Verfahrensgang
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 07.09.2018; Aktenzeichen S 6 SO 3506/17) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.05.2020; Aktenzeichen L 7 SO 3427/18) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Mai 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Er war bis Januar 2020 in F. inhaftiert. Im April 2017 beantragte er beim Beklagten für die Zeit nach der Entlassung Leistungen nach §§ 67 ff SGB XII, der eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt für untunlich hielt. Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 25.4.2018). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 25.4.2018 abgeändert und den O. verurteilt, über den Antrag des Klägers zu entscheiden (Urteil vom 2.10.2018). Den Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, hat der Senat abgelehnt (Beschluss vom 16.10.2019 - B 8 SO 19/18 BH - juris) und in einem weiteren Verfahren darauf hingewiesen, dass der O. über den Antrag vom April 2017 zu entscheiden hat (Senatsbeschluss vom 16.10.2019 - B 8 SO 18/18 BH - juris).
Mit einer weiteren, vor dem SG am 15.9.2017 erhobenen Klage hat der Kläger auch vom Beklagten die Gewährung einer Wohnung nach Haftentlassung und von der Beigeladenen die Einweisung in sein bis 2011 bewohntes Zimmer begehrt. Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Gerichtsbescheid des SG vom 7.9.2018; Urteil des LSG vom 28.5.2020 bei gleichzeitiger Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von PKH sowie des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts und der Bestellung eines besonderen Vertreters). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, nicht der Beklagte, sondern der O. sei für die Entscheidung über Leistungen nach §§ 67 ff SGB XII zuständig (s oben). Die Voraussetzungen für eine Einweisung in sein früheres Zimmer durch die Beigeladene hätten nicht vorgelegen.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Mit Schreiben vom 28.6.2020 hat er den "8. und 11. Senat für das weitere Verfahren als befangen" abgelehnt.
Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung trotz des Ablehnungsgesuchs des Klägers entscheiden (§ 60 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 42 Abs 2, § 45 Abs 1 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Denn das Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig, weil der Kläger pauschal und ohne konkrete Anhaltspunkte alle Richter des 8. Senats ablehnt (vgl BSG vom 19.7.2018 - B 8 SO 6/18 B - WzS 2018, 264 - juris RdNr 7; BSG vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 8; Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ vom 20.7.2007 - 1 BvR 2228/06 - NJW 2007, 3771).
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO); daran fehlt es hier. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die Beschwerde erfolgreich begründen könnte. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre insoweit nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Es stellen sich im vorliegenden Verfahren keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.
Nach Aktenlage liegt auch kein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) vor.
Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Grundgesetz ≪GG≫; § 62 SGG) liegt nicht vor. Mögliche Fehler bei der Ablehnung von PKH führen auch dann nicht zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn zwar die Ablehnung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist, diese aber im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (vgl BSG vom 23.6.2020 - B 11 AL 5/19 BH - juris RdNr 6; BSG vom 25.7.2013 - B 14 AS 101/13 B - juris RdNr 9 mwN). Ausgehend von dem damaligen Sach- und Kenntnisstand lag hinsichtlich der beim LSG beantragten PKH eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht vor (vgl § 73a SGG iVm § 114 ZPO; vgl dazu BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 165/06 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 9; BSG vom 20.5.2020 - B 8 SO 8/19 BH - juris RdNr 6).
Hinsichtlich der beantragten aber unterbliebenen Übersendung einer Fahrkarte zum Termin am 28.5.2020, zu dem das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet war, scheidet die Bewilligung von PKH schon deshalb aus, weil die Rechtsverfolgung mutwillig erscheint (§ 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Mutwillen im Sinne dieser Vorschrift ist zu bejahen, wenn ein verständiger Beteiligter, der den Rechtsstreit auf eigene Kosten finanzieren muss, von der Prozessführung absehen oder sie nicht in gleicher Weise vornehmen würde (vgl BVerfG vom 13.3.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347; BVerfG vom 18.11.2009 - 1 BvR 2455/08 - NJW 2010, 988), was vorliegend angesichts des rechtskräftigen Urteils des LSG vom 2.10.2018 - Zuständigkeit des O. für die Entscheidung über die beantragten Leistungen nach Haftentlassung - der Fall ist. Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, an welchem sachdienlichen Vorbringen der Kläger gehindert worden wäre bzw was er bei Teilnahme an der mündlichen Verhandlung noch hätte vorbringen können bzw vorgebracht hätte (vgl zu diesen Anforderungen beim geltend gemachten Anspruch auf eine Fahrkarte BSG vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - juris RdNr 10); auch insoweit könnte ein zugelassener Prozessbevollmächtigter einen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, nicht bezeichnen.
Die Voraussetzungen einer Bestellung eines besonderen Vertreters für den prozessfähigen Kläger oder die Beiordnung eines Notanwalts haben ebenfalls nicht vorgelegen. Soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einem Beteiligten auf seinen Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es kann offenbleiben, ob der Kläger hinreichend dargetan hat, dass er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht finden konnte. Jedenfalls wäre die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des LSG aussichtslos, weil - wie oben dargelegt - nicht ersichtlich ist, dass ein Rechtsanwalt diese mit Erfolg begründen könnte.
Soweit sich der Kläger gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung wendet, kann dies nicht Gegenstand einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde sein (BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7).
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung selbst nicht rechtswirksam vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Auch hierauf hat das LSG in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen.
Die Entscheidung ergeht nach § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter.
Fundstellen
Dokument-Index HI14226186 |