Verfahrensgang
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 17.11.2014; Aktenzeichen S 5 R 32/14) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 09.06.2020; Aktenzeichen L 13 R 4877/16 ZVW) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juni 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung. Ihre Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25.3.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 6.12.2013 hat in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg gehabt (Urteil des SG Karlsruhe vom 17.11.2014 und Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 27.6.2016). Nach Zurückverweisung der Sache durch das BSG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl Senatsbeschluss vom 15.12.2016 - B 5 R 238/16 B - juris) hat das LSG den Sachverhalt durch Beiziehung von Behandlungsdokumentationen sowie durch Einholung zweier Sachverständigengutachten und zweier ergänzender gutachterlicher Stellungnahmen in sozialmedizinischer Hinsicht weiter aufgeklärt. Mit Urteil vom 9.6.2020 hat das LSG die Berufung erneut zurückgewiesen. Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, da sie weiterhin in der Lage sei, arbeitstäglich wenigstens sechs Stunden einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie rügt, das LSG habe verkannt, dass bei ihr eine Summierung gewöhnlicher Leistungseinschränkungen mit besonderer Addierungs- und Verstärkungswirkung vorliege. Zudem macht sie Verfahrensmängel geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG formgerecht begründet wurde. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Das Vorbringen der Klägerin wird diesen Erfordernissen nicht gerecht.
1. Soweit sie rügt, das LSG habe verkannt, dass bei ihr eine Summierung gewöhnlicher Leistungseinschränkungen mit Addierungs- und Verstärkungswirkung iS des Urteils vom 11.12.2019 (B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22) vorliege, macht sie eine inhaltliche Unrichtigkeit des Berufungsurteils geltend. Hierauf kann indes eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (stRspr, zB BSG Beschluss vom 23.6.2020 - B 5 R 98/20 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 13 R 30/20 B - juris RdNr 6).
2. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang beanstandet, das LSG habe es versäumt, weitere Ermittlungen von Amts wegen zur Frage des Vorliegens einer Summierung gewöhnlicher Leistungseinschränkungen mit Addierungs- und Verstärkungswirkung vorzunehmen, rügt sie sinngemäß den Verfahrensmangel einer Verletzung des § 103 SGG. Sie benennt dabei jedoch nicht - wie erforderlich (vgl BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 13 R 27/19 B - juris RdNr 12 f) - darauf gerichtete und bis zuletzt aufrechterhaltene oder im Berufungsurteil wiedergegebene Beweisanträge, denen das Gericht nicht gefolgt ist (zu den angeführten Beweisanträgen sogleich unter 3.). Vielmehr beklagt sie lediglich auf der Grundlage eigener berufskundlicher Einschätzungen (zB "Gerade in Zeiten der Digitalisierung erfordert eine Vielzahl an Bürotätigkeiten jedoch genau diese Bewegung"), dass das LSG eine genauere Prüfung dieser Frage sowie ergänzende Ermittlungen von Amts wegen unterlassen habe.
3. Der weitere Vortrag, das LSG habe verschiedene Beweisanträge nicht mit ausreichender Begründung abgelehnt und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, ist in der Sache an den Voraussetzungen der Rüge einer Verletzung des § 103 SGG zu messen, da anderenfalls die besonderen gesetzlichen Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge umgangen würden (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 28.9.2010 - B 5 R 202/10 B - juris RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 12.5.2020 - B 12 KR 1/20 B - juris RdNr 12). Auch insoweit hat die Klägerin jedoch das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht hinreichend bezeichnet.
Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 R 161/20 B - juris RdNr 6; Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 56).
a) Die Klägerin rügt zunächst, das LSG sei ihrem im Schriftsatz vom 5.6.2020 im Hinblick auf die anstehende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich aufrechterhaltenen Beweisantrag, "eine erneute Begutachtung mit elektrophysiologischer Untersuchung" durchzuführen, ohne hinreichende Begründung nicht nachgegangen. Dieser Antrag zielte nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung darauf, das Vorliegen weiterer Beeinträchtigungen und Diagnosen nachzuweisen, welche die auf Wunsch der Klägerin nach § 109 SGG beauftragte Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie K. in ihrem Gutachten bejaht hatte, von den Sachverständigen L. (Ärztin für Neurochirurgie) und W. (Arzt für Neurologie und Psychiatrie) in ergänzenden Stellungnahmen aber als nicht hinreichend verifiziert beurteilt worden waren.
Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob damit ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag bezeichnet worden ist, der sich im Rentenverfahren gerade mit den Auswirkungen dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das berufliche Leistungsvermögen befassen muss (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2020 - B 13 R 267/19 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 13.8.2020 - B 5 R 121/20 B - juris RdNr 6 mwN). Die Klägerin hat auch nicht nachvollziehbar aufgezeigt, weshalb der Umstand, dass K. in ihrem Gutachten vom 7.1.2019 zusätzliche neurologische Diagnosen angeführt hatte, die bis dahin in keinem der zuvor erstellten Sachverständigengutachten festgestellt worden waren, eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das LSG erforderlich gemacht hat. Allein der "Umkehrschluss" aus dem Hinweis in der ergänzenden Stellungnahme von L., dass K. elektrophysiologische Untersuchungen, die für einen Nachweis der von ihr zusätzlich angeführten Diagnosen zwingend erforderlich seien, nicht durchgeführt habe, reicht dafür nicht aus. Nachdem bei der Klägerin bereits mehrfach elektrophysiologische Untersuchungen durchgeführt worden waren (vgl Gutachten W. vom 20.5.2016, der nicht nur selbst eine Elektromyographie, eine motorische Neurographie sowie eine sensible Elektroneurographie angefertigt, sondern auch die vorangegangenen elektrophysiologischen Untersuchungen am Universitätsklinikum T. vom 28.10.2011, 18.9.2012 und vom 17.12.2013 sowie am Klinikum K. vom 22./23.1.2013 ausgewertet hat, s Bl 310 ff, 324 f LSG-Akte), welche die von K. angeführten Diagnosen nicht bestätigten, hätte es vielmehr nicht nur theoretischer, sondern konkreter Anhaltspunkte bedurft, um insoweit weitere Ermittlungen geboten erscheinen zu lassen. Eine Beweiserhebung "ins Blaue hinein" verlangt § 103 SGG nicht (vgl BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - juris RdNr 26; BSG Beschluss vom 14.3.2019 - B 5 R 22/18 B - juris RdNr 9). Sofern die Klägerin mit ihrem Begehren nach einer weiteren Begutachtung jedoch das Hinzutreten neuer Leiden zeitlich nach der Untersuchung durch W. im Mai 2016 hat nachweisen wollen, fehlen Ausführungen dazu, weshalb es unter Berücksichtigung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung (sog Drei-Fünftel-Belegung gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Abs 4 sowie § 241 SGB VI) für die Entscheidung des LSG darauf ankommen konnte.
Schließlich enthält die Beschwerdebegründung keine Angaben zu den als Ergebnis der geforderten Beweisaufnahme erwarteten Auswirkungen der weiteren neurologischen Diagnosen auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin. Nähere Ausführungen hierzu wären schon deshalb erforderlich gewesen, weil das LSG (auf S 27 des Urteils) ausgeführt hat, dass "selbst bei Vorhandensein der von K. angenommenen neurologischen Ausfälle" bei der Klägerin über qualitative Einschränkungen hinaus eine quantitative Leistungseinschränkung nicht besteht.
