Orientierungssatz
1. Zur Auslegung des Begriffs "regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst".
2. Zur Auslegung des Begriffs "regelmäßiges Jahreseinkommen" in RVO § 166.
Leitsatz (amtlich)
Werde im Laufe eines Jahres berufsüblich mehrere Beschäftigungsverhältnisse eingegangen, zwischen denen Zeiten der Arbeitslosigkeit liegen, so ist der für die Versicherungspflicht in der Kranken-,Angestellten- und Arbeitslosenversicherung maßgebende "regelmäßige Jahresarbeitsverdienst" durch Schätzung zu ermitteln.
Normenkette
RVO § 165 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-07-27; AVG § 4 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23, § 5 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1228 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 56 Abs. 1 Fassung: 1957-04-03; RVO § 166 Abs. 1 Fassung: 1957-07-27
Tenor
Werden im Laufe eines Jahres berufsüblich mehrere Beschäftigungsverhältnisse eingegangen, zwischen denen Zeiten der Arbeitslosigkeit liegen, so ist der für die Versicherungspflicht in der Kranken-, Angestellten- und Arbeitslosenversicherung maßgebende "regelmäßige Jahresarbeitsverdienst" durch Schätzung zu ermitteln.
Gründe
I
Dem Verfahren, das zur Anrufung des Großen Senats geführt hat, und der Anrufung selbst liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger arbeitete seit 1952 bei verschiedenen Filmherstellerfirmen in kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen, die manchmal nur einige Tage, meist mehrere Wochen und gelegentlich auch bis zu einem Vierteljahr dauerten. Zwischendurch war er ohne Beschäftigung. Sein Bruttoarbeitsverdienst betrug im Jahre 1952 rd. 1110 DM, 1953 = 3300 DM, 1954 = 4400 DM, 1955 = 9200 DM, 1956 = 7700 DM, 1957 = rd. 9800 DM.
Im ersten Halbjahr 1958 verdiente er in vier Beschäftigungsverhältnissen insgesamt rd. 1150 DM. Vom 14. August bis zum 17. Oktober 1958 war er bei der beigeladenen A.-Filmproduktion GmbH als Kameraassistent gegen ein Entgelt von 320 DM wöchentlich beschäftigt.
Durch Bescheid vom 1. Oktober 1958 lehnte die Beklagte die Anmeldung des Klägers zur Sozialversicherung mit der Begründung ab, daß bei einem Wochenlohn von 320 DM - umgerechnet auf ein Jahr - die Jahresarbeitsverdienstgrenze (JAV-Grenze) in sämtlichen Versicherungszweigen überschritten sei. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des Sozialgerichts (SG) sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 1958 und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Es hat festgestellt, daß der Kläger wegen seines Beschäftigungsverhältnisses bei der beigeladenen Filmfirma vom 14. August bis zum 17. Oktober 1958 in der Kranken-, Angestellten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert war.
Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere folgende Gesichtspunkte angeführt: Der Gesetzgeber habe bei unselbständig Beschäftigten, die nicht in der Lage sind, aus eigenen Kräften eine ausreichende Vorsorge gegen die Risiken der Krankheit, des Alters, der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit zu treffen, ein Schutzbedürfnis anerkannt, soweit das Entgelt aus den Beschäftigungsverhältnissen die JAV-Grenze nicht übersteige. Der JAV sei daher nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles so zu berechnen, daß der von der Sozialversicherung bezweckte Versicherungsschutz der Personen, deren Verdienst nach ihrem Berufsbild unter der Versicherungspflichtgrenze liegt, erreicht wird. Im vorliegenden Fall sei der Kläger nach der Eigenart seines Berufs niemals während eines Beschäftigungsjahres ununterbrochen tätig. Die Berechnung des JAV in der Weise, daß das für die einzelne Lohnperiode gezahlte Entgelt auf ein Jahr umgerechnet wird, lasse sich bei den immer nur kurzfristigen, wechselnden Beschäftigungen des Klägers mit seinem Berufsbild und seiner Beschäftigungsart als Kameraassistent nicht in Einklang bringen. Er werde dadurch hinsichtlich der Versicherungspflicht schlechter als eine Person gestellt, die aus einem einzigen Beschäftigungsverhältnis im Laufe eines Jahres das gleiche Entgelt bezieht. Aus diesen Gründen sei der JAV beim Kläger nach den tatsächlichen Verhältnissen zu schätzen, wie sie bei Beginn des streitigen Beschäftigungsverhältnisses bestanden. Diese Schätzung des JAV wie bei der Höhe nach schwankendem Entgelt während desselben Beschäftigungsverhältnisses bereite auch den Beteiligten keine übermäßigen Schwierigkeiten; sie bleibe bis auf weiteres maßgebend, solange sich die Schätzungsgrundlagen nicht änderten.
