Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.08.1993) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. August 1993 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 14. Januar 1988.
Er war vom 1. April 1978 bis 31. Oktober 1979 im Angestelltenverhältnis und ab 1. November 1979 im Beamtenverhältnis auf Probe als Veterinär (Besoldungsgruppe A 14) bei der Stadt L. beschäftigt. Er wurde mit Wirkung zum 30. September 1984 aus dem Beamtenverhältnis entlassen (Verfügung der Stadt L. vom 13. August 1984). Während des Widerspruchsverfahrens wurde gegenüber dem Kläger, der bis dahin seine Dienstgeschäfte weiter ausgeübt hatte, die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung angeordnet; gleichzeitig wurde ihm unter Belassung von 60 vH der Bezüge die weitere Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten seines bisherigen Arbeitsplatzes, des Städtischen Schlachthofs, untersagt (Verfügung vom 11. April 1985). Die gegen die Entlassungsverfügung gerichtete Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg (Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. November 1986; Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. August 1987; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts ≪BVerwG≫ über die Nichtzulassungsbeschwerde vom 7. Dezember 1987). Die Verfassungsbeschwerde wurde wegen mangelnder Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ≪BVerfG≫ vom 5. Mai 1988). Die Stadt L. stellte mit Ablauf des Monats Dezember 1987 die Zahlung der verminderten Bezüge ein und verlangte vom Kläger die Erstattung der in der Zeit von Oktober 1984 bis Dezember 1987 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 168.323,52 DM.
Am 14. Januar 1988 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alhi. Das Arbeitsamt (ArbA) lehnte sowohl einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) als auch auf Alhi mit dem Hinweis ab, der Kläger habe weder innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden noch innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung Alg bezogen oder mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden, die der Erfüllung der Anwartschaftszeit diene; ebensowenig erfülle er einen Anspruch auf Alhi aufgrund eines anderen Sachverhalts (Bescheid vom 21. April 1988; Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 1988). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. Oktober 1988). Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Verfahren wegen eines gleichzeitig anhängigen Rechtsstreits des Klägers gegen die AOK L. ausgesetzt, in dem die Bundesanstalt für Arbeit (BA) beigeladen war und der Kläger die Feststellung begehrte, daß zwischen ihm und der Stadt L. in der Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1987 ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zur BA bestanden habe. In diesem weiteren Verfahren sind Klage und Berufung des Klägers erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 28. November 1989; Urteil des LSG vom 16. August 1991). Nach Eintritt der Rechtskraft des zweitinstanzlichen Urteils hat das LSG den vorliegenden Rechtsstreit wieder aufgenommen und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 5. Oktober 1988, mit der der Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alhi ab 14. Januar 1988 erstrebte, zurückgewiesen (Urteil vom 25. August 1993).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe zwar die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi erfüllt, nicht jedoch die des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst a und b Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Er habe innerhalb der maßgebenden Vorfrist (14. Januar 1987 bis 13. Januar 1988) weder Alg bezogen noch mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen könnten. Eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung liege schon deswegen nicht vor, weil das LSG in seinem Urteil vom 16. August 1991 – für den Kläger und aufgrund der Beiladung auch für die Beklagte verbindlich – einen dahingehenden Feststellungsantrag des Klägers abgelehnt habe. Zudem hindere die von diesem Urteil ausgehende Tatbestandswirkung den Senat, eine davon abweichende Entscheidung zu treffen. In der Vorfrist habe auch kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bestanden, da mit der Bestätigung der Entlassungsverfügung durch das BVerwG (Beschluß vom 7. Dezember 1987) nachträglich feststehe, daß diese von Anfang an wirksam gewesen sei. Weder die Weiterbeschäftigung nach dem Entlassungszeitpunkt noch die Fortzahlung der Bezüge hätten den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis hinausgeschoben. Offenbleiben könne, ob es auch dann allein auf den rechtlichen Bestand des Dienstverhältnisses ankomme, wenn gleichwohl Dienste erbracht worden seien. Denn im maßgeblichen Zeitraum habe der Kläger keine Dienstgeschäfte mehr verrichtet. Dagegen genüge die Fortzahlung der Bezüge nicht für die Anerkennung einer Gleichstellungszeit. Ein Verstoß gegen eine grundgesetzlich geschützte Eigentumsposition liege nicht vor, da die Alhi – anders als das Alg – nicht dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes (GG) unterfalle. Daß der Kläger nunmehr keinen Anspruch auf Alhi habe, sei eine Folge des von ihm im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung eingegangenen Prozeßrisikos. Hätte sich der Kläger direkt im Anschluß an den Entlassungszeitpunkt oder wenigstens im Anschluß an die Freistellung von Dienstgeschäften arbeitslos gemeldet und unter Verzicht auf die Zahlung von Dienstbezügen Alhi beantragt, hätte er nunmehr einen fortdauernden Anspruch auf Alhi. Eine vom Kläger angenommene „Regelungslücke” im System des Rechts der Alhi sei daher nicht zu erkennen.
Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG. Zur Begründung bringt er vor, das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis sei durch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage gegen die Entlassungsverfügung schwebend wirksam geblieben. Unerheblich sei, ob der Beamte tatsächlich eine Beschäftigung ausgeübt habe. § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b Alternative (Alt) 2 AFG fingiere einen Ersatztatbestand, der in § 134 Abs 2 AFG – wenn auch nicht abschließend – konkretisiert werde. Zu Unrecht habe sich das LSG auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Juli 1993 (SozR 3-4100 § 134 Nr 14) berufen, da in diesem Urteil ausdrücklich davon abgesehen worden sei, zur hier vorliegenden Konstellation Stellung zu nehmen. Anders als bei dem dort entschiedenen Fall seien ihm Suspensivbezüge als Ausfluß seines Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 80 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gezahlt worden. Unerheblich sei insoweit, daß er ab April 1985 nicht mehr tatsächlich beschäftigt gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. April 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 1988 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 14. Januar 1988 Alhi zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert, der Kläger könne sich nicht auf die Weiterzahlung der Bezüge über den Zeitpunkt der Entlassung hinaus berufen, da die Fortzahlung der Bezüge auf der verfahrensrechtlichen Fiktion des einstweiligen Fortbestehens des Beamtenverhältnisses beruhe. Diese Fiktion sei mit der Bestätigung der Entlassung durch das BVerwG rückwirkend beseitigt worden. Auch sei ein allenfalls formal weiterbestehendes Beamtenverhältnis nicht ausreichend, um eine Zeit ohne Dienstleistung einer Beschäftigung gleichzustellen, die der Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen könne.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Dem Kläger steht für die Zeit ab 14. Januar 1988 kein Anspruch auf Alhi zu.
Gemäß § 134 Abs 1 Satz 1 AFG idF des am 1. Januar 1986 in Kraft getretenen Siebten Gesetzes zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) hat Anspruch auf Alhi, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim ArbA arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt hat (Nr 1), keinen Anspruch auf Alg hat, weil er die Anwartschaftszeit (§ 104) nicht erfüllt hat (Nr 2), bedürftig ist (Nr 3) und innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist),
- Alg bezogen hat, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs 3 erloschen ist (Nr 4 Buchst a),
- oder mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können (Nr 4 Buchst b).
Vorliegend kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 3 AFG gegeben sind. Denn der Kläger erfüllt keine der Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG. Er hat innerhalb der maßgebenden Vorfrist weder Alg bezogen noch 150 Kalendertage an Beschäftigungs- bzw gleichgestellten Zeiten aufzuweisen.
Frühestmöglicher Zeitpunkt für die Bestimmung und Berechnung der Vorfrist ist der Tag der tatsächlichen Arbeitslosmeldung; denn erst zu diesem Zeitpunkt können alle Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 3 AFG verwirklicht sein. Der Kläger hat sich am 14. Januar 1988 persönlich beim ArbA arbeitslos gemeldet (§ 105 Satz 1 AFG), so daß die Vorfrist nur den Zeitraum vom 14. Januar 1987 bis 13. Januar 1988 umfassen kann. In dieser Zeit hat der Kläger kein Alg bezogen (Nr 4 Buchst a). Die Suspensivbezüge, die er von seinem früheren Dienstherrn, der Stadt L., bis zum 31. Dezember 1987 erhalten hat, können dem Bezug von Alg nicht gleichgestellt werden; dies widerspräche dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst a AFG (insoweit zu Übergangsgeld: BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 14).
Des weiteren hat der Kläger innerhalb der Vorfrist nicht, wie in § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b Alt 1 AFG gefordert, mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen kann. Hierunter sind Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) zu verstehen, die hinsichtlich des Anspruchs auf Arbeitsentgelt den Anforderungen des § 104 Abs 1 AFG (hier anwendbar idF des am 1. Oktober 1984 in Kraft getretenen Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 15. Oktober 1984 – BGBl I 1277) entsprechen (Gagel, Komm zum AFG, Stand Mai 1993, § 134 Rz 114; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, Komm zum AFG, Stand Juni 1994, § 134 Rz 26). Ob sich dies, wie das LSG betont, bereits aus dem rechtskräftig gewordenen Urteil des LSG vom 16. August 1991 ergibt, ist zweifelhaft. Denn das Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung ist, wie der erkennende Senat entschieden hat, von der Beitragsseite abgekoppelt (BSGE 70, 81, 84 ff = BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; BSG vom 6. Februar 1992 – 7 RAr 36/91 –, unveröffentlicht). Indes kann die Frage hier auf sich beruhen. Denn die tatsächlichen Feststellungen des LSG, gegen die der Kläger keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht hat und die deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), reichen aus, um das Bestehen einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung innerhalb der hier maßgebenden Vorfrist – unabhängig vom Vorliegen einer etwaigen Bindungswirkung – zu verneinen. Zum einen hat der Kläger ab 11. April 1985, dem Tag des Eintritts des Sofortvollzuges der Entlassungsverfügung, nicht mehr in einer Beschäftigung gestanden. Aus der Wahl des Wortes „Beschäftigung” statt „Beschäftigungsverhältnis” in § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b Alt 1 AFG ist abzuleiten, daß dort nur die eigentliche Beschäftigung, also die Leistung von Arbeit, gemeint ist. Das schließt die Einbeziehung von Zeiten aus, in denen das Beschäftigungsverhältnis – wie hier – über einen längeren Zeitraum suspendiert ist (BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 6). Zum anderen hat der Kläger als Folge der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung vom 13. August 1984 (§ 80 Abs 1 Satz 1 VwGO) in der Zeit vom 14. Januar 1987 bis 13. Januar 1988 lediglich sog Suspensivbezüge zugebilligt bekommen. Diese stellen sich, zumal die Stadt L. nach Eintritt der Bestandskraft der Entlassungsverfügung die Erstattung dieser Bezüge verlangt hat, nicht als Arbeitsentgelt dar. Zeiten ohne Arbeitsentgelt dienen jedoch – abgesehen von der Frage der Beitragspflicht – nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 104 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG).
Ferner hat der Kläger innerhalb der Vorfrist nicht eine (sonstige) Zeit zurückgelegt, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen kann. Insbesondere ist der Tatbestand des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b Alt 2 AFG nicht über § 134 Abs 2 Nr 1 AFG verwirklicht. Nach dieser Vorschrift stehen Zeiten eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, ua als Beamter, Zeiten einer beitragspflichtigen Vorbeschäftigung anspruchsbegründend für die Alhi gleich, ohne daß sie anwartschaftsbegründend für einen Anspruch auf Alg sind. Dies können indes ausschließlich Zeiten sein, in denen der Kläger noch Beamter auf Probe war. Der Bezug von Suspensivbezügen vermittelt diesen Status nicht. Denn § 134 Abs 2 Nr 1 AFG setzt ein aktives, seiner Art nach auf die Ableistung von Diensten ausgerichtetes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis voraus (BSG SozR 3-4100 § 134 Nrn 6 und 14). Ein solches hat in der hier fraglichen Zeit (14. Januar 1987 bis 13. Januar 1988) nicht mehr existiert. Spätestens ab 11. April 1985, als dem Kläger die weitere Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten seines bisherigen Arbeitsplatzes untersagt wurden, war ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG nicht mehr gegeben. Ähnlich wie beim beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ist nämlich ausschlaggebend, ob der Dienst im Rahmen der Verfügungsgewalt des Dienstherrn durch den Dienstverpflichteten faktisch noch versehen wird. Beansprucht der Dienstherr seine Dienstgewalt nicht mehr und übt der Beamte seine Tätigkeit nicht mehr aus, besteht – ungeachtet etwaiger Dienstbereitschaft des Dienstverpflichteten – kein Dienstverhältnis mehr iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG (BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 14; Gagel, aaO, § 134 Rzn 138 ff; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, aaO, § 134 Rz 30). So liegt es hier. Spätestens durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung mit Wirkung ab 11. April 1985 hat der Dienstherr des Klägers sein Nichtfesthalten am öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis dokumentiert.
Der Kläger kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, der rechtliche Bestand seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses habe zu einem späteren Zeitpunkt als dem 11. April 1985 geendet. Die Wirksamkeit der Entlassungsverfügung ist vorliegend durch rechtskräftig gewordene Verwaltungsgerichtsentscheidung zum 30. September 1984 bestätigt worden. Damit wurde dem rechtlichen Bestand des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses bereits mehrere Monate vor dem 11. April 1985 der Boden entzogen. Die Weiterbeschäftigung nach dem Entlassungszeitpunkt (1. Oktober 1984) hat den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis – aus beamtenrechtlicher Sicht – nicht hinausgeschoben (BVerwG NJW 1983, 2042).
