Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 24. November 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der als Zahnarzt in Braunschweig niedergelassene Kläger wendet sich gegen die Kürzung seines Honorars für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen im Quartal II/1992 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise. In diesem Quartal überschritt er den durchschnittlichen Fallwert der niedersächsischen Zahnärzte um 115 % (Fallwert des Klägers 262,22 DM; Fallwert im Landesdurchschnitt 121,86 DM). Der Prüfungsausschuß kürzte seine Honorarforderung auf den Landes-Fallkostendurchschnitt plus 50 % und setzte dementsprechend eine Honorarkürzung von 14.376,00 DM fest.
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem auf § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützten Beschluß ausgeführt, der beklagte Beschwerdeausschuß habe die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers nach der Prüfmethode des Gesamtfallwertvergleichs prüfen dürfen. Dessen Angaben zu den Besonderheiten seiner Praxis bzw seines Patientenklientels hätten sich im Verfahren vor den Prüfgremien nicht verifizieren lassen.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger Verfahrensfehler (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) sowie eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, im übrigen unbegründet.
Soweit der Kläger rügt, der angefochtene Beschluß des LSG weiche von den Urteilen des BSG vom 28. Januar 1998 – B 6 KA 69/96 R – (SozR 3-2500 § 106 Nr 43) und vom 30. November 1994 – 6 RKa 16/93 – (SozR 3-2500 § 106 Nr 25) ab, ist die Beschwerde unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Wird eine Rechtsprechungsabweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG geltend gemacht, so ist die behauptete Divergenz entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG durch Gegenüberstellung miteinander unvereinbarer Rechtssätze im Urteil bzw Beschluß des Berufungsgerichts und in einer höchstrichterlichen Entscheidung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zu „bezeichnen”. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie legt dar, weshalb der Beklagte seine Entscheidung nach Auffassung des Klägers unzureichend begründet und wichtige Gesichtspunkte außer Betracht gelassen habe. Die Beschwerdebegründung arbeitet indessen keinen Rechtssatz des LSG heraus, der vom Senat daraufhin überprüft werden könnte, ob er mit der aktuellen Rechtsprechung des BSG zu den Anforderungen, die an die Begründung von Prüfbescheiden im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu stellen sind, übereinstimmt.
Soweit die Beschwerde Mängel des berufungsgerichtlichen Verfahrens rügt, ist sie unbegründet.
In erster Linie macht der Kläger geltend, er sei infolge der Entscheidung des Rechtsstreits durch den 3. Senat des LSG seinem gesetzlichen Richter iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) entzogen worden. Wenn dies der Fall wäre, würde der angefochtene Beschluß auf diesem Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 202 SGG iVm § 551 Nr 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) beruhen, weil das LSG dann nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen wäre. Seinen Besetzungseinwand stützt der Kläger darauf, daß das Präsidium des LSG Niedersachsen den Geschäftsverteilungsplan zum 1. Juli 2000 geändert und die Zuständigkeit für alle, auch für die bereits anhängigen Berufungs- und Beschwerdeverfahren aus dem Kassen(zahn)arztrecht vom bisher zuständigen 5. Senat auf den 3. Senat übertragen habe. Da der 3. Senat personell völlig anders als der 5. Senat des LSG zusammengesetzt sei, sei im laufenden Geschäftsjahr ein vollständiger Wechsel der für Verfahren aus dem Kassen(zahn)arztrecht zuständigen Berufsrichter herbeigeführt worden, der nicht auf sachgerechten Erwägungen beruhe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Nach § 21e Abs 3 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), der über § 6 SGG auch für das sozialgerichtliche Verfahren gilt, darf der Geschäftsverteilungsplan iS des § 21e Abs 1 GVG im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Die vom Präsidium des LSG Niedersachsen zum 1. Juli 200 beschlossenen Änderungen des Geschäftsverteilungsplans stehen im Ergebnis – soweit sie der revisionsrichterlichen Nachprüfung zugänglich sind – im Einklang mit dieser Vorschrift.
Ob die Voraussetzungen für eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans im laufenden Geschäftsjahr nach § 21e Abs 3 Satz 1 GVG gegeben sind, unterliegt der Nachprüfung des Revisionsgerichts. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der vom Präsidium bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21e Abs 3 Satz 1 GVG getroffenen Maßnahmen ist das Revisionsgericht allerdings auf die Prüfung beschränkt, ob das Präsidium die Grenzen des ihm eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens verlassen oder willkürliche Neuregelungen getroffen hat (BVerwG, Beschluß vom 18. Mai 1999 – 11 B 37/98 – unter Hinweis auf den Beschluß vom 18. März 1982 – 9 CB 1076.81, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr 35 S 9; BGH, Beschluß vom 19. April 2000 – 3 StR 32/00 –, BGHR GVG § 21e Abs 3 Änderung Nr 4; vgl auch BFH vom 26. September 1990 – IV R 121/98 – unter Hinweis auf BGH NJW 1977, 995 sowie BSG SozR 1720 § 21e Nr 2 S 2 unter Hinweis auf BGHSt 22, 237, 239).
Nach der vom Senat beigezogenen Niederschrift über die Sitzung des Präsidiums des LSG Niedersachsen vom 21. Juni 2000 ergab sich in dem bis Ende Juni 2000 für das Kassenarztrecht zuständigen 5. Senat des LSG, der mit der Präsidentin des LSG als Vorsitzenden sowie den beiden Präsidialrichtern als beisitzenden Richter besetzt war, eine Überlastung, weil der durchschnittliche monatliche Eingangsschnitt von 8,7 KA-Sachen im Jahr 1999 auf 21,8 Verfahren in den ersten fünf Monaten des Jahres 2000 angestiegen war. Diesen Eingangsanstieg um nahezu das Dreifache gegenüber dem Erfahrungswert der Vergangenheit, der ersichtlich Grundlage der Entscheidungen nach § 21e Abs 1 Satz 1 GVG für das Geschäftsjahr 2000 gewesen ist, hat das Präsidium rechtsfehlerfrei als „Überlastung” des 5. Senats iS von § 21e Abs 3 Satz 1 GVG werten dürfen. Soweit der Kläger sich nunmehr den Vortrag des Beklagten und der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung zu eigen macht, dieser Eingangsanstieg sei im wesentlichen auf 73 Berufungen der Beigeladenen zu 1. in Parallelfällen zurückzuführen, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß bereits Mitte des Jahres 2000 für das Präsidium auf der Hand lag, der signifikante Anstieg der Zahl der Verfahren werde im Hinblick auf bestimmte Besonderheiten nicht zu einem erheblichen Anstieg der Belastung des 5. Senats führen. Es gibt im übrigen keinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß Verfahren, die ähnliche Tat- oder Rechtsfragen betreffen, generell nicht zu einem Anstieg der Arbeitsbelastung des zuständigen Spruchkörpers führen. Häufig ergibt sich nämlich erst bei näherer Einarbeitung, daß die einzelnen Verfahren Unterschiede aufweisen, die einer Erledigung nach einem bestimmten Muster- oder Pilotverfahren entgegenstehen können.
Auch die Voraussetzung des „Wechsels” einzelner Richter iS des § 21e Abs 3 GVG war im Juni 2000 gegeben, nachdem der stellvertretende Vorsitzende des 5. Senats (Richter am LSG S) zum Vorsitzenden Richter ernannt worden war und den Vorsitz im 8. Senat übernommen hatte. Da seine Aufgaben als Präsidialrichter I von der bisher dem 5. Senat als weitere beisitzende Richterin angehörenden Richterin am LSG Dr. G übernommen wurden, konnte deren richterliches Dezernat nicht unverändert bleiben.
Die Reaktion des Präsidiums auf die Überlastung des 5. Senats sowie den Wechsel im Richterbestand hält sich im Rahmen des ihm (auch) bei Änderungen der Geschäftsverteilung im laufenden Jahr zustehenden Ermessens. Zunächst ist nicht zu beanstanden, daß die Zuweisung der Verfahren aus dem Kassen(zahn)arztrecht sich nicht auf Neueingänge beschränkt hat. Grundsätzlich dürfen Änderungsbeschlüsse auf der Grundlage des § 21e Abs 3 GVG auch bereits anhängige Verfahren erfassen (BGHSt 30, 371; BGH vom 19. April 2000 – 3 StR 32/00 – = BGHR GVG § 21e Abs 3 Änderung 4; Albers in: Baumbach/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 58. Aufl, 2000, § 21e GVG RdNr 17).