Gegen dieses Urteil des LSG Berlin hat die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Revision eingelegt. Sie hält an ihrer Auffassung fest, daß der JAV durch Umrechnung des jeweils für die einzelne Lohnperiode vereinbarten Entgelts auf ein Jahr zu ermitteln sei und nicht wie bei schwankenden Bezügen während desselben Beschäftigungsverhältnisses geschätzt werden dürfe.
Der für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständige 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hält das Urteil des LSG Berlin für zutreffend und möchte die Revision als unbegründet zurückweisen. Er sieht sich aber an einer dahingehenden Entscheidung durch die Rechtsprechung des 7. Senats (BSG 18, 49; SozR RVO § 165 Nr. 40) gehindert, der insbesondere in seinem Urteil vom 21. Mai 1963 ausgesprochen hat, daß bei der Ermittlung des für die Versicherungspflicht eines Angestellten maßgebenden regelmäßigen JAV jeweils von den ihm bei Beginn des einzelnen Beschäftigungsverhältnisses zustehenden Bezügen auch dann auszugehen ist, wenn berufsüblich Beschäftigungsverhältnisse von vornherein für eine kürzere Zeitdauer als ein Jahr abgeschlossen werden. Nach Ansicht des 7. Senats ist eine Schätzung des JAV nur bei schwankenden Bezügen innerhalb desselben Beschäftigungsverhältnisses (z. B. bei Provisionen), nicht dagegen bei schwankenden Beschäftigungsperioden zulässig, "wenn die Verdiensthöhe in den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen üblicherweise konstant bleibt, die berufliche Beschäftigung sich auf größere Zeitabschnitte erstreckt und lediglich deren Verteilung während des Jahres ungewiß bleibt."
Der 3. Senat hat deshalb durch Beschluß vom 30. Juli 1964 den Großen Senat nach § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) angerufen und ihm folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist der für die Versicherungspflicht in der Kranken-, Angestellten- und Arbeitslosenversicherung maßgebende "regelmäßige Jahresarbeitsverdienst" auch dann in der Weise zu ermitteln, daß jeweils von dem zu Beginn des einzelnen Beschäftigungsverhältnisses vereinbarten Stunden-, Tages-, Wochen- oder Monatsentgelt ausgegangen und dieser mit ca 2200, 300, 52 oder 12 vervielfacht wird, wenn die Beschäftigungsverhältnisse berufsüblich im Laufe eines Jahres unterbrochen werden und daher die Gesamtbeschäftigung regelmäßig weniger als ein Jahr andauert?
Oder: Ist in diesen Fällen der Gesamtverdienst eines Jahres unter Berücksichtigung der berufsüblich zu erwartenden Unterbrechungen - wie bei schwankendem Entgelt - zu schätzen?
II
Gegen die Zulässigkeit der Vorlage bestehen keine Bedenken. Der Große Senat hat die vorgelegte Frage i. S. der zweiten Alternative dahin beantwortet:
Werden im Laufe eines Jahres berufsüblich mehrere Beschäftigungsverhältnisse eingegangen, zwischen denen Zeiten der Arbeitslosigkeit liegen, so ist der für die Versicherungspflicht in der Kranken-, Angestellten- und Arbeitslosenversicherung maßgebende "regelmäßige Jahresarbeitsverdienst" durch Schätzung zu ermitteln.
Nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) werden Angestellte für den Fall der Krankheit versichert, wenn ihr regelmäßiger JAV 7920 DM nicht übersteigt. Im Lande Berlin beträgt die JAV-Grenze in der Krankenversicherung (KrV) 9000 DM (vgl. § 4 des Selbstverwaltungs- und Krankenversicherungs-Angleichungsgesetzes Berlin vom 26. Dezember 1957 - BGBl I 1883 - i. V. m. § 1 des Gesetzes über die Einführung der Einkommensgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung des Landes Berlin vom 26. Februar 1953 - GVBl S. 150 -). In der Angestelltenversicherung (AnV) ist nach § 4 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) versicherungsfrei, wer mit seinem regelmäßigen JAV die in § 5 Abs. 1 AVG auf 15000 DM festgesetzte JAV-Grenze überschreitet. Für den Fall der Arbeitslosigkeit sind nach § 56 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) Arbeitnehmer und die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten versichert, die auf Grund der RVO oder des Reichsknappschaftsgesetzes für den Fall der Krankheit pflichtversichert sind oder auf Grund des AVG pflichtversichert sind oder von der Angestelltenversicherungspflicht auf Grund eines Antrags nach Art. II § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 befreit sind und der Pflicht zur KrV nur deshalb nicht unterliegen, weil sie die JAV-Grenze der KrV überschritten haben. Die Arbeitslosenversicherungspflicht der Angestellten richtet sich somit nach den Vorschriften der KrV und AnV und hängt von den dort vorgesehenen JAV-Grenzen ab.
