Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 30.07.1998) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 30. Juli 1998 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat den Beigeladenen zu 1. und 2. die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, die Beschwerde auf Divergenz stützt und Verfahrensmängel rügt, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß zumindest ein Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Beschwerdeführerin macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinsichtlich ihrer Haftung nach § 729 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) geltend und formuliert dazu verschiedene „Rechtsfragen, die ihrer Auffassung nach von grundsätzlicher Bedeutung sind”. Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine der von der Beschwerdeführerin für grundsätzlich gehaltenen Rechtsfragen für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160 Nrn 53 und 54; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 63 mwN). Dies hat die Beschwerdeführerin nicht schlüssig dargetan im obigen Sinne. Sie übersieht dabei, daß der im vorliegenden Fall noch anwendbare § 729 Abs 2 RVO über die Haftung des Bauherrn als Auftraggeber von Bauarbeiten für Beiträge von Unternehmern nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten mit Wirkung vom 1. Januar 1997 durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) vom 7. August 1996 (BGBl I 1254) entfallen ist. Im Zeitpunkt der Entscheidung außer Kraft getretene Vorschriften, wie also auch hier der vorliegende § 729 Abs 2 RVO, werfen in der Regel keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf, es sei denn, daß noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden sind und darin die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen liegt (BSG SozR 1500 § 160a Nr 19; Beschlüsse des Senats vom 15. September 1986 – 2 BU 104/86 – und vom 23. August 1996 – 2 BU 149/96 –). Dazu hat die Beschwerdeführerin nichts vorgetragen, was die Beschwerde insoweit statthaft machen könnte. Es sind auch keine Anhaltspunkte über vergleichbare Fälle ersichtlich, die der Entscheidung harren und die Klärungsbedürftigkeit der angegebenen Rechtsfragen begründen könnten.
Davon abgesehen hat das LSG ausgeführt, daß für die Abgrenzung der nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten iS des § 729 Abs 2 RVO von den gewerbsmäßigen Bauarbeiten entscheidend die Bestandssicherung des die Bauarbeiten ausführenden Unternehmens ist (s das auch vom LSG angezogene Urteil des Senats vom 5. Juli 1994 – 2 RU 1/93 – = HVBG-Info 1995, 77). Das LSG hat sodann bei der Würdigung der Bestandssicherung offengelassen, ob die Einwendungen der Beklagten, ihre Betätigungen hätten keiner handwerksrechtlichen Erlaubnis bedurft, zutreffend seien. Es hat vielmehr festgestellt, daß der Bestand der Unternehmen der Beigeladenen jedenfalls deshalb nicht gesichert war, weil wichtige sozialversicherungsrechtliche Pflichten nicht eingehalten worden waren. Dabei hat es sich auf die oa Entscheidung des Senats gestützt, in der es ausdrücklich heißt, daß die fehlende Bestandssicherung des die Bauarbeiten verrichtenden Unternehmens sich auch aus der Nichterfüllung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten ergibt. Damit fehlt es auch insoweit an der Klärungsbedürftigkeit zumindest eines Teils der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Rechtsfragen.
Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann für eine Zulassung der Revision ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welchem genau bestimmten entscheidungserheblichen Rechtssatz das angegriffene Urteil des LSG von welcher genau bestimmten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht. Soweit sich die Beschwerdeführerin daher auf eine Abweichung zu Entscheidungen der Verwaltungsgerichte beruft, ist diese Rüge schon deshalb unschlüssig, weil nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG eine Abweichung von einer Entscheidung eines anderen obersten Bundesgerichts (und der entsprechenden Instanzgerichte) keine Zulassung der Revision rechtfertigt (s auch Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 160 RdNr 10 mwN).
Soweit der Kläger eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) und damit einen Verfahrensfehler rügt, kann dies schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil es insoweit an der Bezeichnung eines berücksichtigungsfähigen und vom LSG übergangenen Beweisantrags aus dem Berufungsverfahren fehlt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 sowie ua Beschluß des Senats vom 22. September 1997 – 2 BU 203/97 –).
Das gleiche gilt für die weitere Rüge der Beschwerdeführerin, das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zum einen fehlt es zur Schlüssigkeit dieser Rüge für eine Zulassung der Revision an der Angabe – zumindest in groben Zügen –, welche anderen Zahlen sich hinsichtlich der Höhe der gegen sie – die Beklagte – gerichteten Haftungsforderungen ergeben hätten. Außerdem hat sich das LSG im Rahmen seiner freien richterlichen Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG eingehend mit dem vorhandenen Zahlenmaterial auseinandergesetzt und ist auch unter Berücksichtigung der Aussagen der beiden Rechnungsbeamten der Beklagten zu diesen Vorgängen als Zeugen vor dem Sozialgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Schätzungen ohne erkennbare Fehler auf einer möglichst genauen Auswertung der vorhandenen Lohn- und Rechnungsunterlagen beruhen. Das LSG hat sodann ausdrücklich festgestellt, sollte die Beklagte bei Überprüfung ihrer eigenen Unterlagen zu niedrigeren Endzahlen gelangt sein, hätte sie diese vermutlich im Laufe des Verfahrens mitgeteilt. Da sie dies nicht getan habe, sei anzunehmen, daß die im Klageantrag benannten Zahlen jedenfalls nicht ungünstiger für die Beklagte seien, als sie sich aus deren eigenen Unterlagen ergäben. Zumindest gebe es keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme. Wenn sich die Beschwerdeführerin nunmehr hiergegen wendet, rügt sie im Kern, das LSG habe die Beweise unvollständig bzw unzutreffend gewürdigt. Eine solche Rüge kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. Eine Überprüfung der Beweiswürdigung auch unter der nur eingeschränkten revisionsrichterlichen Sicht ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Hinweis soll keinesfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beweiswürdigung durch das LSG andeuten.
Das gleiche gilt für die Rüge der Beschwerdeführerin, das LSG sei von einer unrichtigen Gesetzesauslegung ausgegangen. Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Frage, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 sowie ua Beschluß des Senats vom 22. September 1997 – 2 BU 203/97 –). Auch insoweit soll dieser Hinweis keinen Zweifel an der materiell-rechtlichen Auffassung des LSG andeuten.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen