden können. Andere Kontakte zur deutschen Rentenversicherung haben in der vorangegangenen Zeit (nach Verkündung des HBegleitG 1984) – soweit ersichtlich – nicht stattgefunden. Der festgestellte Sachverhalt bietet keinen Anlaß, darüber hinaus die Frage zu prüfen, ob ein Herstellungsanspruch auch auf unzureichende, falsche oder verzögerte Beratung durch jugoslawische Stellen gestützt werden könnte; denn Entsprechendes ist bisher nicht vorgetragen worden.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision allerdings geltend, Informationen über die betreffende Gesetzesänderung hätten sie nicht erreicht. Damit könnte sie sich auch auf eine unzutreffende Information der Bevölkerung in Jugoslawien berufen. Ob sie daraus Ansprüche herleiten kann, läßt sich anhand der berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen jedoch nicht beurteilen. Aus einer Verletzung der allgemeinen Informationspflicht des § 13 SGB I erwächst dem einzelnen Versicherten nämlich grundsätzlich kein Herstellungsanspruch (vgl BSGE 67, 90 = SozR 3-1200 § 13 Nr 1). Die bloße Behauptung der Versicherten, sie sei nicht informiert worden, würde daher nicht ausreichen. Ein solcher Anspruch könnte nur dann in Betracht kommen, wenn die Bevölkerung falsch oder irreführend informiert worden wäre (vgl BSG SozR 3-1300 § 27 Nr 3 S 5; BSG USK 83163; kritisch dazu Mrozynski, SGB I, 2. Aufl 1995, § 13 RdNr 13). Eine unrichtige Information durch jugoslawische Stellen wäre dem deutschen Rentenversicherungsträger, zumindest im Sinne einer wesentlichen Mitursache, nur dann zuzurechnen, wenn dieser die jugoslawische Verbindungsstelle seinerseits unzutreffend informiert hätte. Nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit (Abk Jugoslawien SozSich) vom 12. Oktober 1968 (BGBl 1969 II 1438) idF des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl 1975 II 390), ist das Verhältnis der Verwaltungsstellen der Vertragsstaaten nämlich so geregelt, daß gemäß Art 34 Abs 1 Satz 2 Abk Jugoslawien SozSich die deutschen zuständigen Stellen die zuständigen Stellen in Jugoslawien über Änderungen und Ergänzungen der maßgeblichen Rechtsvorschriften unterrichten und alsdann die jeweilige jugoslawische Verbindungsstelle die Bevölkerung ihres Landes informiert (Art 2 Abs 1 Satz 1 der Vereinbarung zur Durchführung des Abk Jugoslawien SozSich, BGBl 1973 II 711). Im vorliegenden Zusammenhang könnte eine solche Fehlinformation in Jugoslawien vorgekommen sein.

Das LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, welche Informationen zum HBegleitG 1984 von deutscher Seite aus den jugoslawischen Verbindungsstellen zur Weitergabe an die dortigen Versicherten übermittelt worden sind. Ein irreführender Inhalt kommt insoweit in Betracht, als in diesen Hinweisen wahrscheinlich Besonderheiten hätten berücksichtigt werden müssen, die sich nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben. Dabei ist von folgender Rechtslage auszugehen:

Eine freiwillige Beitragsentrichtung zur deutschen Rentenversicherung war für Jugoslawen, die in ihrer Heimat wohnten, rentenrechtlich möglich. Nach § 1233 Abs 1 Satz 1 RVO konnte allerdings für Zeiten nach Vollendung des 16. Lebensjahres freiwillige Beiträge nur entrichten, wer nicht versicherungspflichtig war und seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich der RVO hatte. Die Klägerin war nicht versicherungspflichtig und hatte auch das 16. Lebensjahr vollendet, einer freiwilligen Versicherung stand demnach allein ihr gewöhnlicher Aufenthalt in Jugoslawien entgegen. Da jedoch § 1233 Abs 1 Satz 1 RVO auch für Deutsche iS des Art 116 Abs 1 GG galt, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten (§ 1233 Abs 1 Satz 2 RVO), hilft hier Art 3 Abs 1 Buchst a Abk Jugoslawien SozSich weiter. Danach stehen bei Anwendung der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates dessen Staatsangehörigen die Staatsangehörigen des anderen Vertragsstaates gleich, wenn sie sich im Gebiet eines Vertragsstaates gewöhnlich aufhalten (vgl Koch/Hartmann, Die Rentenversicherung im SGB, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, Jugoslawien/Abkommen vom 12. Oktober 1968, Art 3 Anm 4; Ebenhöch, Kompaß 1987, 269, 272; derselbe, Kompaß 1991, 495, 500).

Was die Durchführung der Beitragsentrichtung anbelangt, liegt es nahe, daß den Betroffenen besonders weitreichende Möglichkeiten einer Bereiterklärung zur späteren Beitragszahlung iS von § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO einzuräumen waren. Nach dieser Vorschrift steht der Entrichtung der Beiträge iS von § 1418 RVO die gegenüber einer zuständigen Stelle abgegebene Bereiterklärung der Versicherten zur Nachentrichtung gleich, wenn die Beiträge binnen angemessener Frist entrichtet werden. Nach der Rechtsprechung des BSG gelten für die Angemessenheit der Nachzahlungsfrist nicht feste Grenzen; vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten sowie sonstige Entrichtungshindernisse zu berücksichtigen (vgl BSGE 10, 264, 268 = SozR Nr 1 zu § 1420 RVO; dazu auch BSGE 19, 247 = SozR Nr 3 zu § 1420 RVO). Insofern könnten im fraglichen Zeitraum für in ihre Heimat zurückgekehrte jugoslawische Arbeitnehmer erhebliche Schwierigkeiten bestanden haben, denen im Rahmen des § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO durch entsprechende Erleichterungen bei der Beitragsentrichtung hätte Rechnung getragen werden müssen. Zu denken ist dabei vor allem an devisenrechtliche Beschränkungen für Zahlungen von Jugoslawien nach Deutschland (vgl dazu BSGE 75, 199, 210 f = SozR 3-2200 § 1246 Nr 48; zur Berücksichtigung derartiger Umstände im Rahmen des § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO vgl auch BSGE 51, 230, 232 f = SozR 2200 § 1419 Nr 9) sowie an eine eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit (geringeres Lohnniveau, ungünstige Umrechnungskurse, Kaufkraftunterschiede) der betreffenden Versicherten (vgl dazu BSGE 75, 199, 218 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 48).

Bei der Auslegung des Begriffs der “angemessenen Frist” iS von § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO fällt schließlich auch entscheidend ins Gewicht, daß die Einführung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für BU/EU-Renten nach der Beurteilung des BVerfG (vgl BVerfGE 75, 78, 97 ff = SozR 2200 § 1246 Nr 142) nur deshalb mit Art 14 GG vereinbar war, weil gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen wurde, die Anwartschaften durch Leistung monatlicher Mindestbeiträge aufrechtzuerhalten, wobei der Zumutbarkeit der damit für die Betroffenen verbundenen Belastung eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 75, 199, 208 ff = SozR 3-2200 § 1246 Nr 48). Dieser verfassungsrechtliche Ansatz gebietet es, das Merkmal der “angemessenen Frist” so anzuwenden, daß die zur Anwartschaftserhaltung erforderliche Beitragsentrichtung für in ihre Heimat zurückgekehrte jugoslawische Arbeitnehmer in zumutbaren Grenzen bleibt.

Sollten die für Jugoslawien bestimmten Informationen der deutschen Rentenversicherungsträger diesen Gegebenheiten nicht hinreichend Genüge getan haben, könnte ihnen ein irreführender Charakter beizumessen sein. Denn für die betroffenen, in Jugoslawien lebenden Versicherten dürften Erleichterungen bei der Beitragsentrichtung besonders wichtig für die Frage gewesen sein, ob sie sich zur Nachzahlung bereit erklären sollten. Als weiteres Element des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wäre dann noch erforderlich, daß die Klägerin persönlich durch eine solche Fehlinformation abgehalten worden ist, rechtzeitig im Jahre 1984 eine Bereiterklärung iS von § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO abzugeben. Auf die Feststellung einer derartigen Kausalität (iS einer “Fehlleitung” der Bürgerin durch die Verwaltung) kann auch und gerade bei einer unzutreffenden Aufklärung der Bevölkerung nicht verzichtet werden, da es sich dabei um ein wesentliches Merkmal des Herstellungsanspruchs handelt (vgl dazu allgemein Schellhorn, GemeinschaftsKomm-SGB I, § 13 RdNr 30; Bley, SGB-Sozialversicherung-GesamtKomm, § 13 SGB I Anm 10c).

Nach alledem sind zu den Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs noch Tatsachenfeststellungen erforderlich, die der erkennende Senat im anhängigen Revisionsverfahren nicht nachholen kann (vgl § 163 SGG). Die Sache ist daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Bei der weiteren Beurteilung dürfte das LSG noch folgende Gesichtspunkte zu beachten haben:

Sofern bei der Klägerin EU oder BU vorliegt und sie aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs berechtigt ist, in dem gemäß Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG erforderlichen Umfang noch Beiträge nachzuzahlen, ist ihr Gelegenheit zu geben, ihren Klageantrag entsprechend umzustellen. Sie kann dann nämlich mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage den Erlaß eines Grundurteils begehren, mit welchem die Beklagte zur Gewährung der Rente unter der aufschiebenden Bedingung der Nachentrichtung der betreffenden Beiträge verurteilt werden soll (vgl BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 3). Die Klägerin hat in diesem Falle aber auch die Möglichkeit, den geltend gemachten Rentenanspruch auf die Zeit ab 1. Januar 1992 zu beschränken, womit sich gemäß § 240 Abs 2 Satz 2, § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI eine Beitragsnachzahlung erübrigen würde (vgl BSG SozR 3-2600 § 240 Nr 2).

Falls sich nach der vom LSG noch vorzunehmenden weiteren Sachaufklärung herausstellt, daß der Rentenanspruch der Klägerin endgültig an einem Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in § 1246 Abs 1 und 2a, § 1247 Abs 1 und 2a RVO nF oder Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG scheitert, wäre schließlich noch zu prüfen, ob die Anforderungen, die sich aus diesen Tatbestandsmerkmalen für Jugoslawen ergeben, die nach erfüllter Anwartschaft in ihre Heimat zurückgekehrt sind, mit Art 14 GG vereinbar sind.

Das BVerfG hat zwar in seinem Beschluß vom 8. April 1987 (BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr 142) seine Rechtsprechung bestätigt, daß die in der deutschen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften den Schutz des Art 14 GG genießen und daß die Anforderungen in § 1246 Abs 2a, § 1247 Abs 2a RVO nF, Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG – jedenfalls soweit es die ihm vorliegenden Fälle im Inland lebender Versicherter betraf – mit dem GG vereinbar sind, weil diejenigen, welche bei Inkrafttreten dieser Normen eine Anwartschaft erworben hatten, berechtigt waren und sind, die Anwartschaft durch freiwillige Entrichtung von Mindestbeiträgen aufrechtzuerhalten. Dieser Teil der Entscheidung kann jedoch nicht ohne weiteres auf Ausländer übertragen werden, die – wie die Klägerin – in der Bundesrepublik Deutschland eine Anwartschaft erworben haben, danach in ihre Heimat zurückgekehrt und dort von den Regelungen des HBegleitG 1984 betroffen worden sind. Wegen der zusätzlichen Erschwernisse, die sich durch devisenrechtliche Beschränkungen oder infolge generell geringerer finanzieller Leistungsfähigkeit für diese Personengruppe bei der Entrichtung freiwilliger Beiträge ergeben können, wäre es möglich, daß die dem Gesetzgeber für die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gesetzten Schranken überschritten sein könnten. Bezogen auf diesen Personenkreis läßt der Beschluß des BVerfG also Raum für eine erneute Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen.

Zu ermitteln ist also insbesondere, ob die Klägerin rechtlich in der Lage war, ab 1. Januar 1984 freiwillige Beiträge zur deutschen oder jugoslawischen Rentenversicherung zu entrichten, und ob ihr die daraus entstehenden Belastungen – auch im Vergleich zu im Inland lebenden Versicherten (vgl Art 3 Abs 1 GG) – zumutbar waren (vgl dazu im einzelnen BSGE 75, 199, 210 ff = SozR 3-2200 § 1246 Nr 48). Dabei ist auch die Möglichkeit einer rechtzeitigen Bereiterklärung iS von § 1420 Abs 1 Nr 2 RVO verbunden mit einer den Umständen des Einzelfalles entsprechend verzögerten Beitragsnachentrichtung in die erforderliche Abwägung einzubeziehen.

Das LSG wird auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1420253

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