Der vorlegende Senat und der 7. Senat sind sich darüber einig, daß der Begriff des regelmäßigen JAV in allen drei Versicherungszweigen derselbe ist und daß die Versicherungspflicht bereits zu Beginn jedes Beschäftigungsverhältnisses und bei jeder Beitragszahlung geprüft werden muß, weil sie kraft Gesetzes eintritt, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind (RVA GE Nr. 2043 AN 1915, 575).
Während das Gesetz für die Beitragsberechnung und die Ermittlung der Beitragsbemessungsgrenze ins einzelne gehende Vorschriften enthält (vgl. §§ 160 Abs. 3, 180, 385 Abs. 1, 1385 RVO, § 112 AVG, § 164 AVAVG), ist dies hinsichtlich der Berechnung des für die Versicherungspflicht maßgebenden JAV nicht der Fall; das Gesetz spricht nur vom "regelmäßigen" JAV. Die Rechtsprechung muß daher diesen Begriff insbesondere nach dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem vom Gesetzgeber mit der Einführung einer JAV-Grenze beabsichtigten Zweck auslegen. Dabei ist - wie es auch der vorlegende 3. Senat getan hat - davon auszugehen, daß der JAV bei einem Entgelt, das für das einzelne Beschäftigungsverhältnis fest vereinbart ist, grundsätzlich in der Weise zu ermitteln ist, daß die für die einzelne Lohnperiode des Beschäftigungsverhältnisses gezahlte Vergütung auf ein Jahr umgerechnet wird (Multiplikation). Diese Berechnungsweise kann aber jedenfalls dann nicht angewendet werden, wenn im Laufe des für die Ermittlung des JAV maßgebenden Jahres "berufsüblich" mehrere Beschäftigungsverhältnisse eingegangen werden und der Arbeitnehmer dazwischen immer wieder ohne Beschäftigung ist. In derartigen Fällen ist vielmehr der JAV nach den Gesamtumständen unter Heranziehung der in den Vorjahren erzielten Einkünfte des Arbeitnehmers oder des Verdienstes vergleichbarer Personen durch Schätzung entsprechend den Grundsätzen zu ermitteln, welche die Rechtsprechung zur Ermittlung des JAV bei schwankendem Entgelt während desselben Beschäftigungsverhältnisses entwickelt hat. Zu dieser Rechtsauffassung ist der Große Senat auf Grund nachstehender Erwägungen gelangt.
In sprachlicher Sicht kann das Adjektiv "regelmäßig" nur bedeuten, das Hauptwort "Jahresarbeitsverdienst" nach seiner Art und seinem Inhalt näher zu kennzeichnen und abzugrenzen. Schon der Wortlaut spricht somit dafür, daß unter dem Begriff "regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst" nur der Verdienst verstanden werden kann, von dem bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und der folgenden Beitragsperioden zu erwarten ist, daß er bei normalem Ablauf der Dinge - abgesehen von einer anderweitigen Vereinbarung über das Entgelt oder noch nicht voraussehbaren Änderungen in der Beschäftigung - voraussichtlich ein Jahr - das Wort "regelmäßig" bezieht sich auf den Jahresarbeitsverdienst - anhalten wird.
Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 165 RVO und des § 4 AVG läßt sich entnehmen, daß bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen während eines Jahres mit jeweils fest vereinbartem Entgelt, die berufsüblich nur für kürzere Zeiten eingegangen werden und zwischen denen üblicherweise Beschäftigungslosigkeit besteht, der JAV nicht rein rechnerisch in einer den tatsächlichen Verdienstverhältnissen widersprechenden Weise durch Multiplikation ermittelt werden kann. In § 1 Abs. 2 des Gesetzes betr. die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 - KVG - (RGBl S. 73) war bestimmt, daß Betriebsbeamte der Versicherungspflicht nur unterlagen, wenn ihr Arbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 6 2/3 M für den Arbeitstag nicht überstieg. Diese Vorschrift wurde in dem Änderungsgesetz zum KVG vom 10. April 1892 (RGBl S. 379) durch § 2 b ersetzt, nach dem die dort aufgeführten Personen nur pflichtversichert waren, wenn ihr Arbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 6 2/3 M für den Arbeitstag oder, sofern Lohn oder Gehalt nach größeren Zeitabständen bemessen ist, 2000 M für das Jahr gerechnet nicht überstieg. Auf diese Regelung dürfte die Auffassung zurückzuführen sein, daß bei festen Bezügen der JAV stets in der Weise zu ermitteln ist, daß das Entgelt für die einzelne Lohnperiode in jedem Beschäftigungsverhältnis auf das Jahr umzurechnen ist und damit "für das Jahr gerechnet" den JAV ergibt. Die späteren Vorschriften für die JAV-Grenze entsprechen jedoch nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte nicht dem § 2 b des Änderungsgesetzes zum KVG.
In der Invalidenversicherung (JV) waren nach § 1 Nr. 2 des Gesetzes betr. die Alters- und Invaliditätsversicherung vom 22. Juni 1889 (RGBl S. 97) gegen Erwerbsunfähigkeit versichert Betriebsbeamte sowie Handlungsgehilfen und Lehrlinge, deren "regelmäßiger" JAV an Lohn oder Gehalt 2000 M nicht überstieg. Der Umstand, daß in der JV im Gegensatz zu der Regelung im KVG nicht der Verdienst in der Lohnperiode des einzelnen Beschäftigungsverhältnisses auf das ganze Jahr umgerechnet werden sollte - sonst hätte sich dieselbe Fassung der Vorschrift wie im KVG angeboten -, deutet darauf hin, daß der JAV nunmehr nach dem "regelmäßig" im Jahr den Gesamtumständen nach zu erwartenden Arbeitsverdienst ermittelt werden sollte.
Nach § 165 Abs. 2 RVO idF vom 19. Juli 1911 (RGBl S. 509) war bei dem dort aufgeführten Personenkreis Voraussetzung für die Versicherungspflicht in der KrV, daß der "regelmäßige" JAV 2500 M an Entgelt nicht überstieg. Damit wurde der Grundsatz des § 2 b KVG, daß für den JAV der Lohn (Gehalt) für die einzelne Lohnperiode auf das Jahr gerechnet maßgebend ist, aufgegeben und auch für die KrV der regelmäßige JAV wie bisher schon in der JV eingeführt. In der amtlichen Begründung zum Entwurf der RVO zu § 177 (jetzt § 165) wird hierzu ausgeführt: "Die Vorschrift des § 2 b KVG ist durch den Abs. 2 des § 177 gedeckt. Von einer Abgrenzung der Versicherung nach dem Verdienst der einzelnen Arbeitstage (6 2/3 M) statt nach dem des Jahres kann nach den bei der Invalidenversicherung gemachten Erfahrungen abgesehen werden" (vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 340, 12. Legislaturperiode, II. Session 1909/10 S. 150/151). Hieraus ist ebenfalls zu entnehmen, daß nunmehr auch in der KrV der regelmäßig im Jahr zu erwartende Verdienst für die Frage der Versicherungspflicht oder -freiheit maßgebend sein sollte.
In der AnV war nach § 1 Abs. 3 des Versicherungsgesetzes für Angestellte vom 20. Dezember 1911 (RGBl S. 989) ua Voraussetzung der Versicherung für alle dort genannten Personen, daß ihr JAV 5000 M nicht überstieg. In der amtlichen Begründung zu diesem Gesetz wird ausgeführt: "Die neue Fürsorge umfaßt alle männlichen und weiblichen Angestellten, die gegen Entgelt im Jahresbetrage von nicht mehr als 5000 M beschäftigt werden" (vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 1035, 12. Legislaturperiode, Session 1909/11 S. 92). Diese Begründung spricht dafür, daß alle Angestellten, deren Arbeitsverdienst im Jahre den Betrag von 5000 M nicht überschritt, des Versicherungsschutzes für bedürftig erachtet wurden, unabhängig davon, ob sie das ganze Jahr über in einem einzigen Beschäftigungsverhältnis standen oder ob sie berufsüblich mehrere Beschäftigungsverhältnisse mit dazwischen liegenden Zeiten ohne Beschäftigung eingingen; maßgebend sollte in allen Fällen das Entgelt im Jahresbetrage von nicht mehr als 5000 M sein.
Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschriften über die JAV-Grenze sprechen somit nach Ansicht des Großen Senats dafür, daß der JAV in den Fällen, in denen von vornherein voraussehbar und berufsüblich mehrere Beschäftigungsverhältnisse, die durch Zeiten ohne Beschäftigung unterbrochen werden, im Laufe des für die Ermittlung des JAV maßgebenden Jahres eingegangen werden, nicht durch schematische Multiplikation, sondern durch Schätzung zu ermitteln ist. Durch diese Auslegung des Begriffs "regelmäßiger JAV" wird auch dem Sinn und Zweck der JAV-Grenze Rechnung getragen, einen vom Gesetzgeber für schutzbedürftig gehaltenen Personenkreis durch eine gesetzliche Zwangsversicherung für die Fälle der Krankheit, des Alters, vorzeitiger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit zu sichern. Insbesondere aus diesem Grunde ist die JAV-Grenze in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in Angleichung an die jeweilige Kaufkraft des Geldes und den durch die Entwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse sich ändernden Bedarf erhöht worden.
Bei der Prüfung der hier zu entscheidenden Rechtsfrage konnte nicht unberücksichtigt gelassen werden, daß die rein rechnerische Ermittlung des JAV durch entsprechende Vervielfachung des für die einzelne Lohnperiode vereinbarten Entgelts auch dann nicht möglich ist, wenn es sich um schwankende Bezüge (z. B. eines Provisionsvertreters) während desselben Beschäftigungsverhältnisses handelt. Um dem Begriff des "regelmäßigen" JAV Rechnung zu tragen, haben Rechtsprechung und Praxis in diesen Fällen bereits - dem Grundgedanken der Schutzbedürftigkeit und dem ersichtlichen Willen des Gesetzgebers folgend - die Ermittlung des JAV im Wege der Schätzung vorgenommen und dafür Grundsätze aufgestellt, die es ermöglichen, den für das ganze Jahr zu erwartenden Verdienst nach den Gesamtumständen des Falles unter Heranziehung der in den Vorjahren erzielten Einkünfte oder des Verdienstes vergleichbarer Personen zu ermitteln. Es ist nicht ersichtlich, warum in den Fällen, in denen zwar feste Bezüge in dem einzelnen Beschäftigungsverhältnis vereinbart sind, aber berufsüblich und damit voraussehbar auf Zeiten der Beschäftigung Zeiten ohne Beschäftigung folgen, so daß der Gesamtverdienst im Jahr oft weit unter der JAV-Grenze liegt, bei der Ermittlung des JAV anders verfahren werden soll als bei schwankendem Entgelt während desselben Beschäftigungsverhältnisses. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschriften über den JAV sowie dem Sinn und Zweck der JAV-Grenze muß in beiden Fällen der "regelmäßige" JAV, d. h. der regelmäßig zu erwartende JAV ermittelt werden. Schwankendes Entgelt in demselben Beschäftigungsverhältnis und berufsüblich zu erwartender Wechsel zwischen Beschäftigungen mit oft verschiedener Höhe der Vergütung und Beschäftigungslosigkeit sind in bezug auf die Ermittlung des "regelmäßigen" JAV - rechtlich gesehen - nur zwei Fallgruppen derselben Art. In beiden Gruppen würde die schematische Umrechnung des Entgelts in der ersten Lohnperiode des Beschäftigungsverhältnisses auf das Jahr zu einem Ergebnis führen, das nicht dem regelmäßig zu erwartenden Verdienst im Jahr entsprechen würde. Dem kann in beiden Fällen in gleicher Weise nur dadurch begegnet werden, daß der "regelmäßige" JAV nach den Gesamtumständen des Einzelfalles im Wege gewissenhafter Schätzung ermittelt wird. Die gegenteilige Rechtsauffassung würde zu dem Ergebnis führen, daß z. B. die Versicherungspflicht bei fest vereinbartem Entgelt während eines das ganze Jahr über andauernden Beschäftigungsverhältnisses gegeben wäre, weil der Arbeitsverdienst die JAV-Grenze gerade noch nicht überschreitet, während bei berufsüblich schwankenden Beschäftigungsperioden mit dazwischen liegender Beschäftigungslosigkeit der Arbeitsverdienst im Jahr vielleicht nur die Hälfte oder gar noch weniger des für die JAV-Grenze maßgebenden Betrages erreicht und trotzdem wegen der schematischen Umrechnung des für das einzelne Beschäftigungsverhältnis fest vereinbarten Entgelts Versicherungsfreiheit bestehen würde. Trotz fest vereinbarter Bezüge ist der JAV jedenfalls dann durch Schätzung zu ermitteln - und nur darüber hatte der Große Senat nach der vom 3. Senat vorgelegten Rechtsfrage zu entscheiden -, wenn der Wechsel zwischen Beschäftigung und Zeiten ohne Beschäftigung "berufsüblich" ist, d. h. sich objektiv aus den das Berufsbild des Arbeitnehmers kennzeichnenden Umständen ergibt.
Die vom Großen Senat vertretene Rechtsauffassung wird auch durch einen Vergleich mit § 166 RVO gestützt, nach dem die dort aufgeführten Personen für den Fall der Krankheit versichert werden, wenn ihr regelmäßiges Jahreseinkommen 7920 DM nicht übersteigt. Es handelt sich bei dieser Vorschrift nicht um die Versicherungspflicht von unselbständig Beschäftigten wie in § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO, sondern von selbständigen Personen (Hausgewerbetreibende, selbständige Lehrer, Musiker, Artisten, Hebammen usw.), die der Gesetzgeber wegen ihrer sozialen Verhältnisse des Versicherungsschutzes für bedürftig hält. Das Einkommen der in § 166 RVO aufgeführten Personen, die selbständig tätig sind, ist fast immer gewissen Schwankungen unterworfen. Das Jahreseinkommen dieser Personen kann daher zutreffend und dem Zweck der Versicherungspflichtgrenze entsprechend nur in der Weise ermittelt werden, daß das nach den Gesamtumständen und Verhältnissen regelmäßig im Jahr zu erwartende Einkommen geschätzt wird (vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen in SGb 1955 S. 301). Die in § 166 RVO erfaßten Tatbestände sind - von dem Umstand abgesehen, daß es sich dort um selbständig Tätige und nicht um Arbeitnehmer handelt - durchaus den Fällen verwandt, in denen berufsüblich während eines Jahres eine mehr oder minder große Zahl von Beschäftigungsverhältnissen eingegangen wird, zwischen denen Zeiten ohne Beschäftigung liegen. Es ist kein stichhaltiger Grund für eine verschiedene rechtliche Beurteilung der Frage ersichtlich, wie in all diesen Fällen das "regelmäßige" Jahreseinkommen bzw. der "regelmäßige" JAV zu ermitteln ist. Die für die Fälle des § 166 RVO geltende Ermittlung des Jahreseinkommens spricht somit ebenfalls dafür, daß bei berufsüblichem Wechsel zwischen Beschäftigung und Zeiten ohne Beschäftigung während des für die Ermittlung des JAV maßgebenden Jahres der "regelmäßig" zu erwartende Verdienst nach den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen geschätzt wird.
Der 7. Senat stützt seine gegenteilige Rechtsauffassung insbesondere auf die von der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Meinung, daß der JAV bei Angestellten, deren voraussichtliche Einkünfte wegen eintretender Kurzarbeit oder zwischenzeitlicher Beschäftigungslosigkeit oder geringerer Einnahmen in anderen Beschäftigungsverhältnissen nicht feststehen, nicht im Wege der Schätzung ermittelt werden dürfe. Soweit damit das Reichsversicherungsamt (RVA) gemeint sein sollte, bestehen Bedenken, von einer feststehenden Rechtsprechung auszugehen, weil sich das RVA nur in zwei veröffentlichten Urteilen mit der hier zu entscheidenden Rechtsfrage befaßt hat. In der GE Nr. 1741 AN 1913 S. 603 hat es die Frage der Versicherungspflicht von fünf Musikern in einem Kaffeehaus geprüft und hierzu ausgeführt, es werde nicht genügen, wenn die Musiker während ihrer Beschäftigung in dem Kaffeehaus einen Verdienst gehabt haben, der auf das Jahr berechnet die Versicherungspflichtgrenze überschreitet. Es werde vielmehr zu prüfen sein, ob nicht durch geringere Einnahmen in anderen Stellungen und durch Zeiten der Beschäftigungslosigkeit der regelmäßige JAV unter der Versicherungspflichtgrenze bleibt. Dieser Fall entspricht somit dem Sachverhalt, der in der vorliegenden Streitsache zur Anrufung des Großen Senats geführt hat.
In einem weiteren im Zentralblatt für Reichsversicherung und Reichsversorgung 1940 S. 239 veröffentlichten Urteil des RVA vom 12. Oktober 1940 ging der Streit um die Ermittlung des JAV bei einem Gaststättenmusiker, der gegen eine feste Tagesgage von 13 RM während einer Zeit von fünfeinhalb Monaten bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war. Es handelte sich um eine Abgabesache nach § 1693 RVO, in der das RVA der Meinung war, daß die Rechtsfrage auf Grund der Entscheidungen Nr. 2043 und 2047 (AN 1915 S. 575 und 582) bereits entschieden sei und das Oberversicherungsamt hiervon nicht abweichen wolle. Die Entscheidung Nr. 2043 sei nur bei Personen mit schwankendem Einkommen anwendbar, daher sei in dem zur Entscheidung stehenden Falle kein Raum für eine Schätzung. Darauf, ob dieses Einkommen das ganze Jahr über bezogen werde, komme es nicht an, was sich "zweifelsfrei" aus der Entscheidung Nr. 2047 ergebe. Hiernach sei der JAV bei einem gegen feste Bezüge Angestellten nach der Höhe der gegenwärtigen Bezüge zu berechnen. Jedes andere Verfahren würde zur Rechtsunsicherheit führen. Das RVA hat bei dieser Entscheidung offenbar übersehen, daß es sich in der GE Nr. 2047 AN 1915 S. 582 um eine andere Rechtsfrage, nämlich darum handelte, von welchem Zeitpunkt an eine während des Jahres in demselben Beschäftigungsverhältnis eintretende Gehaltserhöhung bei der Ermittlung des JAV zu berücksichtigen ist. In weiteren Entscheidungen (GE Nr. 2518 AN 1919 S. 289, GE Nr. 2782 AN 1924 S. 32, Breith. 1926 S. 153) hatte das RVA nicht über die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage zu befinden, so daß insoweit von einer feststehenden Rechtsprechung des RVA nicht gesprochen werden kann.