b) Weiterhin beanstandet die Klägerin, dass das LSG trotz der von K. diagnostizierten kognitiven Defizite kein neuropsychologisches Gutachten eingeholt habe, und nimmt insoweit auf einen entsprechenden Antrag in ihren Schriftsätzen vom 10.3.2020 bzw 5.6.2020 Bezug. Es kann hier offenbleiben, ob eine solche Bezugnahme dem Erfordernis entspricht, dass sich der schlüssige Vortrag eines Verfahrensmangels allein aus der Beschwerdebegründung ergeben muss (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 13a, 16; Voelzke in jurisPK-SGG, § 160a RdNr 86, 171, 245, Stand 14.10.2020). Auch wenn der Inhalt der genannten Schriftsätze auf den angegebenen Seiten der LSG-Akte mit in den Blick genommen wird, ergibt sich daraus kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag. Die Klägerin hat dort unter Hinweis auf die von K. getroffenen Feststellungen pauschal die "Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens von Amts wegen" beantragt (Schriftsatz vom 10.3.2020) und im Rahmen der Aufrechterhaltung dieses Begehrens lediglich ergänzt, die Frage, ob die bei ihr bestehenden kognitiven Defizite zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt führten, sei bislang "ebenfalls offen geblieben" (Schriftsatz vom 5.6.2020). Das enthält nicht die für einen Beweisantrag erforderliche Tatsachenbehauptung, die mit dem benannten Beweismittel verifiziert werden soll (vgl BSG Beschluss vom 26.9.2019 - B 5 R 268/18 B - juris RdNr 9 mwN). Weder wird daraus ersichtlich, welche Art von "kognitiven Defiziten" die Klägerin aufzuweisen meint, noch dass diese in einem Ausmaß vorliegen, das ihre berufliche Leistungsfähigkeit in relevantem Umfang einschränkt. Damit blieb offen, was die geforderte Beweisaufnahme konkret ergeben sollte (vgl BSG Beschluss vom 17.7.2019 - B 5 R 191/18 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 13.8.2020 - B 5 R 121/20 B - juris RdNr 6). Der Vortrag, im Falle einer Bestätigung der neurokognitiven Defizite sei eine zusätzliche qualitative Leistungsbeeinträchtigung und letztlich eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen anzunehmen, ist in seiner Allgemeinheit schon nicht geeignet, eine zur Summierung führende Wirkung mehrerer Leistungseinschränkungen plausibel aufzuzeigen (vgl dazu BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22, RdNr 37). Ungeachtet dessen vermag dieses Vorbringen (erst) in der Beschwerdebegründung das Fehlen eines bereits vor dem Berufungsgericht angebrachten prozessordnungsgemäßen Beweisantrags nicht nachträglich zu kompensieren. Der Vorhalt, das LSG hätte diese Umstände "bei seiner Entscheidung berücksichtigen" bzw zumindest weitere Ermittlungen anstrengen müssen, lässt letztlich aber auch nicht erkennen, warum die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann.
c) Soweit die Klägerin rügt, das LSG habe es fehlerhaft unterlassen, ein neurootologisches Gutachten zum Nachweis des bei ihr bestehenden Schwindels von Amts wegen einzuholen, verweist sie lediglich pauschal auf ihr Vorbringen im Berufungsverfahren ("vgl klägerische Schriftsätze vom 10.03.2020 und 5.6.2020"). Das reicht zur schlüssigen Darstellung einer Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht nicht aus, weil praktisch alle Elemente fehlen, die für eine ordnungsgemäße Rüge eines solchen Verfahrensmangels erforderlich sind (s oben RdNr 9). Unter diesen Umständen kommt es darauf, dass sich das LSG nicht mit der von ihr benannten Entscheidung zur prinzipiellen Geeignetheit eines neurootologischen Gutachtens (BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 406/06 B - juris) auseinandergesetzt habe, nicht an.
4. Der Vortrag, die Gutachten der Sachverständigen L. und W. seien "nicht verwertbar", weil diese selbst keine elektrophysiologische Untersuchung der Klägerin vorgenommen hätten, lässt schon nicht erkennen, welche verfahrensrechtliche Bestimmung das Berufungsgericht verletzt haben soll. Eine Vorschrift, aus der sich ein Verwertungsverbot hinsichtlich dieser Gutachten ergeben könnte, benennt sie nicht. Im Kern will die Klägerin wohl geltend machen, dass das LSG im Rahmen seiner Überzeugungsbildung diese Gutachten als ungenügend hätte erachten müssen (vgl § 412 Abs 1 ZPO). Sie beanstandet damit letztlich die Beweiswürdigung des LSG (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ein Verfahrensmangel jedoch nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG - s dazu näher Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 537).
Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin behauptet, die ergänzende Stellungnahme des W. vom 18.6.2019 sei nicht verwertbar gewesen, weil ihr kein Literaturverzeichnis beigefügt gewesen sei, woraus zu schlussfolgern sei, dass er sich mit ihren kognitiven Defiziten und der Fatigue nicht im fachlich geforderten Ausmaß auseinandergesetzt habe. Eine Norm des Bundesrechts, aus der sich ergeben würde, dass die Einschätzung eines Sachverständigen vom Gericht nur verwertet werden darf, wenn jede einzelne Aussage mit einer Literaturstelle belegt ist, vermag die Klägerin nicht zu benennen. Würde sie existieren, wäre zB auch das Gutachten von Frau K. in wesentlichen Punkten unverwertbar, weil ihr Literaturverzeichnis (Bl 408 LSG-Akte) zB kein Werk zur neuropsychologischen Diagnostik von Hirnleistungsstörungen aufführt.
5. Die Rüge, das LSG habe zwei Punkte (Erforderlichkeit flexibler Pausen bzw Auswirkungen der Fatigue) nicht ausreichend gewürdigt, in denen sich die Gutachten der Sachverständigen L.
und W. widersprechen würden, bezieht sich ebenfalls auf die Beweiswürdigung durch das LSG. Wie bereits erwähnt, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde hierauf nicht gestützt werden. Im Übrigen findet sich die Aussage, dass die Klägerin flexible Arbeitszeiten und flexible Pausenzeiten benötige, weder in der sachverständigen Äußerung von L. vom 15.2.2018 (vgl Bl 281 bis 283 LSG-Akte - "Beantwortung der Beweisfragen") noch in der ergänzenden Stellungnahme vom 18.11.2018 (vgl Bl 488 LSG-Akte), sondern wird von ihr lediglich als Angabe der Klägerin selbst im Rahmen der Anamnese wiedergegeben (vgl Bl 274 LSG-Akte: "Arbeit am Computer könne sie sich vorstellen. Allerdings benötige sie dann Flexibilität bezüglich der Pausenzeiten. Da sie sowieso nicht vollschichtig arbeiten wolle, wäre eine Tätigkeit mit flexiblen Arbeitszeiten oder ggf. auch der Möglichkeit von Home-Office kein Problem.").
6. Auch der Vorhalt, der Sachverständige W. und das LSG hätten aus dem Umstand, dass sie - die Klägerin - in der Lage sei, teils lange Strecken zu Behandlungen zu fahren, zu Unrecht auf eine noch vorhandene vollschichtige Erwerbsfähigkeit geschlossen, geht über die unzulässige Rüge einer fehlerhaften Beweiswürdigung nicht hinaus.
Die Bitte der Klägerin um einen Hinweis, falls das Gericht weiteren Vortrag für notwendig erachte, führt nicht dazu, dass von einer Entscheidung über die Beschwerde zunächst abzusehen und lediglich ein Hinweis auf die bislang nicht formgerechte Begründung zu erteilen wäre. Eine entsprechende Verpflichtung des Senats besteht nicht. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, die Formerfordernisse - ggf nach Blick in einen Kommentar zum SGG - einzuhalten. Gerade dies ist ein Grund für den in § 73 Abs 4 SGG angeordneten Vertretungszwang (vgl BSG Beschluss vom 17.6.2019 - B 5 R 92/19 B - juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 13 R 27/19 B - juris RdNr 14; s auch BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 R 212/20 B - juris RdNr 6).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14226314 |