Die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG zur Frage der Nachversicherung führt zu keinem dem Kläger günstigeren Ergebnis. Danach kommt eine Nachversicherung für solche Zeiten in Betracht, in denen der entlassene Beamte auf Probe während der aufschiebenden Wirkung der gegen die Entlassungsverfügung gerichteten Rechtsbehelfe bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Bestätigung der Entlassungsverfügung einstweilen weiterbeschäftigt wurde. Insoweit durfte die bisherige Gewährleistung beamtenrechtlicher Versorgung für die Dauer der aufschiebenden Wirkung nicht zurückgenommen werden. Hat jedoch die Anordnung der sofortigen Vollziehung die Beschäftigung als solche (und damit die Gewährleistung der beamtenrechtlichen Versorgung) beendet, ist auch der Rechtsgrund für den (vorläufigen) Weiterbeschäftigungsanspruch des entlassenen Beamten entfallen; der Beamte ist zu diesem Zeitpunkt – sozialversicherungsrechtlich gesehen – aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden (BSG SozR 2200 § 1232 Nr 22; BSG Beschlüsse vom 24. Juni 1987 – 1 BH (A) 3/87 – und 14. Februar 1990 – 1 BA 1/89 –, jeweils unveröffentlicht). Auf den vorliegenden Fall bezogen, bedeutet das: Der Kläger war über den 10. April 1985 hinaus keinesfalls mehr als versicherungsfrei zu behandeln.
Schließlich ist der Antrag auf Alg, der – sofern (wie hier) keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, daß nur die ausdrücklich bezeichnete Leistungsart der Alhi beantragt wird – in einem Antrag auf Alhi konkludent enthalten ist (BSGE 49, 114, 116 = BSG SozR 4100 § 100 Nr 5), von der Beklagten zu Recht abgelehnt worden. Der Kläger hat innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist vom 14. Januar 1985 bis 13. Januar 1988 (vgl § 104 Abs 2 und 3 AFG) nicht mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden (§ 104 Abs 1 Satz 1 AFG). Hierfür reichen Zeiten der Nichtdienstleistung und der Zahlung von Suspensivbezügen (11. April 1985 bis 31. Dezember 1987) keinesfalls aus. Dahinstehen kann, ob für die Zeit vom 14. Januar bis 10. April 1985 von einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden kann. Denn dieser Zeitraum beläuft sich auf lediglich etwas mehr als drei Monate.
Das Ergebnis stößt nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken. Einerseits unterliegt der Anspruch auf Alhi, da er nicht aus Beitrags-, sondern aus Steuermitteln finanziert wird (§ 188 Satz 1 AFG), nicht dem Bereich des Eigentumsschutzes nach Art 14 GG (BSGE 59, 227, 233 = BSG SozR 4100 § 134 Nr 29; Schmidt in Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand September 1993, § 134 Rz 10). Andererseits war der Kläger durch nichts gehindert, einen Antrag auf Alhi zu einem früheren Zeitpunkt, sei es zum 11. April 1985, sei es gar zum 1. Oktober 1984, zu stellen. Hätte er von dieser Möglichkeit (ggf unter Verzicht auf die Suspensivbezüge) Gebrauch gemacht, hätte ihm, vorausgesetzt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen, darunter Bedürftigkeit (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG), hätten vorgelegen, ein Anspruch auf Alhi zugestanden. Indem er darauf vertraute, daß der Rechtsstreit – anders als geschehen – zu seinen Gunsten ausgehen werde, hat er die konkret eingetretene Situation selbst zu vertreten. Dieses Risiko kann ihm nun, worauf das LSG mit Recht hinweist, nicht nachträglich abgenommen werden. Jedenfalls kann, anders als der Kläger vorbringt, nicht von einer „Regelungslücke” die Rede sein.
Über die Auswirkungen des Nichtbestehens von sozialrechtlichen Leistungsansprüchen gegen die Beklagte auf den Erstattungsstreit, dem der Kläger sich seitens seines Dienstherrn ausgesetzt sieht, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Er hatte sich deshalb auch nicht mit der in der Literatur aufgeworfenen Frage zu befassen, ob die Rückforderung der Bezüge ggf in Höhe der nicht in Anspruch genommenen Alhi (Sozialhilfe) Einschränkungen unterworfen ist (Gagel, aaO, § 134 Rz 140).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen