Verfahrensgang

LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 09.03.2018; Aktenzeichen L 3 R 990/17)

SG Berlin (Entscheidung vom 23.10.2017; Aktenzeichen S 32 R 163/15)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Mit Urteil vom 9.3.2018 hat das LSG Berlin-Brandenburg die Berufung des Klägers gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 23.10.2017 ergangene Urteil des SG Berlin vom selben Tag zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel. Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Die aufgeführten Zulassungsgründe können nur in Bezug auf die angefochtene Entscheidung des LSG geltend gemacht werden. Zuvor durchgeführte sozialgerichtliche Verfahren, auch wenn sie in der Sache denselben Anspruch des Klägers betroffen haben, sind für das anhängige Beschwerdeverfahren ohne Relevanz. Dies gilt erst recht hinsichtlich von Verfahren, die vor dem Familiengericht stattgefunden haben.

Revisionszulassungsgründe im dargelegten Sinn werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).

Der Kläger wird bereits dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Er hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) gestellt (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag des Klägers darauf zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Kläger macht unter Ziffer 12 der Beschwerdebegründung geltend, "die Klage vom 12.1.2015 sei in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2017 überhaupt nicht besprochen worden". Der Senat wertet das Vorbringen des Klägers dahin, dass er insoweit eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör iS von Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG durch das SG rügen will.

Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sind indes Verstöße des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangegangenen Rechtszug. Ein Verfahrensfehler, der dem SG unterlaufen ist, kann nur ausnahmsweise die Zulassung der Revision rechtfertigen, wenn dieser fortwirkt und insofern ebenfalls als Mangel des LSG anzusehen ist (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 16a mit zahlreichen Nachweisen aus der BSG-Rechtsprechung und der Literatur). Hierzu fehlt jeder Vortrag des Klägers.

Aus demselben Grund zeigt der Kläger mit seinem Vorbringen unter Ziffer 13 der Beschwerdebegründung, mit dem er offensichtlich ebenfalls einen Verfahrensfehler des SG geltend machen will, keinen Verfahrensmangel des LSG auf.

Des Weiteren macht der Kläger wohl geltend, das LSG habe § 44 Abs 1 SGB X übersehen und - wie schon zuvor das SG - § 10a Abs 7 S 2 VAHRG falsch angewendet (Ziffer 14 und 15 der Beschwerdebegründung).

Insoweit rügt er die Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung in der Sache. Auf die vermeintliche sachliche Unrichtigkeit des Berufungsurteils kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch ausweislich § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG nicht gestützt werden.

Mit seinem übrigen Vorbringen wendet sich der Kläger nicht gegen die Entscheidung des LSG.

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kann dem Kläger für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden (vgl § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11864786

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