Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse. Vermögen. Schonvermögen
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen, wenn ein Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft macht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet.
2. Prozesskostenhilfe ist nicht zu gewähren, wenn die angegebenen Bargeldbestände das Schonvermögen übersteigen und ohne Weiteres die Finanzierung eines Rechtsanwalts für das Verfahren ermöglichen und Anhaltspunkte dafür, dass der Einsatz des vorhandenen Vermögens für aus sonstigen Gründen unzumutbar sein könnte, nicht erkennbar sind.
Normenkette
SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 114, 115 Abs. 3 S. 2, § 118 Abs. 2 S. 4, § 121; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9
Verfahrensgang
SG Potsdam (Entscheidung vom 18.11.2021; Aktenzeichen S 10 R 579/18) |
LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 06.12.2022; Aktenzeichen L 16 R 723/21) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Dezember 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 23.12.2022 beantragt, ihr für die Durchführung eines Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 6.12.2022 Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Sie hat dabei erklärt, den Antrag zu stellen, um die einmonatige Frist wahren zu können, da es ihr erst im Januar möglich sei, einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen. Dem Schreiben war eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Der Berichterstatter hat die Klägerin mit Schreiben vom 29.12.2022 darauf hingewiesen, dass ein PKH-Antrag die Rechtsmittelfrist nicht wahre. Wiedereinsetzung komme nach formgerechter Einreichung einer Nichtzulassungsbeschwerde nur in Betracht, wenn der PKH-Antragsteller vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung des Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit habe rechnen müssen (vgl dazu BSG Beschluss vom 23.1.1997 - 7 RAr 102/95 - SozR 3-1500 § 67 Nr 11 S 31 = juris RdNr 14; BGH Beschluss vom 13.4.2021 - VIII ZB 80/20 - juris RdNr 12 mwN). Die im PKH-Erklärungsformular gemachten Angaben seien zum Teil unvollständig und durchgängig nicht durch Vorlage entsprechender Belege glaubhaft gemacht. Die angegebenen Bargeldbestände und Guthaben auf dem Girokonto ließen jedoch bereits erkennen, dass die Kosten für eine anwaltliche Vertretung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hieraus ohne Weiteres finanziert werden könnten. Für den Fall, dass der PKH-Antrag nicht für erledigt erklärt werde, hat der Berichterstatter bis zum 12.1.2023 ergänzende Angaben und Unterlagen zur Glaubhaftmachung angefordert. Das Schreiben vom 29.12.2022 ist der Klägerin am 3.1.2023 zugestellt worden. Eine Antwort ist bislang nicht eingegangen. Es hat sich auch kein Prozessbevollmächtigter für die Klägerin geäußert.
II
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH hat keinen Erfolg.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 118 Abs 2 Satz 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung von PKH ablehnen, wenn ein Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft macht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet. So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat die von ihr angeforderten Erklärungen und Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist und auch nachfolgend nicht übersandt.
Überdies kann der Antrag auf Bewilligung von PKH auch deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den bislang von der Klägerin gemachten Angaben die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hier fehlt es bereits an den wirtschaftlichen Voraussetzungen. Die Klägerin kann die die Kosten der Prozessführung zumutbar aus ihrem Vermögen bestreiten.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 115 Abs 3 Satz 1 ZPO ist das Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit gilt § 90 SGB XII entsprechend (§ 115 Abs 3 Satz 2 ZPO). Nach der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII in der ab dem 1.1.2023 geltenden Fassung von Art 9 Bürgergeld-Gesetz (vom 16.12.2022 - BGBl I 2328) beträgt das nicht einzusetzende Schonvermögen hinsichtlich kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte für eine volljährige Person 10 000 Euro sowie für jede Person, die von ihr überwiegend unterhalten wird, weitere 500 Euro. Gemessen daran ist die nach eigenen Angaben niemandem Unterhalt leistende Klägerin ohne Weiteres in der Lage, aus ihrem Vermögen die voraussichtlichen Kosten zu tragen, die bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehen. Bereits die angegebenen Bargeldbestände übersteigen das Schonvermögen um ein Vielfaches und ermöglichen ohne Weiteres die Finanzierung eines Rechtsanwalts für ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Anhaltspunkte dafür, dass der Einsatz des vorhandenen Vermögens für die Antragstellerin aus sonstigen Gründen unzumutbar sein könnte, sind nicht erkennbar.
Im Hinblick auf die genannten Umstände muss der Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt werden. Damit entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15581718 |