Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 4. Februar 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Überprüfungsverfahren die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1978 bis 1989 verlangen kann.
Das SG Magdeburg hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die ablehnende Verwaltungsentscheidung für rechtmäßig erachtet. Der Kläger habe den Zufluss von Jahresendprämien nicht nachweisen können.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und als Zulassungsgrund einen Verfahrensfehler in Form einer Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Ein Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG wird nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG folgt ua das Verbot sog Überraschungsentscheidungen. Von einer solchen ist auszugehen, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - NJW 2012, 2262 = juris RdNr 18; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 13.2.2019 - 2 BvR 633/16 - juris RdNr 24 mwN; BSG Beschluss vom 20.12.2016 - B 5 R 242/16 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.1.2020 - B 13 R 287/18 B - juris RdNr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 62 RdNr 8b mwN). Eine allgemeine Verpflichtung des Gerichts, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Tatsachen- und Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern, gibt es hingegen nicht. Sie wird weder durch den allgemeinen Anspruch auf rechtliches Gehör aus § 62 SGG bzw Art 103 Abs 1 GG noch durch die Regelungen zu richterlichen Hinweispflichten (§ 106 Abs 1 bzw § 112 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet. Die Rüge des Verfahrensmangels einer Überraschungsentscheidung ist deshalb nur dann schlüssig bezeichnet, wenn im Einzelnen vorgetragen wird, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs nicht damit rechnen musste, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen bestimmten Gesichtspunkt stützt. Daran fehlt es hier.
Der Kläger trägt vor, es sei für ihn überraschend gewesen, dass das LSG anders als das SG nicht davon ausgegangen sei, dass es sich bei den "einmal jährlich doppelt so hohen Einkommen um die Lohnbestandteile der Jahresendprämien" gehandelt habe. Das ist bereits deshalb kein schlüssiger Vortrag zu einer Überraschungsentscheidung, weil die Frage des Zuflusses der Jahresendprämien Gegenstand des gesamten Verfahrens gewesen ist. Auch hat das SG den angefochtenen Bescheid der Beklagten ebenso für rechtmäßig gehalten wie das LSG. Inwiefern die Bewertung des LSG, der Kläger habe den Zufluss von Jahresprämien nicht nachweisen oder glaubhaft machen können, dennoch völlig unerwartet gewesen sein könnte, ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Kläger trägt selbst vor, er hätte bei einem entsprechenden Hinweis des LSG die Aufstellung in seiner Klageschrift nochmals erläutert und dargelegt, dass im Jahr 1981 der erhöhte Mitgliedsbeitrag für die SED nicht im Februar, sondern im März in dem von ihm vorgelegten Mitgliedsbuch eingetragen worden sei und dass es für das Jahr 1978 aufgrund der erstmaligen Berechnung zu einem "Monatsversatz" gekommen sei. Insofern ergibt sich aus seinen eigenen Darlegungen, dass die vom LSG berücksichtigten Umstände Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung im Verfahren gewesen sind. Das gilt auch für den Vortrag, das LSG hätte den Inhalt des SED-Mitgliedsbuchs berücksichtigen müssen und er - der Kläger - hätte nach einem Hinweis des Berufungsgerichts nochmals darauf verwiesen, dass nach den vorliegenden Zeugenaussagen nur die Jahresendprämien einmal jährlich zu einem höheren Mitgliedsbeitrag geführt hätten. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, auf welche nicht erörterten Gesichtspunkte die angefochtene Entscheidung gestützt wurde. Ebenso wenig ist schlüssig dargetan, dass hier ausnahmsweise eine Hinweispflicht des LSG bestanden hätte. Besondere Umstände, die ein schützenswertes Vertrauen darauf hätten entstehen lassen können, dass das LSG in bestimmten Punkten der Auffassung des SG folgen würde, sind dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Darauf, dass das LSG der Rechtsauffassung des Klägers nicht gefolgt ist, kann die Gehörsrüge nicht zulässig gestützt werden. Das Recht auf rechtliches Gehör gebietet nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen; es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BVerfG Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN).
Da im Übrigen SG und LSG übereinstimmend den Bescheid der Beklagten für rechtmäßig gehalten haben, ist schließlich auch nicht nachvollziehbar vorgetragen, inwiefern die vom Kläger als überraschend gerügte Abweichung des LSG vom SG-Urteil die Entscheidung zu seinen Ungunsten beeinflusst haben könnte.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14492613 |