Die LSGe sind in den bisher vorliegenden und veröffentlichten Entscheidungen übereinstimmend der Auffassung, daß der Berechnung des JAV das zu Beginn des einzelnen Beschäftigungsverhältnisses für die Lohnperiode fest vereinbarte Entgelt zugrunde zu legen und entsprechend auf das Jahr umzurechnen sei, ohne daß es darauf ankomme, ob das vereinbarte Entgelt in dieser Höhe für das ganze Jahr gezahlt werden wird oder berufsüblich Zeiten der Beschäftigungslosigkeit zu erwarten sind (vgl. Bayer. LSG in AngVers 1960 S. 64 und ABA 1964 S. 265; Hess. LSG Breith. 1957 S. 481; bei vereinbarter Probezeit vgl. auch LSG Berlin in Breith. 1957 S. 101). In diesen Entscheidungen haben aber die LSGe keine eigene Begründung für ihre Rechtsansicht gegeben, sondern sind ohne weiteres von einem als feststehend angesehenen Grundsatz ausgegangen. Auch das Schrifttum, das fast einhellig diese Auffassung vertritt, läßt eine eigene Begründung vermissen. Es geht ebenso wie die bisher ergangenen Entscheidungen der LSGe ohne weiteres davon aus, daß bei festen Bezügen der JAV stets durch entsprechende Vervielfachung des für die Lohnperiode vereinbarten Entgelts zu ermitteln ist (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand Mai 1964, Bd. II S. 312 y und 313; Koch/Hartmann, Das Angestelltenversicherungsgesetz, § 1 Anm. C III 3; Schmahl in OKK 1955 S. 11; Montag in ErsK 1958 S. 106; Jarre in "Der Sozialversicherungsbeamte" 1954 S. 25; Benner in "Die Krankenversicherung" 1954 S. 145; Weber in BKK 1955 S. 570; v. Altrock in WzS 1957 S. 325, 329; ebenso, wenn auch nicht ganz eindeutig Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, 16. Aufl., Anm. 6 b zu § 165 RVO). Lediglich Sabel (WzS 1958 S. 262) bezweifelt die Richtigkeit der in der Rechtsprechung der LSGe und dem Schrifttum vertretenen Auffassung, die im Widerspruch zu dem vermutlichen Willen des Gesetzgebers stehe, bei kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen mit zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit, bei denen die JAV-Grenze nicht erreicht werde, den JAV im Wege der Schätzung zu ermitteln. Die angeführten Urteile der LSGe und das Schrifttum, die keine stichhaltige Begründung für ihre Ansicht anführen, können somit die Rechtsauffassung des Großen Senats nicht erschüttern.
Der 7. Senat hat in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1963 (SozR RVO § 165 Nr. 40) ferner zur Begründung seiner Rechtsauffassung den Grundsatz der Rechtssicherheit angeführt, der auch in dem Urteil des RVA vom 12. Oktober 1940 erwähnt wird. Dieser Hinweis erscheint jedoch nicht überzeugend. Wenn bei fest vereinbartem Entgelt der JAV stets durch Multiplikation ermittelt wird, kann allerdings für jede Beitragsperiode von allen Beteiligten in einfacher Weise festgestellt werden, ob der Beschäftigte versicherungspflichtig ist. Dem steht aber gegenüber, daß gerade dann bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Jahr mit oft verschieden hoher Vergütung, zwischen denen Zeiten kürzerer oder längerer Beschäftigungslosigkeit liegen, der Beschäftigte einmal versicherungspflichtig und ein andermal versicherungsfrei wäre. In solchen Fällen würde nicht selten je nach der Höhe des gewährten Entgelts in dem einzelnen Beschäftigungsverhältnis während eines Jahres teilweise Versicherungspflicht, teilweise Versicherungsfreiheit bestehen, obwohl Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit sich nach der Summe aller im ganzen Jahr erdienten Arbeitsentgelte, dem JAV, richten und darum wenigstens von voraussehbaren Schwankungen im Laufe des Jahres unabhängig sein sollen. Im Hinblick auf die erwünschte und - wie sich insbesondere auch aus den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen ergibt - vom Gesetzgeber geförderte Kontinuität des Versicherungslebens fällt dieses Schwanken zwischen Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit schwerer ins Gewicht als die Möglichkeit gewisser Schwierigkeiten und Unsicherheiten, in denen für die Ermittlung des JAV durch Schätzung vielleicht nur mangelhafte Unterlagen zur Verfügung stehen. Im übrigen ist zu erwarten, daß die Schätzung des JAV in den hier zur Entscheidung stehenden Fällen den Arbeitgebern und Versicherungsträgern regelmäßig keine besonderen Schwierigkeiten bereiten wird. Als das RVA in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 1940 den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit anführte, galt noch das Markenverfahren, d. h. daß aus den Quittungskarten nur die Zahl und die Beitragsklasse der entrichteten Beitragsmarken zu ersehen waren, ohne daß hieraus hervorging, in welchen Zeiträumen und für welches Bruttoentgelt der Arbeitnehmer im einzelnen während eines Jahres beschäftigt war. Es mag zugegeben werden, daß damals der Arbeitgeber überfordert gewesen wäre, wenn er bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Jahr und zwischenzeitlicher berufsüblicher Beschäftigungslosigkeit hätte Ermittlungen darüber anstellen müssen, welches Bruttoentgelt der Arbeitnehmer in den einzelnen kurzen Beschäftigungsverhältnissen erhalten hat und ob unter Berücksichtigung der Zeiträume, in denen er vermutlich wiederum beschäftigungslos sein wird, die JAV-Grenze voraussichtlich überschritten würde. Durch die Zweite Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs vom 24. April 1942 (RGBl I 252) ist jedoch das Markenverfahren auf das Lohnabzugsverfahren umgestellt worden. Seit diesem Zeitpunkt ist aus den Quittungskarten bzw. Versicherungskarten sowohl die Zeit, in welcher der Versicherte in dem betreffenden Kalenderjahr gegen Entgelt beschäftigt war, als auch das gesamte Entgelt zu entnehmen, das der Arbeitnehmer in dieser Zeit erhalten hat. Dasselbe gilt von den Aufrechnungsbescheinigungen für abgegebene Versicherungskarten (vgl. hierzu auch BABl 1953 S. 712, 1961 S. 658 und 1964 S. 393). Der Arbeitgeber erhält stets bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses die laufende Versicherungskarte des Arbeitnehmers. Es dürfte auch in der Praxis für den Arbeitgeber nicht schwierig sein, sich von dem Arbeitnehmer gegebenenfalls die Aufrechnungsbescheinigungen über die vorhergehenden Versicherungskarten aushändigen zu lassen. Damit hat er die Möglichkeit, aus den Beschäftigungen in der Vergangenheit auf die voraussichtliche Höhe des Entgelts in der Zukunft Schlüsse zu ziehen. Bedenken gegen die praktische Durchführung bei der Ermittlung des JAV entsprechend der vom Großen Senat vertretenen Rechtsauffassung verlieren damit an Gewicht.
Endlich kann dem Gesichtspunkt, daß bei kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen mit hohen Bezügen, die bei Umrechnung auf ein Jahr zur Überschreitung der JAV-Grenze führen würden, im Krankheitsfalle Barleistungen nach den jeweils höchsten Grundlohnstufen gewährt werden müßten, kein wesentliches Gewicht beigemessen werden, zumal sowohl in der KrV als auch in der ArblV Höchstgrenzen für die Berücksichtigung des täglichen Arbeitsentgelts vorgesehen sind (§ 180 Abs. 1 RVO, § 90 Abs. 9 AVAVG). Wenn diese Barleistungen infolge der Höhe der Vergütung in einem kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis dementsprechend hoch sind, so muß dies gegebenenfalls in Kauf genommen werden, um so mehr, als dann auch die Beiträge nach den Höchstsätzen zu bemessen sind. Die in allen Versicherungszweigen anzuwendende Methode, nach welcher der für den Versicherungsschutz maßgebende JAV zu ermitteln ist, kann im übrigen nicht davon abhängig sein, zu welchen Auswirkungen ihr Ergebnis in Grenzfällen in der KrV und in der ArblV führt, deren Geldleistungen regelmäßig von kürzerer Dauer sind und auch keine längere Versicherungszeit voraussetzen, zumal dort den nach den Höchstsätzen berechneten Beiträgen keineswegs zwangsläufig auch immer Leistungsansprüche gegenüberstehen.
Fundstellen
BSGE 23, 129 (LT1) |
BSGE, 129 |
BB 1965, 1273 (LT1) |
RegNr, 2479 |
DAngVers 1965, 359 (LT1) |
DOK 1965, 647 (LT1) |
Breith 1966, 1 (LT1) |
Die Beiträge 1965, 371 (LT1) |
EzS, 130/54 |
SozR § 165 RVO (LT1), Nr 49 |
Sozialberater 1966, 27 (LT1) |
ZfF 1966, 39 (LT1) |