Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.12.2017; Aktenzeichen L 7 SO 1748/17) |
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 24.03.2017; Aktenzeichen S 6 SO 799/17) |
Tenor
Die Gesuche des Antragstellers, die Richterinnen am Bundessozialgericht K., S. und Dr. M. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, werden als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt vom beklagten Land verschiedene Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der Kläger hat am 1.2.2017 Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben mit dem Antrag, ua das Land Baden-Württemberg zu verurteilen, ihm für die Zeit nach seiner Inhaftierung eine qualifizierte Arbeit zu vermitteln und dazu eine qualifizierte Arbeitsvermittlung durchzuführen, ihm einen Platz in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit, hilfsweise in einer eigenen Wohnung zu gewähren, hilfsweise eine Wohnung oder Unterkunft zu vermitteln und weitere, bereits zugesagte Sozialleistungen zu gewähren. Das SG hat das Verfahren wegen der Ansprüche gegen das Land abgetrennt (Beschluss vom 1.3.2017) und die Klage insoweit abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 24.3.2017). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 14.12.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch gegen das Land; denn zuständig für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII seien die örtlichen Träger der Sozialhilfe, gegen die der Kläger aber verschiedene gesonderte Verfahren führe.
Der Kläger hat Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil sowie die Beiordnung von Rechtsanwalt T. H., O. beantragt. Er hat die an der ablehnenden Entscheidung in einem vorangegangenen Verfahren (B 8 SO 59/16 BH) tätig gewesenen Richterinnen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
II
Der Senat entscheidet in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung zugleich über die Befangenheitsgesuche (vgl § 60 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm §§ 41 ff Zivilprozessordnung ≪ZPO≫) und den Antrag auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts. Die Befangenheitsgesuche sind offensichtlich unzulässig und damit rechtsmissbräuchlich (vgl zum Rechtsmissbrauch: BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 7; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 60 RdNr 10c; BSG Beschluss vom 16.4.2012 - B 11 AL 5/12 C). Der Kläger hat insoweit - wie in einer Vielzahl früherer Verfahren - ohne Darlegung objektiver Anknüpfungspunkte die Unparteilichkeit von Personen lediglich pauschal behauptet. Damit konnte ohne die vorherige Einholung von dienstlichen Stellungnahmen und in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern entschieden werden (vgl BVerfGE 131, 239, 252 f; BVerfGK 5, 269, 280 f).
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG); denn sie wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.
Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Ein Verfahrensfehler, der zu einem absoluten Revisionsgrund führen würde, ist nicht erkennbar. Das LSG durfte unter Mitwirkung der kurz vor der mündlichen Verhandlung abgelehnten Richter verhandeln und entscheiden, ohne gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter zu verstoßen (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz ≪GG≫). Erfolgt die Ablehnung eines Befangenheitsantrags nicht durch Zwischenentscheidung (dazu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 9 f), sondern - wie hier - in den Urteilsgründen unter Mitwirkung der abgelehnten Richter, kann zwar ein Verfahrensfehler vorliegen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4). Auch die vor dem LSG gestellten Ablehnungsgesuche sind hier aber nach den oben dargestellten Maßstäben offensichtlich unzulässig und damit rechtsmissbräuchlich. Sie sind, wie die Anzahl und der Inhalt der in den Instanzen und in früheren Verfahren beim Bundesssozialgericht (BSG) gestellten Anträge zeigen, als prozesstaktische Mittel zu werten.
Soweit der Kläger in der Entscheidung, den Rechtsstreit in seiner Abwesenheit mündlich zu verhandeln, einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör (vgl § 62 SGG; Art 103 GG) erkennen will, verspricht eine Rüge nach Aktenlage ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Die Rüge des Verstoßes gegen das rechtliche Gehör erfordert neben einem entsprechenden Verstoß und der Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils durch diesen Verstoß (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), dass der Betroffene alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Hier ist die Versäumung der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aber infolge einer Verletzung eigener Sorgfaltspflichten erfolgt. Ein Termin für eine mündliche Verhandlung war zunächst - wie die Sache L 7 SO 51/17 (dazu Beschluss des Senats in der Sache B 8 SO 54/17 BH) - für den 19.10.2017 bestimmt worden, aber nach einem begründeten Antrag des Klägers verlegt worden. In dem Verlegungsantrag in der Sache L 7 SO 51/17 hatte der Kläger zudem für verschiedene Kalenderwochen, nicht aber die 50. Kalenderwoche, seine Verhinderung im Voraus mitgeteilt; auch dies war bei der Verlegung berücksichtigt worden. Der Kläger hat einen Grund für eine nochmalige Verlegung zu keinem Zeitpunkt genannt, sondern lediglich behauptet, seine Anträge auf Vorführung würden nicht bearbeitet (Schriftsatz vom 26.10.2017). Er hat ausweislich einer Auskunft der Justizvollzugsanstalt (≪JVA≫ vom 4.12.2017) aber eine Vorführung zum Termin am 14.12.2017 verweigert und dort erklärt, er beantrage für Dezember 2017 nur Transporte zu Terminen vor dem Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart (am 11.12.2017) und dem Arbeitsgericht (ArbG) Pforzheim (am 12.12.2017); andere Termine werde er nicht wahrnehmen. Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass für das LSG, den Rechtsstreit nochmals zu vertagen. Soweit der Kläger sich in der Begründung seines PKH-Antrags darauf bezieht, dass im Jahr 2007 Einzelvorführungen durch die JVA "gerichtsbekannt" verweigert worden seien, wird ein Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit nicht erkennbar. Auch der Antrag auf Terminverlegung stellt sich allein als prozesstaktisches Mittel dar, mit dem der Kläger - wie in einer Vielzahl vorangegangener Verfahren - eine abschließende Entscheidung verhindern will.
Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.
Fundstellen
Dokument-Index HI12463469 |