Selbst wenn die vollständige Änderung der Zuständigkeit für das Kassen(zahn)arztrecht nicht die einzige Möglichkeit der Abhilfe gegenüber der Überlastung des 5. Senats gewesen sein mag, ist die Entscheidung des Präsidiums nach den für die revisionsrichterliche Prüfung maßgebenden Maßstäben im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Präsidium hat willkürfrei davon ausgehen können, daß es im Hinblick auf die Gewährleistung einer geordneten Rechtspflege infolge der eingetretenen bzw absehbaren Überlastung des 5. Senats sinnvoll sein würde, die Zuständigkeit für die Angelegenheiten des Kassen(zahn)arztrechts auf einen Spruchkörper zu übertragen, der in der Lage sein würde, auch dem deutlich angestiegenen Geschäftsanfall in angemessener Zeit gerecht zu werden. Alle dem 5. Senat angehörenden Richterinnen und Richter waren bzw sind durch Aufgaben der Gerichtsverwaltung in erheblichem – wenngleich unterschiedlichem – Umfang in Anspruch genommen. Das Präsidium durfte in dieser Situation zu der Auffassung gelangen, eine Übertragung der Zuständigkeit für die Angelegenheiten des Kassen(zahn)arztrechts auf einen anderen Spruchkörper, der mit diesen Angelegenheiten bisher nicht befaßt gewesen ist, entspreche im Hinblick auf die Möglichkeit einer Erledigung der Verfahren in angemessener Zeit trotz der erforderlichen Neueinarbeitung der Mitglieder des 3. Senats in die Materie des Kassen(zahn)arztrechts den Belangen einer geordneten Rechtspflege. Das Präsidium hat dabei berücksichtigen dürfen, daß ein Wechsel der Zuständigkeit für das Kassen(zahn)arztrecht auch im Hinblick auf das Bestimmungsrecht der Präsidentin hinsichtlich der von ihr wahrzunehmenden richterlichen Aufgaben (§ 21e Abs 1 Satz 3 GVG) zum Geschäftsjahr 2001 ohnehin bevorstand. Diesen Wechsel nach Eintritt der in § 21e Abs 3 Satz 1 GVG genannten Voraussetzungen für eine Änderung der Geschäftsverteilung im Laufe des Geschäftsjahres vorzuziehen, um ein weiteres Anwachsen der unerledigten Berufungsverfahren in Folge der Überlastung des 5. Senats im Interesse der Verfahrensbeteiligten zu verhindern, stellt sich als vertretbare Erwägung dar. Dafür, daß sich das Präsidium bei seiner Entscheidung an anderen als den in § 21e Abs 3 GVG angesprochenen Belangen der Gewährleistung einer geordneten Rechtspflege orientiert hat, hat der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nichts Substantiiertes vorgetragen.
Soweit der Kläger schließlich als Verfahrensfehler rügt, das LSG habe ihm nicht in angemessenem Umfang rechtliches Gehör gewährt, ist diese Rüge unbegründet. Er stützt sich darauf, daß in einem Parallelverfahren die damals zuständige Berichterstatterin des 5. Senats in einem Erörterungstermin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der dort angefochtenen Entscheidung des beklagten Beschwerdeausschusses geäußert habe, was die Beteiligten zum Anlaß für den Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs genommen hätten. Nach dem Wechsel der Zuständigkeit für Angelegenheiten des Kassen(zahn)arztrechts vom 5. auf den 3. Senat habe der nunmehr zuständige Senat an der von der damaligen Berichterstatterin im Parallelverfahren geäußerten Auffassung nicht festgehalten und die Entscheidung des beklagten Beschwerdeausschusses in vollem Umfang für rechtmäßig gehalten. Unabhängig davon, ob in materieller Hinsicht die Rechtsauffassung der zunächst für das Verfahren zuständigen Berichterstatterin des 5. Senats oder die im angefochtenen Beschluß zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung des nunmehr zuständigen 3. Senats des LSG zutreffend ist, ist für eine Verletzung des Grundrechts auf angemessenes rechtliches Gehör nichts ersichtlich. Nach dem Übergang der Zuständigkeit für das Berufungsverfahren L 5 KA 29/96 auf den 3. Senat hat die (neue) Berichterstatterin mit Verfügung vom 20. September 2000 dem Bevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage „dürfte das ausführlich begründete erstinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden sein”. Es sei deshalb beabsichtigt, dem Senat eine Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG vorzuschlagen. Von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. Oktober 2000 hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom gleichen Tag Gebrauch gemacht und seine rechtliche Beurteilung sowie die Beurteilung der früher zuständigen Berichterstatterin des 5. Senats im Parallelverfahren dem nunmehr zuständigen Senat zur Kenntnis gebracht. Daß ihm keine Gelegenheit gegeben worden wäre, alle von ihm für entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorzutragen, macht er nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Es besteht keine generelle Verpflichtung eines Senats, der nach § 153 Abs 4 SGG verfahren will, die Beteiligten vorab zu informieren, wenn er an einer vier Jahre zuvor geäußerten Beurteilung der Rechtslage seitens der damals zuständigen Berichterstatterin in einem Parallelverfahren nicht festhalten will. Deshalb hat das LSG den Anspruch des Klägers auf Gewährung angemessenen rechtlichen Gehörs nicht verletzt.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen